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Karl-Heinz Grasser in Anzug und Krawatte geht eine monumentale Steintreppe hinunter, im Hintergrund mehrere uniformierte Personen – ernster Gesichtsausdruck.
Ex-Finanzminister Grasser könnte bald durch eine Fußfessel in den elektronisch überwachten Hausarrest wechseln.
Ex-Finanzminister Grasser könnte bald durch eine Fußfessel in den elektronisch überwachten Hausarrest wechseln.
HANS KLAUS TECHT / APA / picturedesk.com

Grasser: Fußfessel statt Knast?

19.05.2025 um 08:53, Stefanie Hermann
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Der Fußfessel-Vollzug wird ausgeweitet: Ex-Finanzminister Grasser könnte bereits wenige Monate nach Haftantritt wieder in seiner Wohnung leben.

Nach 16 Jahren Verfahrensdauer steht fest: Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser muss in Haft. Ende März hat der Oberste Gerichtshof den Schuldspruch gegen ihn in der Buwog-Causa bestätigt. Die ursprünglich verhängte Haftstrafe von acht Jahren wurde zwar auf vier Jahre reduziert, dennoch muss der einstige Polit-Star nun tatsächlich hinter Gitter – und zwar bis spätestens Ende Mai in der Justizanstalt Innsbruck. Dort herrscht bereits Platznot, Zusatzbetten werden in Viererzellen gestellt, wie der Falter unlängst berichtet hat.

Vier Jahre Haft: Wie viel sitzt er wirklich?

Obwohl das Urteil rechtskräftig ist, steht längst nicht fest, dass Grasser die gesamten vier Jahre im Gefängnis verbringen muss. Nach geltendem Recht kann er nach zwei Jahren auf eine bedingte Entlassung hoffen. Die Möglichkeit zur vorzeitigen Freilassung war bislang an strenge Voraussetzungen gebunden. Nun allerdings kündigt sich eine Änderung an, die Grassers Haftschicksal grundlegend verändern könnte.

Fast auf freiem Fuß: Fußfessel macht’s möglich

Eine Novelle zum Strafvollzug sieht vor, den elektronisch überwachten Hausarrest – also den Vollzug mit Fußfessel – deutlich auszuweiten. Grasser könnte damit bereits wenige Monate nach seinem Haftantritt in seine eigene Wohnung zurückkehren, wo er unter Auflagen und strenger Überwachung seinen Strafrest verbüßt. Voraussetzung ist ein klar definierter Tagesablauf mit genau festgelegtem Bewegungsradius. In der Praxis heißt das: Arbeiten, Einkaufen, Arztbesuche.

Was die neue Fußfessel-Reform ermöglicht

Die neue Regelung tritt ab dem 1. September 2025 in Kraft. Bisher konnten Personen mit bis zu zwölf Monaten Resthaft den Antrag auf die Fußfessel stellen. Künftig antragsberechtigt sind Personen mit einem Reststrafmaß von bis zu 24 Monaten. Schwere Gewalt- und Sexualdelikte sind explizit ausgeschlossen.

Neue Regeln gibt es auch für die tägliche Ausgestaltung des Hausarrests. Spaziergänge im Freien sind vorgesehen, ein völliges Eingesperrtsein in der Wohnung entfällt.

Das kostet die Heimhaft

Der Antrag kann bereits vor Haftantritt eingereicht werden, was die Inhaftierung bis zur Entscheidung hinauszögert. Die Maßnahme ist Teil des Budgetbegleitgesetzes und soll überfüllte Gefängnisse ebenso entlasten wie das Justizbudget. Zudem diene die Änderung der besseren Resozialisierung, so Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ).

Fußfessfelträger werden für die Heimhaft zur Kasse gebeten. Nicht nur müssen sie ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten, pro Tag werden ihnen 22 Euro für das System in Rechnung gestellt. Inkludiert sind hier auch wöchentliche Auflagenpläne, die durch die Organsiation Neustart betreut werden.

Was das konkret für Grasser bedeutet

Mit der Gesetzesänderung könnte Grasser schon im Herbst einen Antrag auf Hausarrest stellen. Da künftig nicht mehr ein Einzelrichter, sondern ein Senat aus Berufs- und Laienrichtern über eine bedingte Entlassung entscheidet, steigen die Chancen zusätzlich. Auch rein generalpräventive Ablehnungsgründe – wie etwa die Abschreckung der Allgemeinheit – sind künftig nicht mehr zulässig. Es zählen nur noch spezielle Risiken, die in der Person des Täters liegen. Für Grasser bedeutet das: Sofern keine Rückfallgefahr attestiert wird, könnte sein Haftleben schneller enden als gedacht.

Die ehemalige OGH-Präsidentin Irmgard Griss sieht darin kein Problem. In einem Gastkommentar für den Kurier schreibt sie: Wer so tief fällt wie Grasser, wird kaum die kriminelle Energie für weitere Straftaten aufbringen, auch wenn er nicht ins Gefängnis muss. Sein Absturz sei ein warnendes Beispiel für alle, die in Gefahr seien, ihrer Gier nachzugeben.

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