Steyr: Eine Stadt mit Zukunft
Inhalt
- Funktionalität und Ästhetik
- Funktionalität und Ästhetik
- Besseres Standortmarketing
- Eine hohe Lebensqualität
- Bekannte Arbeitgeber
- Produktion im Baukastensystem
- Eine Milliarde Euro bis 2030
Die erste wirtschaftliche Hochblüte erlebte Steyr schon im Mittelalter. Um 1440 war die Stadt dank ihrer Waffenschmieden und Messermacher nach Wien und Graz sogar die drittgrößte Stadt Österreichs. Im 19. und 20. Jahrhundert folgte mit der Produktion von Waffen, Automobilen, Fahrrädern und Lastwagen der nächste wirtschaftliche Aufschwung, bis es durch einen Strukturwandel in den 1980ern zu einer Krise in der Industriehochburg kam. Doch das ist Vergangenheit. Heute scheint Steyr in großen Teilen wieder auf der richtigen Spur zu sein.
In Österreich findet man nicht mehr genügend Fachkräfte für die Produktion von Schuhen.
Funktionalität und Ästhetik
Dieser Meinung ist etwa der geschäftsführende Gesellschafter der Firma Rukapol. „Steyr ist ein idealer Standort. Die Infrastruktur – etwa die von uns benötigten Verkehrsverbindungen – ist gut und die Zusammenarbeit mit dem Magistrat funktioniert bestens“, erklärt Horst König, der sich mit seinem Unternehmen auf die Herstellung und den Vertrieb von hochwertigen Sicherheitsschuhen spezialisiert hat. „Unsere Schuhe kommen unter anderem in der Industrie, der Energiewirtschaft oder beim Bundesheer zum Einsatz“, sagt König und erklärt weiter: „Jede Branche hat besondere Herausforderungen, hat ihre eigenen Ansprüche an einen Schuh. Die einen benötigen einen besonderen Hitzeschutz – etwa für die Arbeit am Hochofen –, die anderen sollen gut gegen Kälte – etwa im Bereich von Seilbahnen – schützen.“ Um die individuellen Sicherheitsbedürfnisse zu gewährleisten, setzt man bei Rukapol daher auf persönliche Beratung. Doch die Funktionalität reicht längst nicht aus. König: „Ein moderner Sicherheitsschuh muss heute auch ästhetische Kriterien erfüllen. Daher arbeiten wir mit einem italienischen Designer zusammen, der sich um dieses Anliegen kümmert.“ Bleibt noch die Frage zu klären, wie es mit den benötigten Arbeitskräften aussieht? König: „In Steyr beschäftigen sich unsere zwölf Mitarbeiter mit dem Vertrieb und dem Marketing. Die Produktion der Schuhe selbst erfolgt am rumänischen Standort des Unternehmens. „In Oradea beschäftigen wir rund 40 Arbeiter. Einer der Gründe dafür: In Österreich findet man nicht mehr genügend Fachkräfte für die Produktion von Schuhen.“
Funktionalität und Ästhetik
Qualifizierte Arbeitskräfte sind für eine erfolgreiche Positionierung am Weltmarkt essenziell. Das weiß man auch auf der Fachhochschule (FH) OÖ Campus Steyr, die seit 1995 Studenten unter anderem in Controlling, Rechnungswesen und verschiedenen Bereichen des Managements ausbildet. Heimo Losbichler, der Dekan der FH Steyr, dazu: „Je nach Semester studieren in Steyr 1.300 bis 1.400 Studenten. Die Ausbildung an der Fachhochschule Steyr ist bewusst praxisorientiert gehalten.“ Laut Dekan Losbichler werden so verschiedene Praktika in den Unternehmen absolviert: „Es ist ein Unterschied, ob ich Probleme und Anforderungen – etwa die Urlaubsplanung für Mitarbeiter und logistische Fragen – im Hörsaal bespreche oder diese in der Praxis dann lösen muss.“ Losbichler würde sich in diesem Zusammenhang wünschen, dass die FH Steyr in Österreich bekannter werden würde: „Außerhalb von Oberösterreich und in den angrenzenden Bezirken in Niederösterreich gelten wir immer noch als Geheimtipp. Das sollte man unbedingt ändern.“
Besseres Standortmarketing
Für den 1965 geborenen Losbichler ist die mangelnde Bekanntheit der Stadt einer der wenigen Schwachpunkte der Region. „Die Verkehrsanbindung ist gut, der Branchenmix ebenso. Hinsichtlich der hohen Leerstandsquote wäre aber im Bereich des Standortmarketings sicherlich noch Luft nach oben“, erklärt Losbichler. Das sieht auch der Bürgermeister von Steyr Markus Vogl so: „Gerade im Bereich Tourismus arbeiten wir verstärkt daran, die Marke ‚Steyr‘ bekannter zu machen.“ Laut dem Bürgermeister ist es auch wichtig, dass man als Region in verschiedensten Bereichen der Wirtschaft aktiv ist. „Eine reine Konzentration auf die Industrie kann Segen und Fluch sein. Geht es dem Sektor gut, ist alles bestens. Gibt es Schwierigkeiten, die man unter Umständen gar nicht beeinflussen kann, dann führt dies zu Problemen. Daher ist es gut, dass in Steyr etwa auch IT-Unternehmen erfolgreich tätig sind.“
Die Ausbildung an der Fachhochschule Steyr ist bewusst praxisorientiert gehalten.
Eine hohe Lebensqualität
Dass Steyr nicht nur für die Unternehmen selbst, sondern auch für die Arbeitnehmer attraktiv ist, zeigt eine Umfrage der Stadt Steyr, die vom Marktforschungsinstitut Spectra in allen oberösterreichischen Bezirken außerhalb Steyrs durchgeführt wurde. Das Ergebnis: Steyr kann bei den 501 Befragten als potenzieller Arbeitsort punkten. 38 Prozent der Befragten unter 30 Jahren schätzen Steyr als sehr attraktiven Ort zum Arbeiten ein, nur acht Prozent stimmen dem wenig oder gar nicht zu. Gleich die Hälfte der Befragten kann sich bestimmt oder unter bestimmten Voraussetzungen vorstellen, in Steyr zu wohnen. Für Steyr spricht, dass die Stadt an sich sehr gut gefällt und als sympathisch wahrgenommen wird, auch das Angebot an Arbeitgebern wird positiv verbucht. Stärkste Treiber für die Wechselbereitschaft sind ein attraktives Gehalt und andere finanzielle Anreize. Rund 70 Prozent geben an, dass ein neuer Job diesbezüglich eine deutliche Verbesserung bieten müsste. Von 41 Prozent werden Work-Life-Balance und flexible Arbeitsbedingungen genannt. Aber auch der Arbeitsort kann mit bestimmten Aspekten zusätzlich überzeugen. Hohe Lebensqualität (44 %), eine gute Infrastruktur (33 %) sowie die Verfügbarkeit von Wohnraum (33 %) und die Auswahl an Einkaufsmöglichkeiten (26 %) spielen dabei eine entscheidende Rolle.
Bekannte Arbeitgeber
„Bei der hohen Lebensqualität kann Steyr punkten. Immerhin geben mehr als 90 Prozent der in einer Parallelstudie befragten Steyrer an, dass sie gern hier leben“, sagt Bürgermeister Vogl. Vor allem die Infrastruktur und die Naherholung werden ausgezeichnet bewertet, ebenso die Einkaufsmöglichkeiten.Bekannte Arbeitgeber, die als attraktiv wahrgenommen werden, spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige und entscheidende Rolle. So geben etwa 74 Prozent der Befragten an, das BMW Group Werk Steyr zu kennen. „Die großen Steyrer Betriebe werden durchwegs als attraktive Arbeitgeber bewertet“, berichtet Vogl. Große, bekannte Unternehmen verstärken damit den Pull-Faktor der Stadt.
Produktion im Baukastensystem
Dass gerade das BMW Werk in Steyr bei den Befragten einen hohen Bekanntheitsgrad besitzt, liegt etwa an dem konsequenten Kurs des Konzerns in Richtung Elektromobilität. Rund 500 Millionen Euro investiert bzw. investierte BMW in zwei hochmoderne, flexibel nutzbare Fertigungsstraßen, in denen Komponenten wie Rotoren, Statoren, Gehäuse und Inverter gefertigt und zu kompletten E-Antrieben montiert werden. Die erste Linie befindet sich schon seit Herbst 2024 in der Vorserienproduktion und soll im Spätsommer 2025 in den Regelbetrieb übergehen. Dort werden zwei Leistungsklassen von E-Motoren nach dem Baukastenprinzip produziert – diese kommen bereits in Erprobungsfahrzeugen der neuen BMW-Modellgeneration „Neue Klasse“ zum Einsatz.
Eine Milliarde Euro bis 2030
Die zweite Linie startet im September 2025 mit der Vorserie, die Serienfertigung ist ab April 2026 geplant. Über 200 automatisierte und mehr als 100 manuelle Arbeitsstationen werden dafür in Betrieb genommen. Diese Entwicklungen sind Teil eines umfassenden Zukunftsplans für den Standort Steyr: Bereits 2022 wurde das Werk zur globalen Kompetenzzentrale für E-Antriebe der nächsten Generation ausgebaut. Insgesamt plant BMW, bis 2030 rund eine Milliarde Euro in die Transformation des Standorts zu investieren. Ziel ist es, dass spätestens bis dahin rund die Hälfte der Belegschaft in der E-Mobilitätsproduktion tätig ist. Mit der neuen Fertigungsstruktur sichert BMW nicht nur die Zukunft des größten Motorenwerks des Konzerns, sondern stärkt damit auch die industrielle Wertschöpfung in der Region.
Die großen Steyrer Betriebe werden durchwegs als attraktive Arbeitgeber bewertet.