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Finanzminister Marterbauer im grauen Anzug und roter Krawatte blickt nachdenklich nach unten, während er sich an den Kopf fasst – Symbolbild zur Budgetkrise in Österreich.
Finanzminister Marterbauer (SPÖ) hat mit dem wachsenden Defizit in den Ländern zu kämpfen.
Finanzminister Marterbauer (SPÖ) hat mit dem wachsenden Defizit in den Ländern zu kämpfen.
HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com

Defizit-Schock: Wien reißt Loch ins Budget

10.11.2025 um 18:31, Stefanie Hermann
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Das Staatsdefizit dürfte 4,9 statt der ursprünglich prognostizierten 4,5 Prozent betragen. Schuld sind vor allem die schlechten Zahlen aus den Bundesländern.

Das österreichische Budgetdefizit fällt erneut deutlich höher aus als bisher angenommen. Statt der geplanten 4,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts könnte das Minus heuer sogar rund 4,9 Prozent betragen. Das wurde heute aufgrund neu durchgesickerter Budgetzahlen aus den Bundesländern bekannt. Die Schulden wären damit um rund zwei Milliarden Euro höher als noch vor wenigen Wochen prognostiziert wurde.

Wien im Fokus der Kritik

Während der Bund dank strengerer Sparpolitik leicht besser abschneidet als erwartet, würden die Bundesländer das Gesamtergebnis damit massiv verschlechtern. Einen Löwenanteil daran hat die Bundeshauptstadt, die das mit Abstand größte Sorgenkind im Budgetgefüge ist.

Wien schreibt heuer ein Minus von 3,2 Milliarden Euro. Bei einem Jahresbudget von 23 Milliarden Euro entspricht das rund 14 Prozent Defizitanteil. Damit verantwortet die Stadt allein 63 Prozent der gesamten Schulden aller Bundesländer. Noch 2024 hatte das Minus 1,7 Milliarden Euro betragen, innerhalb eines Jahres hätte sich das Finanzloch nahezu verdoppelt.

Die Wiener Stadtregierung weist die Kritik entschieden zurück. Finanzstadträtin Barbara Novak (SPÖ) betont, man habe „das Minus von 3,8 auf 3,2 Milliarden gedrückt“ und die Zahlen stets transparent kommuniziert. Dennoch belastet Wien das gesamtstaatliche Ergebnis massiv. Die rot-pinke Stadtregierung argumentiert, Wien sei Land und Gemeinde zugleich, weshalb auch kommunale Investitionen automatisch in die Länderbilanz einfließen. Andere Länder sähen lediglich besser aus, weil dort die Gemeindeschulden separat bilanziert würden.

Andere Länder ebenfalls im Minus

Auch in den übrigen Bundesländern zeigt sich ein gemischtes, aber insgesamt negatives Bild. Niederösterreich und Steiermark verzeichnen laut internen Berechnungen jeweils rund 400 Millionen Euro höhere Defizite als im Vorjahr. Die Steiermark liegt damit bei einem Minus von knapp einer Milliarde Euro, Niederösterreich bei etwa 1,3 Milliarden.

Im Gegensatz dazu können Tirol und das Burgenland kleine Erfolge verbuchen: Beide Länder verbessern ihre Budgets leicht, Tirol reduziert sein Defizit um rund 120 Millionen Euro, das Burgenland um etwa 80 Millionen. Oberösterreich und Salzburg bleiben nahezu stabil, mit Fehlbeträgen um die 0,6 bis 0,8 Milliarden Euro. Zusammengerechnet häufen die Länder – Wien eingeschlossen – damit heuer ein Minus von über fünf Milliarden Euro an, was den größten Länder-Abgang seit dem Jahr 2016 bedeutet.

Bund hält Defizit stabil

Von Seiten der Regierung gibt es heute keine Bestätigung für die durchgesickerten Zahlen. Die Länder hätten neue Informationen zum Budget geliefert, diese würden jetzt auf Regierungsebene geprüft, heißt es aus dem Büro des Finanzministers.

Der Bund sei mit dem beschlossenen Konsolidierungsbudget 2025/26 bereits vorangegangen, betont Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ). „Die Sanierung des Staatshaushaltes ist und bleibt eine gesamtstaatliche Aufgabe“, so das Ministerium.

EU-Druck wächst

Die neuen Daten kommen zur Unzeit. Die EU erlaubt maximal drei Prozent Defizit, Österreich liegt mit 4,9 Prozent deutlich darüber. Bereits im Sommer leitete Brüssel ein Defizitverfahren ein. Das Finanzministerium plant, den Stabilitätspakt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden noch heuer abzuschließen. Der Pakt legt fest, wie stark sich einzelne Gebietskörperschaften verschulden dürfen. Aktuell stocken die Verhandlungen, zuletzt sagten die Länder kurzfristig ab.

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