Wertsicherungsklausel: Wende bei Mietverträgen
Inhaltsverzeichnis
- VfGH: Wertsicherungsklausel unzulässig
- Immobilienbranche reichte Beschwerde ein
- AK warnte vor Erwartungshaltung
- OGH: Wertsicherung in Langzeitverträgen zulässig
- Offene Fragen und rechtlicher Klärungsbedarf bleiben
Seit Juni 2025 sorgt ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) für breite öffentliche Diskussionen: Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen können unter bestimmten Voraussetzungen unzulässig sein. Betroffen sind Vertragsklauseln, die es erlauben, Mieten bereits innerhalb von zwei Monaten nach Vertragsabschluss automatisch an die Inflation anzupassen, ohne dass diese Klauseln individuell ausgehandelt wurden. Viele Mieterinnen und Mieter sahen darin eine Chance auf Rückzahlung überhöhter Mieten.
Der Oberste Gerichtshof hat die Sache nun juristisch neu bewertet und widerspricht dem VfGH: Die Wertsicherungsklausel könnte nun doch gültig sein.
VfGH: Wertsicherungsklausel unzulässig
Die Entscheidung des VfGH stützt sich auf § 6 Abs. 2 Z 4 des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG). Dieser untersagt Vertragsbedingungen, die dem Verbraucher unangemessene Nachteile bringen, insbesondere wenn sie ohne individuelle Vereinbarung Gültigkeit erlangen. Der VfGH hielt Anfang Juni fest, dass eine Wertsicherungsklausel, die innerhalb der ersten zwei Monate nach Vertragsbeginn wirksam wird, dann unzulässig ist, wenn sie nicht einzeln ausverhandelt wurde. Das Urteil hat damit die Rechtsposition von Mietern gegenüber gewerblichen Vermietern deutlich gestärkt. Ein Eingriff in das Eigentumsrecht der Vermieter sei zulässig, wenn dadurch der Verbraucherschutz gestärkt werde, so die Begründung der Verfassungsrichter.
Immobilienbranche reichte Beschwerde ein
Zwei große Immobilienunternehmen, deren Verträge entsprechende Klauseln enthielten, legten daraufhin Beschwerde beim VfGH ein. Diese wurde jedoch abgelehnt. Insbesondere bei gewerblichen Vermietern sei ein höheres Maß an Schutz zugunsten der Mieter gerechtfertigt.
In der Immobilienbranche wurde das mit entsprechender Sorge aufgenommen. Große Unklarheit herrscht, welche Vertragsmodelle künftig noch zulässig sind. Vor allem die Unsicherheit bezüglich möglicher Rückforderungsansprüche hat den Markt gehörig in Unruhe versetzt.
AK warnte vor Erwartungshaltung
Die Arbeiterkammer (AK) reagierte auf die öffentliche Debatte verhalten. Es handle sich nicht um ein pauschales Verbot von Wertsicherungsklauseln, so die mehrfache Warnung vor überzogenen Erwartungen. Ob eine Rückzahlung rechtlich durchsetzbar sei, müsse stets konkret im Einzelfall geprüft werden.
OGH: Wertsicherung in Langzeitverträgen zulässig
Mit seiner Entscheidung vom 30. Juli 2025 hat der OGH nun eine neue Bewertung vorgenommen. Eine Mieterin hatte geklagt und sich auf das VfGH-Urteil gestützt. Sie forderte die Rückzahlung von Mieten, weil eine Wertsicherungsklausel in ihrem Vertrag keine individuelle Vereinbarung vorsah. Der OGH sieht dies anders. § 6 Abs. 2 Z 4 KSchG gelte nur für Leistungen, die innerhalb der ersten zwei Monate erbracht werden. Langfristige Mietverhältnisse – sogenannte Dauerschuldverhältnisse – seien davon ausgenommen. Der OGH widerspricht der Interpretation des VfGH damit in wesentlichen Punkten. Wertsicherungsklauseln in langfristigen Mietverträgen bleiben zulässig, wenn sie nicht frühzeitig greifen und transparent formuliert sind.
Offene Fragen und rechtlicher Klärungsbedarf bleiben
Trotz der nun erfolgten Klarstellung durch den OGH bleibt die rechtliche Unsicherheit bestehen. Unklar ist insbesondere, welche Verjährungsfrist für mögliche Rückforderungen gilt. Auch die Ausgestaltung bestehender Klauseln wird weiterhin von Gerichten überprüft werden müssen.
Von Seiten der Regierung wurde angekündigt, bis Herbst 2025 eine gesetzliche Nachbesserung vorzulegen. Diese soll sowohl Klarheit für Mieter als auch Planbarkeit für Vermieter schaffen. Bis dahin bleibt die Situation für viele Vertragsparteien unübersichtlich.