Sonnensturm: ESA warnt vor Mega-Blackout in Europa
- So zerstörerisch sind Sonnenstürme
- ESA simuliert Super-Sonnensturm
- Verheerende Schäden
- Drei Wellen: Wie der Sonnensturm die Erde trifft
- Was das für die Erde bedeutet
- Europa rüstet sich: ESA plant Frühwarnsystem
Die Erde hat bislang Glück gehabt. In der Moderne wurde sie von keinem wirklich zerstörerischen Sonnensturm getroffen – bislang. Forscher warnen: Die Frage ist nicht, ob wir getroffen werden, sondern lediglich wann. Im Schnitt treten Superstürme etwa alle hundert bis hundertfünfzig Jahre auf. Das nächste Ereignis ist damit längst überfällig.
Um vorbereitet zu sein, hat die Europäische Weltraumorganisation ESA den Ernstfall in einer Simulation durchgespielt. Das Ergebnis ist alarmierend: Schon wenige Stunden nach einem solaren Ausbruch würde die Erde im Chaos versinken.
So zerstörerisch sind Sonnenstürme
Unsere Sonne ist derzeit so aktiv wie seit Jahren nicht mehr. Immer wieder schleudert sie gewaltige Mengen heißen Plasmas in sogenannten koronalen Massenauswürfen ins All. Treffen diese auf die Erde, können sie die Magnetfelder stören, Stromnetze überlasten und Satelliten beschädigen. Die Folge: Blackouts, Kommunikationsausfälle und Navigationsfehler. Polarlichter, die sonst nur in Skandinavien zu sehen sind, könnten bis weit nach Südeuropa reichen.
Polarlichter über Österreich
ESA simuliert Super-Sonnensturm
Um zu verstehen, was im schlimmsten Fall passieren könnte, hat die ESA im Oktober in ihrem Kontrollzentrum in Darmstadt eine groß angelegte Simulation gestartet. Der Test diente der Vorbereitung auf den Start des Erdbeobachtungssatelliten Sentinel-1D im Rahmen des Safe Space Programms.
Als Vorlage für die Simulation haben die Weltraumexperten das historische Carrington-Ereignis von 1859 herangezogen. Damals traf der stärkste je gemessene Sonnensturm auf die Erde. Auch wenn der Technologisierungsgrad in keinster Weise mit dem heutigen vergleichbar war, waren die Auswirkungen dennoch deutlich spürbar. Weltweit brachen Telegrafennetze zusammen, über Rom und Hawaii leuchteten Polarlichter.
Verheerende Schäden
Würde ein Sonnensturm ähnlichen Ausmaßes die Erde heute treffen, wären die Folgen katastrophal. Und es gibt kaum eine Möglichkeit, Folgen abzuwenden. „Sollte ein solches Ereignis eintreten, gibt es keine guten Lösungen. Das Ziel wäre es, den Satelliten zu schützen und den Schaden so gering wie möglich zu halten“, erklärt ESA-Manager Thomas Ormston.
Drei Wellen: Wie der Sonnensturm die Erde trifft
Wenn es zu einer Super-Eruption kommt, würden die Folgen die Erde in drei Wellen treffen. Welle eins erreicht die Erde nur acht Minuten nach dem Ausbruch. Die massive elektromagnetische Stoßwelle würde zunächst GPS-, Galileo- und Kommunikationssysteme stören. Welle zwei folgt zehn bis zwanzig Minuten später. Hochenergetische Teilchen treffen auf Satelliten, zerstören empfindliche Elektronik und verursachen Totalausfälle.
Welle drei – der eigentliche Schock – trifft nach etwa 15 Stunden auf die Erde. Eine gewaltige Plasmawolke prallt auf das Magnetfeld der Erde. „In den nächsten 10 bis 18 Stunden würde eine koronale Massenauswurfwelle eintreffen, auf die sich das Team vorbereiten musste“, schildert Simulationsleiter Gustavo Baldo. Diese Phase löst geomagnetische Stürme aus, die Stromleitungen überlasten und Pipelines beschädigen können.
Was das für die Erde bedeutet
Das Ergebnis der ESA-Übung zeichnet ein verheerendes Bild. Navigationssysteme würden komplett lahmgelegt, Stromnetze ausfallen und Satelliten aus ihren Umlaufbahnen gedrängt werden. „Ein Ereignis dieser Größenordnung würde die Qualität der Kollisionsdaten erheblich beeinträchtigen“, warnt ESA-Experte Jan Siminski. Laut Jorge Amaya, Koordinator für Weltraumwetter, könnte der Luftwiderstand für Satelliten um bis zu 400 Prozent steigen. „Der immense Energiestrom, der von der Sonne ausgestoßen wird, kann alle unsere Satelliten im Orbit beschädigen“, sagt er. Auf der Erde wären Polarlichter bis Sizilien sichtbar, während ganze Regionen im Dunkeln lägen.
Was ein Blackout für jeden einzelnen bedeutet
Europa rüstet sich: ESA plant Frühwarnsystem
Die ESA will verhindern, dass ein solcher Sturm zur Katastrophe wird. Das Weltraumsicherheitszentrum in Darmstadt spielt bei der Vorbereitung eine Schlüsselrolle. Ab 2031 soll die neue ESA-Mission „Vigil“ die Sonne von der Seite aus beobachten, um gefährliche Eruptionen frühzeitig zu erkennen. Jorge Amaya zieht den Vergleich zu einer Pandemie: „Wir werden die tatsächlichen Auswirkungen erst nach dem Ereignis spüren, aber wir müssen bereit sein und Pläne haben, um sofort reagieren zu können.“ Auch Gustavo Baldo betont: „Es geht nicht darum, ob dies passiert – sondern wann.“