Direkt zum Inhalt
Landesgericht und Staatsawaltschaft Graz
Ein Ex-Lehrer erschlich sich über Fake-Profile intime Bilder von Schülern.
Ein Ex-Lehrer erschlich sich über Fake-Profile intime Bilder von Schülern.
Weingartner-Foto / picturedesk.com

"Geminderte Zurechnungsfähigkeit": Prozess um Schüler-Nacktfotos

07.02.2025 um 14:20, Jovana Borojevic & APA, Red
min read
Ein Lehrer nutzte Social Media, um Nacktbilder von Schülern zu erhalten. Experten attestieren dem Angeklagten eine schwere Störung.

Prozess gegen Ex-Lehrer

Der Prozess im Grazer Straflandesgericht gegen einen ehemaligen Lehrer, der sich über gefälschte Social Media-Profile Nacktfotos von mehr als einem Dutzend seiner Schüler hat schicken lassen, ist am Freitag fortgesetzt worden. Der Mann hatte an den bisherigen Verhandlungstagen einige der Vorwürfe gestanden. Er stritt aber ab, dass er Jugendliche auch angefasst hat. Außerdem sollen die Opfer alle über 14 Jahre alt gewesen sein. Ein Urteil wird am Nachmittag erwartet.

Falsche Identität

Der Mann hatte sich laut Staatsanwalt Hansjörg Bacher das Vertrauen auf "perfide und widerliche Weise" erschlichen, indem er sich unter anderem über Jahre auf Social Media als Mädchen ausgegeben und so das Material der Burschen zugeschickt bekommen hat. Neben dem Vorwurf, dass der Lehrer sich die Aufnahmen mit sexuellen Inhalten von Minderjährigen erschlichen hat, geht es unter anderem auch um den Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses, teils versuchte Nötigung, Erpressung, Täuschung, Verleumdung, Unterdrückung eines Beweismittels und falsche Beweisaussage.

Über 6.000 Fotos und Videos

Nach zwei Verhandlungstagen wurden am Freitag ein technischer und ein psychiatrischer Sachverständiger gehört. Der Techniker schilderte Details aus seinem Gutachten. Demnach wurden beim Beschuldigten 30 Datenträger sichergestellt. Auf diesen wurden mehr als 6.000 Fotos oder Videos, großteils von Burschen, gefunden, die sexuelle Handlungen oder intime Aufnahmen zeigten. Bei einigen dieser Bilder meinte der Sachverständige, dass die Opfer noch nicht 14 Jahre alt waren. Das lasse sich anhand von Zeitstempeln erkennen. Die Argumentation des Pädagogen, dass er die Systemzeit am Handy immer verstellt habe und die Buben daher sehr wohl schon mündig gewesen seien, könne wegen anderer Fotos aus dem gleichen Zeitraum nicht stimmen, so der Sachverständige.

Psychiatrisches Gutachten

Der psychiatrische Sachverständige indessen sprach von einer schweren Präferenzstörung des Angeklagten und attestierte ihm Pädophilie. Aufgrund des umfassend ausgeformten Systems und der Verschleierung, die der Beschuldigte über Jahre hinweg angewendet hat, sei die Erkrankung "weit entfernt vom reinen Downloaden" von Fotos und Videos von sexuellen Darstellungen Minderjähriger. Der Angeklagte habe zwar zum Tatzeitpunkt eine geminderte Zurechnungsfähigkeit aufgewiesen, diese sei aber nicht aufgehoben gewesen. Der Gutachter empfahl eine Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum. "Ich erkenne zwar eine Veränderungsbereitschaft, aber er braucht eine Therapie", so der Experte, ansonsten würden neuerliche Vergehen mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen.

Angeklagter "geht über Leichen"

Staatsanwalt Bacher sah nach dem Abschluss sämtlicher Befragungen seine in der Anklage erhobenen Vorwürfe bestätigt. Auf einen Schüler habe es der Beschuldigte besonders abgesehen gehabt: "Er wollte den Jugendlichen nur für sich haben. Er hat ihn zerstört. Er hatte die Kontrolle über sein Leben." Die Angaben des Burschen, speziell auch jene zum direkten körperlichen sexuellen Missbrauch, seien glaubwürdig gewesen, so der Ankläger. "Früher war er vielleicht der Teddybär, der (die Schüler, Anm.) gekitzelt und mit ihnen gekuschelt hat", meinte Bacher. Der Angeklagte entspreche wohl nicht dem Bild einer "Bestie", die man sich vielleicht bei den Vorwürfen vorstelle, "aber er geht über Leichen und wenn es um seine Triebe geht, kennt er keine Grenzen und das macht ihn gefährlich".

Verteidigung fordert Milde

Der Verteidiger des ehemaligen Lehrers hingegen meinte, dass die sogenannten Hands-on-Delikte vom Schüler nur erfunden worden seien, als Rache für das missbrauchte Vertrauensverhältnis. Sein Mandant wolle "reinen Tisch machen" und habe bereits an die 90 Therapiestunden hinter sich sowie Schadenersatzforderungen bezahlt. Der Jurist bat darum, von einer Einweisung abzusehen.

Ehemaliger Lehrer entschuldigte sich

Der Angeklagte entschuldigte sich in seinen letzten Worten vor der Beratung der Schöffen für seine Taten: "Ich weiß, dass Worte das niemals gut machen, was ich getan habe." Er bedauere, dass er jahrelang alles für die Schule getan und dann einen "Scherbenhaufen" zurückgelassen habe.

Anschließend zogen sich die Richterinnen und die Schöffen zur Beratung zurück. Ein Urteil wird am frühen Nachmittag erwartet.

more