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Beklebtes Wahlplakat von BP Alexander van der Bellen
Materialschlacht: Plakate von Van der Bellen waren ein beliebtes Ziel im Wahlkampf.
Materialschlacht: Plakate von Van der Bellen waren ein beliebtes Ziel im Wahlkampf.
Weingartner-Foto / picturedesk.com

Brutaler Fight um die Hofburg: Best of Wahlkampf

05.10.2022 um 07:34, Stefanie Hermann
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Skurrile Wahlkampfgeschenke, Millionärsspenden, Drogenbeichten und Seitenhiebe unter der Gürtellinie: So brutal ist der finale Kampf um die Hofburg.

Das Rennen um die Hofburg geht ins Finale. Es war ein ungewöhnlicher Wahlkampf, den sich die sieben Kandidaten geliefert haben. Während der Amtsinhaber jegliche Kontaktmöglichkeit mit seinen Kontrahänten mied, stiegen diese mit umso feurigeren Eifer in den Ring. Eine Zusammenfassung.

Schlagende Argumente und knallharte Aussagen

So manche Aussage wird noch länger im Gedächtnis bleiben. Wer hat schon einmal einen Joint geraucht? Wer vermutet eine CIA-Verschwörung hinter #MeToo? Und wer sagt zur Jugend "Zähne zusammenbeißen"? Wer findet seine Kontrahänten blauäuig? Wer fühlt sich "blamiert und verzwergt"?  Und wer macht mit weinseligen Mitsing-Videos auf sich aufmerksam? Eines ist gewiss: Um kontroverse Kalauer waren die Kandidaten im Kampf um Wähler- und Medienaufmerksamkeit nicht verlegen.

Auflösung:
Wlazny gab im Interview bei Armin Wolf zu, schon einmal (oder zweimal ...) gekifft zu haben. Schuhproduzent Staudinger wittert die CIA hinter einer weltumspannenden Kampagne zur Political Correctness. Van der Bellen rät der Jugend in schweren Zeiten, die Zähne zusammenzubeißen. Seine Kontrahänten naiv und wenig vertrauenswürdig befindet Brunner. Wallentin wettert gegen die Verzwergung Österreichs auf der internationalen Bühne. Und Grosz lieferte auf Facebook die eine oder ander zweifelhafte Gesangseinlage.

>>> Drogenbeichte im TV

>>> Zipfl eini, Zipfl aussi: Grosz in Altaussee

Schattenboxen im Battle um die Hofburg

Bei einem waren sich alle Herausforderer einig: Der große gemeinsame Feind hieß und heißt Van der Bellen. Dass er sich nicht mit ihnen in den Ring begibt, stößt allen Kandidaten sauer auf. Grosz nennt ihn dafür direkt "feig". Ein einziges Mal wird VdB himself in die Arena steigen. Am 6. Oktober diskutieren alle sieben in der großen ORF-Sondersendung. Allerdings hinter- statt miteiander. Bis dahin blieb keine Gelegenheit ungenützt, ihm aus der Ferne Unfreundlichkeiten auszurichten. Als Teil des Establishments stünde er einem dringend benötigtem Neustart im Weg. Wallentin attestiert Amtsmüdigkeit, Brunner sieht in ihm einen Vertreter des "Corona-Regimes".

>>> VdB-Bashing: Alle gegen einen

Comic:  Bundespräsident van der Bellen als Hase, gejagt von den 6 anderen Präsidentschafts-Kandidaten
Die Herausforderer haben einen gemeinsamen Gegner.

Low-Budget Wahlkampf

Der Background der Kandidaten spiegelte sich auch im Budget wieder. Während Van der Bellen auf großzügige Unterstützung seiner ehemaligen Heimatpartei, den Grünen und Walter Rosenkranz auf jene der FPÖ bauen durfte, standen die anderen Kandidaten finanziell auf wackeligen Beinen. Erfrischendes Ergebnis: Die sonst übliche Materialschlacht blieb diesmal weitgehend aus. Bierpartei-Chef Dominik Wlazny reduzierte seinen Wahlkampf mit zwei Mini-Plakatwellen auf das Nötigste. Reichweiten-King Gerald Grosz beschränkte seine Publicity-Maßnahmen voll und ganz auf Social Media. Tassilo Wallentin konnte sich zwar über ein finanzielles Fundament von Frank Stronach freuen. Nach eigenen Angaben erschöpfte sich dies jedoch bereits in der Antrittsgebühr sowie einem - immerhin Schlagzeilen machenden - Krone Inserat. Das sollte aber nicht die einzige medienwirksame Aktion bleiben.

Wahlgeschenke: Kampf unterschiedlicher Waffen

"I bin a Heini"

Statt Kugelschreibern und Pickerl verschenkte Wallentin publikumswirksam Heizholz als Zeichen gegen Energie- und Teuerungskrise. Dafür gab es keine weiteren Wahlkampfzuckerl. Goodies und Give-Aways gab auch Grosz nicht aus. Schuhproduzent Heinrich "Heini" Staudinger investierte in Sticker und T-Shirts mit dem zweifelhaften Slogan "I bin a Heini". VdBs Team verteilte neben den üblichen Kulis, Stickern und Co "Van der Bellen Dudler".  Eine flüssige Überraschung lieferte auch Wlazny. Der Bierpartei-Gründer und Turbo Bier-Frontman gab seinen Anhängern aller Erwartung entgegen, stilles Wasser statt hopfenhaltiger Getränke aus.

Tassilo Wallentin vor einem Stapel mit braunen Paketen. Er greift nach einem. Im Hintergrund warten Menschen.
Wallentin hat im Wahlkampf Heizholz verschenkt.

Sparring für die kommende Wahlen

Wie ernst nehmen die Kandidaten ihr Antreten? In vier von sieben Fällen liegt die Vermutung nahe, dass die Präsidentschaftswahl als Trockentraining für die nächste Nationalratswahl herhalten muss. Wlazny stand mit seiner Bierpartei bereits 2020 am Stimmzettel. Die MFG wird - so ihr nicht die letzten Mitglieder davonlaufen - unter Garantie antreten. Und Grosz und Wallentin? Beiden scheint es auf der politischen Bühne zu gefallen. Letztlich wird wohl das Ausmaß an Zuspruch beim Urnengang ausschlaggebend sein.

Die Kandidaten vor der Sendung mit Moderatorin Claudia Reiter.
"Im Zentrum" sind Van der Bellens Herausforderer das erste Mal aufeinander getroffen.

Endspurt und Schlusspfiff

Bereits am kommenden Sonntag werden wir es wissen: Am 9. Oktober entscheiden die Wähler und Wählerinnen das Match um die Hofburg an der Urne. Im Endspurt versuchen die Kandidaten auf ihren Schlusskundgebungen noch letzte Meter zu machen. Gerald Grosz hält in Wien eine Pressekonferenz, Tassilo Wallentin signiert sein aktuelles Buch im Wiener Einkaufszentrum Riverside. Staudinger lädt ab 17:30 Uhr zur großen Wahlkampfsause nach Schrems. Der Unternehmer, der seinen Wahlkampf aus Spenden finanziert hat, kündigt an, sein Rest-Budget an diesem Tag an Bedürftige zu verschenken. FPÖ-Kandidat Rosenkranz beschließt seinen Wahlkampf ganz im Stil der guten blauen Tradition am Viktor-Adler-Markt. Wie Amtsinhaber Van der Bellen und MFG-Chef Brunner ihr Wahlkampffinale feiern, ist aktuell noch nicht bekannt.

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