Sozialministerium: Österreich klagt Shopping-Gigant Temu!
- Vorwürfe: Dark Patterns und Datenfallen
- Politik fordert klare Regeln
- Experten zweifeln an Wirkung
- Handel fordert stärkeren EU-Vollzug
- Marktstellung im Onlinehandel
- Nicht die erste Klage
Das Sozialministerium hat über den Verein für Konsumenteninformation (VKI) eine Verbandsklage gegen den chinesischen Onlinehändler Temu beim Handelsgericht Wien eingebracht. Grundlage sind das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb und der EU Digital Services Act.
Vorwürfe: Dark Patterns und Datenfallen
„Es gehe unter anderem um Verstöße gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) und gegen den EU Digital Services Act (DSA)", erklärt VKI-Chefjuristin Petra Leupold. Konkret gehe es um Glücksräder, fingierte Glücksspiele und Zeitdruckmechanismen. „Dazu kämen Rabatte, die nach einem Blick ins Kleingedruckte keine sind“, so Leupold. Besonders kritisch sei die Benutzerführung. Für ein Konto bei Temu seien nicht mehr als drei Klicks nötig. Um es zu löschen, brauche es sieben Schritte und eine Wartefrist von einer Woche.
Politik fordert klare Regeln
„Wer trickst, verliert – das gilt auch für internationale Online-Ramschläden wie Temu“, betont SPÖ-Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig. Wer in Europa Geschäfte mache, müsse sich an europäische Spielregeln halten. "Auch große Plattformen stehen nicht über dem Gesetz."
Experten zweifeln an Wirkung
Wifo-Ökonom Michael Böheim sieht die Möglichkeiten Österreichs jedoch begrenzt. Er vergleicht die Klage mit „Nadelstichen eines Akupunkteurs bei einem Elefanten“. Strenge Maßnahmen seien nur über Importkontrollen möglich, da Plattformen wie Temu versuchen würden, Mehrwertsteuer und Zoll zu umgehen. „Europäische Händler müssten den Plattformen ferner mit eigenen Geschäftsmodellen Paroli bieten – das Kaufhaus Österreich war keines“, so Böheim.
Handel fordert stärkeren EU-Vollzug
Auch der Handelsverband unterstützt das Vorgehen, sieht aber tieferliegende Probleme. Geschäftsführer Rainer Will spricht von einem „wichtigen Signal“, kritisiert jedoch den mangelnden Vollzug von EU-Regularien: „Obwohl große Plattformen wie Temu und Shein nach ihrer Benennung als ‚Very Large Online Platforms‘ gemäß Digital Services Act der Aufsicht der EU-Kommission unterliegen, umgehen sie vielfach EU-Vorgaben – meist ohne Konsequenz.“
Mit einem Bruttowarenwert von mehr als 340 Millionen Euro ist Temu bereits der viertgrößte E-Commerce-Marktplatz in Österreich. Marktführer bleibt Amazon mit 1,2 Milliarden Euro Eigenumsatz und insgesamt 4,3 Milliarden Euro inklusive Marketplace-Verkäufen. Zalando folgt auf Rang zwei mit 607 Millionen Euro Umsatz, ebay auf Platz drei mit 513 Millionen Euro Umsatz.
Nicht die erste Klage
Bereits im Frühjahr hatte der VKI Temu wegen Verstößen gegen den Digital Services Act und mangelnder Transparenz verklagt. In Abmahnverfahren wurden zudem Unterlassungserklärungen durchgesetzt, etwa bei unzulässigen Zollklauseln.
Quellen
- VKI – Verein für Konsumenteninformation: vki.at
- Handelsverband: handelsverband.at
- Europäische Kommission – Digital Services Act: commission.europa.eu