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Herbert Kickl sitzt im ORF-Sommergespräch an einem Tisch, trägt Brille und blauen Anzug, spricht mit Moderator Klaus Webhofer.
FPÖ-Chef Herbert Kickl beim ORF-Sommergespräch – angriffslustig wie eh und je, mit Attacken gegen ÖVP, ORF und Regierung.
FPÖ-Chef Herbert Kickl beim ORF-Sommergespräch – angriffslustig wie eh und je, mit Attacken gegen ÖVP, ORF und Regierung.
ORF/Roman Zach-Kiesling

Herbert Kickl im Sommergespräch: "Habe einen Fehler gemacht"

09.09.2025 um 10:40, Stefanie Hermann
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Herbert Kickl hat die Reihe der ORF-Sommergespräche beendet. Der FPÖ-Chef zeigt sich gewohnt angriffig – und lässt mit einem Geständnis aufhorchen.

Inhaltsverzeichnis

Herbert Kickl hat den Schlusspunkt der diesjährigen Sommergespräche gesetzt. Als einziger Parteichef blieb er ohne Rollenwechsel. Bei Moderator Klaus Webhofer hat sich der FPÖ-Frontmann angriffig wie eh und je gezeigt. Neben der ÖVP, mit der die Regierungsverhandlungen scheiterten, kristallisierte sich auch der ORF als erklärtes Feindbild heraus. Schon zu Beginn des Gesprächs lässt Kickl das eher wenig dezent durchblicken.

Mediale Abwesenheit: Wo war Kickl im Sommer?

Über den Sommer war es ruhig um den FPÖ-Chef. Medial glänzte der Kärntner vor allem durch Abwesenheit. Dass es dafür wohl auch persönliche Gründe gab, lässt Kickl im ORF-Gespräch unerwähnt. „Es gibt eine Menge von neuen Kanälen, wo man Kommunikation betreiben kann, ohne dass man jetzt deshalb in jede Fernsehkamera hineinlacht." Es habe sich um eine strategische Entscheidung gehandelt, vergleicht Kickl seinen Rückzug mit einer Band: „Wenn eine Band eine erfolgreiche Tour spielt, dann kommt man zurück, geht ins Studio, produziert ein neues Album und geht wieder auf Tour.“ Andere Parteivertreter hätte er selbst gerne seltener gesehen.

Abrechnung mit der Volkspartei

Generell spart Kickl nicht mit Attacken auf die Regierungsparteien, allen voran auf die ÖVP. Den Christlichsozialen wirft er Postenschacher und Fixierung auf Ämter vor. „Vielleicht habe ich einen Fehler dahingehend gemacht, dass ich der ÖVP nachgegeben habe bei dem Wunsch, bevor wir die Inhalte fertig verhandeln, über die Posten zu reden.“ Dass die Regierung nicht zustande kam, habe mit mangelnder Verantwortung seinerseits nichts zu tun. Kanzler wollte er nicht um jeden Preis werden, „nur damit ich einmal sagen kann, ich war in diesem Land auch einmal Bundeskanzler“.

Schwarz-Weiß-Denken? Kickl kontert

Als Klaus Webhofer anmerkt, Kickl neige dazu, die Welt „in gut und böse“ zu teilen und Grautöne zu übersehen, reagiert der FPÖ-Chef scharf. „Das ist interessant, dass Sie das immer mit mir in Verbindung bringen“, hält er dagegen. Gerade bei Themen wie dem Ukraine-Krieg, der Klimadebatte oder Corona seien es die „Systemparteien und etablierten Medien“, die selbst nur in Schwarz-Weiß-Kategorien denken würden. „Also wo sind denn da die Grautöne?“

Gas aus Russland statt „Kriminalisierung von CO₂“

Vor allem beim Thema Energie wird offensichtlich, was Kickl unter Grauzonen versteht. Weshalb Energie aktuell so teuer ist, habe klare Gründe: „Eine der Hauptursachen … ist diese Kriminalisierung von CO₂.“ Österreich brauche einen Kurswechsel zurück zu billigem Gas, auch aus Russland. Die aktuelle politische Situation und der Krieg in der Ukraine sind für Kickl kein Hindernis. „Wenn ich Gas habe und sowieso eine Abhängigkeit habe, dann ist mir lieber die Abhängigkeit dort, wo ich das Gas billiger bekomme.“ Erneuerbare Energie lehne er nicht per se ab, aber „nicht in halsbrecherischer Geschwindigkeit“. Netzkosten und Strompreise seien die Folgen falscher Politik.

Wirtschaft als „Herz-Kreislauf-System“

Für Kickl ist klar: Die wirtschaftliche Misere und Teuerung hängt untrennbar mit der Energiefrage zusammen. „Es geht unserer Wirtschaft jetzt an den Kragen … die Wirtschaft ist das Herz-Kreislauf-System für unseren Körper. Da hängt alles andere dran.“ Ohne verlässliche und leistbare Energie funktioniere der ganze Organismus der Republik nicht. Als Gegenmittel listete er gleich mehrere Rezepte auf – von einer Senkung der Lohnnebenkosten über langfristige Investitionsfreibeträge bis hin zu einer Entbürokratisierung. Noch schwerer wiege für ihn die „totale Vertrauenskrise“: Konsumenten sparten, Unternehmen investierten nicht, Finanzmärkte zweifelten an der Regierung. Nur wenn dieses Vertrauen zurückkehre, könne sich Österreich wirtschaftlich erholen.

Pensionen ohne Staffelung

Auch beim Thema Pensionen ortet Kickl ein massives Vertrauensproblem. Die geplante Staffelung lehnt er kategorisch ab: „Es sollte 2,7 Prozent für alle geben.“ Alles andere sei ein „fatales Signal“ an jene, die ihr Leben lang gearbeitet hätten. Wer Leistungsträger benachteilige, schwäche die Motivation, mehr zu arbeiten und in die Sozialkassen einzuzahlen. Bei den Gehältern im öffentlichen Dienst fordert Kickl hingegen klare Differenzierungen: Spitzenbeamte und Politiker müssten eine Nulllohnrunde hinnehmen. „Aber nicht bei unseren Polizisten“, betont er. Diese würden ohnehin von Überstunden leben und dabei täglich „den Kopf hinhalten für die Versäumnisse dieser Asyl- und Migrationspolitik“.

Milliarden durch Kürzungen

Beim Sparen will Kickl vor allem international ansetzen. Zahlungen an die Ukraine, das Rüstungsprojekt Sky Shield oder EU-Beiträge will er massiv zusammenstreichen. Auch bei der Entwicklungszusammenarbeit sieht er enormes Potenzial. Dazu komme ein weiterer Hebel im Inland: die Förderungen. Diese seien während der Corona-Jahre „regelrecht explodiert“. „Alleine wenn wir … auf das Vor-Corona-Niveau zurückgehen, dann können wir uns fünf bis sechs Milliarden Euro einsparen.“ Damit, so Kickl, sei die Finanzierung seiner Entlastungspläne gesichert – während die Regierung lieber den Pensionisten „in die Tasche greift“.

Trump kein Vorbild, aber Inspiration

Zu einem kurzen Eklat kommt es, als Webhofer zum Thema USA umschwenkt. „Sie sind ein Fan von Donald Trump, das haben Sie schon öfter gesagt ...“, will Webhofer den Themenkomplex einläuten. Der FPÖ-Chef reagiert gereizt. „Das würde mich jetzt bitte interessieren, wo ich das gesagt hab“, fährt Kickl dazwischen. „Ich weiß nicht, was das mit seriösem Journalismus zu tun haben soll, wenn Sie da jetzt so herumpauschalisieren.“

Fan von Trump sei er nicht, betont Kickl. Dennoch gebe es vieles, was er an dessen Politik positiv sehe. „Wenn es um den Kampf gegen den politischen Islam geht, das ist etwas ganz Wichtiges. Wenn es um die konsequente Abschiebung von Illegalen geht, das ist was ganz Wichtiges. Wenn es um die Zurückdrängung dieses ganzen woken Regenbogen-Irrsinns geht, der die Gesellschaft von innen zersetzt, das ist etwas Wichtiges.“ Auch Trumps Bemühungen um Frieden im Russland-Ukraine-Konflikt würdigt er. Auch für Österreich wünsche er sich, dass endlich wieder Politik „im Interesse des eigenen Landes“ gemacht werde.

Migration als Dauerbrenner

Kurz vor Schluss bringt Kickl von sich aus das Thema Migration auf den Tisch, mit einem direkten Vorwurf an den ORF. Der "Grenzsturm" sei jetzt fast auf den Tag zehn Jahre her. „Ich weiß nicht, ob wir über den noch reden wollen", so Kickl. "Wundert mich, dass das bis jetzt noch nicht vorgekommen ist – oder wundert mich eigentlich nicht“, stichelt er. "Die Wunde, die dort geschlagen wurde in den österreichischen Volkskörper, die klafft bis heute.“

Kein Landeshauptmann in Kärnten

Seine Zukunft sieht Kickl weiterhin in Wien. Eine Spitzenkandidatur in Kärnten 2028 schließt er dezidiert aus. „Ich habe ein Versprechen gegeben, diesem Land gute Jahre zu bringen. Und zu diesem Wort stehe ich.“

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