Steyr Arms zielt auf den Weltmarkt
CHEFINFO: Im April 2024 übernahm die tschechische RSBC-Gruppe Steyr Arms – vergangenen Februar wurden Sie zum Geschäftsführer ernannt. Was sind Ihre kurz- und mittelfristigen Ziele für Steyr Arms?
Milan Šlapák: Kurzfristig geht es darum, die „operative Exzellenz“ zu stärken. Was bedeutet das? Es bedeutet, in perfekter Qualität und im richtigen Umfang zum richtigen Zeitpunkt liefern zu können. Ich habe fast ein Vierteljahrhundert beim amerikanischen Unternehmen General Electric gearbeitet, wo operative Exzellenz ein bedeutender Wettbewerbsvorteil war. Das ist mein Maßstab und ich sehe bei Steyr Arms erhebliches Verbesserungspotenzial. Die dadurch erzielte höhere Kundenzufriedenheit schlägt sich in einer deutlich besseren finanziellen Performance nieder. Ein Faktor dabei ist auch die Produktsicherheit. Ich komme aus der Luftfahrtindustrie, wo diese höchste Priorität hat. Deshalb befasst sich unser Team jetzt mit einer Kampagne, die ich „Luftfahrtstandards in die Verteidigungsindustrie bringen“ nenne. Außerdem möchte ich Kompetenzlücken schließen. Wir haben bereits einige neue Top-Manager an Bord geholt, wie unseren neuen CFO Christian Schreiberhuber. Um in der globalen Liga mitspielen zu können, braucht man Global Player. Und drittens ist Steyr Arms bekannt für seine Innovationskraft und Kultur, auf die wir aufbauen.
Die Verteidigungsindustrie ist ein globales Geschäft. Wenn der Export zu sehr eingeschränkt wird, müssten wir Alternativen in Betracht ziehen.
Die RSBC-Gruppe wird aber auch Potenzial in Steyr Arms gesehen haben. Was waren die Gründe für die Übernahme?
Šlapák: Ich bin vor zweieinhalb Jahren zur RSBC gekommen, um die Strategie und Vision langfristig neu auszurichten. Ein Ergebnis war die Entscheidung, stärker in die Verteidigungsindustrie zu investieren. Wir hatten bereits den slowenischen Waffenproduzenten Arex mit einem internationalen Team. Wieso also nicht die Kompetenzen nutzen und das Geschäft ausbauen? Steyr Arms produziert nicht nur in Europa, sondern auch in Alabama und hat damit direkten Zugang zum größten Markt für Handfeuerwaffen weltweit. Außerdem wollten wir unser Produktportfolio ausbauen. Arex ist stark bei Pistolen, Steyr bei Langwaffen – das ergänzt sich ideal.
Mit dem russischen Angriffskrieg und nun dem Konflikt im Nahen Osten rüstet auch Europa wieder auf. Wie kann Steyr Arms von der geopolitischen Lage profitieren?
Šlapák: Viele Länder haben ihre Militärausgaben erhöht. Die EU hat 800 Mrd. Euro bis 2030 vorgesehen. Und die NATO hat ihr Ziel für Militärausgaben auf fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöht. Wir haben ein umfangreiches Produktportfolio: von der Steyr AUG auf Reichweiten bis zu 300 Meter über das DMR bis 750 Meter bis hin zu Scharfschützengewehren. Vergangenes Jahr haben wir einen neuen Granatwerfer eingeführt. Für NATO-Staaten ist Steyr AUG aufgrund der breiten Produktpalette ein attraktiver Partner.

Was ist mit dem Hoffnungsmarkt USA? Könnte Trump da einen Strich durch die Rechnung machen, zum Beispiel mit Zöllen?
Šlapák: Nein, eher nicht. Die Botschaft von Trump an die NATO-Verbündeten lautet: „Ihr müsst mehr beitragen.“ Und damit hat er recht – viele NATO-Staaten haben das 2-Prozent-Ziel nicht eingehalten. Die Zölle fürchten wir nicht. Unsere Strategie war ohnehin, unabhängig von der Zolldebatte, mehr in den USA zu produzieren. Die Kosten liegen dort 15 bis 20 Prozent unter den europäischen.
Bereits als Hürde herausgestellt hat sich hingegen die österreichische Bürokratie. Die Teilnahme bei einer Ausschreibung in Tunesien scheiterte an der Exportgenehmigung für vier Gewehre. Was läuft in Österreich anders als in anderen Ländern?
Šlapák: Unternehmen florieren in einer Umgebung, wo man das Ergebnis von bürokratischen Prozessen vorhersehen kann, weil diese konsistent und transparent sind. Das zweite Element ist die Geschwindigkeit, mit der Entscheidungen getroffen werden. Ich verstehe, dass Ausfuhrkontrollen wichtig sind. Aber in Österreich hat sich das zu einer Herausforderung entwickelt. In vielen anderen Ländern sind Ausfuhrkontrollen Aufgabe eines einzelnen Ministeriums. Dieses ist verantwortlich, dass alle Behörden ihre Zustimmung geben. In Österreich sind mehrere Ministerien in den Entscheidungsprozess involviert, was diesen langwierig, unübersichtlich und kompliziert macht. Unser Vorschlag wäre daher, einem einzelnen Ministerium die Verantwortung zu übertragen. Das macht den Prozess berechenbarer und auch schneller.
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Wenn sich die Situation nicht verbessert, würde man dann in einem anderen Land produzieren?
Šlapák: Es ist für uns und andere österreichische Unternehmen schwierig, wenn man sich bei Ausschreibungen disqualifiziert, weil man die Fristen nicht einhalten kann. Derzeit ist es für uns kein Thema, die Produktion aus Österreich zu verlegen. Aber wenn die derzeitige Situation länger so anhält, müssen wir unser Geschäftsmodell überdenken. Die Verteidigungsindustrie ist ein globales Geschäft.
Wenn der Export zu sehr eingeschränkt wird, müssten wir Alternativen in Betracht ziehen.

Der tragische Amoklauf in Graz hat zu einer öffentlichen Diskussion und zu schärferen Waffengesetzen geführt. Wie betrifft das Steyr Arms?
Šlapák: Was in Graz passiert ist, ist eine absolute Tragödie. In der Tschechischen Republik hatten wir im Dezember 2023 einen ähnlichen Fall an der Karls-Universität, der das ganze Land erschüttert hat. Für uns Europäer ist das alles neu, wir kennen solche Taten normalerweise nur aus anderen Ländern. Aber jetzt hat auch Europa damit zu kämpfen. Wir begrüßen jede Maßnahme, die das System der Waffenkontrolle und -zulassung stärkt. Eine der wirksamen Maßnahmen ist das Schließen von Lücken in der Kommunikation zwischen den Institutionen. Wenn eine psychologische Untersuchung ergibt, dass jemand psychische Probleme hat, sollte automatisch in Echtzeit überprüft werden, ob diese Person einen Waffenschein besitzt. Dieser und die Waffen müssen dann sofort entzogen werden. Strengere Waffengesetze werden keine Auswirkungen auf Steyr Arms haben. Jagdgewehre werden wahrscheinlich nicht betroffen sein, ebenso wenig wie unsere Ausrüstung für Militär und Strafverfolgungsbehörden, da diese ohnehin nicht für den zivilen Markt bestimmt ist.