Schubumkehr für den Flughafen Linz
Der Flughafen Linz schafft es 2025 nicht aus den Negativschlagzeilen. 2024 wurde mit nur 181.000 Passagieren ein historischer Tiefstand erreicht, im September kündigte Austrian Airlines die Verbindung nach Frankfurt, und nun droht auch das bislang profitable Frachtgeschäft wegzubrechen: Turkish Cargo plant offenbar den Wechsel nach Wien. Übrig bliebe nur noch DHL als bedeutender Frachtpartner. CHEFINFO hat die Ursachen des Niedergangs bereits ausführlich beleuchtet (→ Wer rettet den Linzer Flughafen?).
38,5 Millionen Verluste
Diese Woche legte der Oberösterreichische Landesrechnungshof (LRH) die Ergebnisse einer Initiativprüfung vor – mit 54 teils kantig formulieten Verbesserungsvorschlägen an Flughafen und Eigentümer. Die Bilanz ist ernüchternd: In den letzten 30 Jahren schüttete die Flughafen Linz GmbH 29,6 Millionen Euro an Land und Stadt aus, seit 2020 summieren sich jedoch Verluste von 38,6 Millionen Euro. Wie hoch der Kapitalbedarf in den nächsten zehn Jahren sein wird, ist derzeit nicht absehbar, so LRH-Direktor Rudolf Hoscher. Die dringend anstehende Pistensanierung (25,2 Mio. Euro) sollte eigentlich aus Rücklagen finanziert werden – diese sind jedoch fast vollständig für die Verlustabdeckung aufgebraucht.
Spekulationsverbot verletzt?
Der Betrieb ist derzeit weit davon entfernt, kostendeckend zu sein. Dafür wären jährlich mindestens 500.000 Passagiere nötig, rechnet Hoscher vor. Sein Hauptkritikpunkt: Der längst überfällige Strategieprozess wurde viel zu spät gestartet und braucht nun eine grundlegende Neuausrichtung – inklusive Vorlage im Landtag. Besonders brisant: Teile der Geldanlagen sollen gegen das oberösterreichische Spekulationsverbot verstoßen haben, darunter auch Wirecard-Aktien. Die Opposition spricht bereits von einem „handfesten Skandal“ (NEOS).
Stiefmütterlich behandelt
Unverständlich findet der LRH auch, dass der Flughafen in den offiziellen Landesstrategien (Tourismus, Wirtschaft etc.) praktisch keine Rolle spielt – er wird allenfalls am Rande erwähnt, aber nie als echtes Asset behandelt. Bislang gab es keinerlei Ziel- und Ressourcenvereinbarungen mit der Flughafen GmbH, was der Rechnungshof für zwingend erforderlich hält.
Der längst überfällige Strategieprozess wurde viel zu spät gestartet und braucht nun eine grundlegende Neuausrichtung.
Zum Sponsoring „vergattert“
Hinzu kommt das strengere EU-Beihilferecht, das öffentliche Zuschüsse massiv erschwert. Dazu zählt nicht nur der heuer gewährte Gesellschafterzuschuss von 8 Millionen Euro Steuergeld, mit dem eine Pleite gerade noch abgewendet wurde. Auch die vor zwei Wochen ausgeschriebene Strecke Linz–Frankfurt stuft Hoscher als indirekte Subvention ein. Eine Anbindung an ein Drehkreuz wie Frankfurt sei für den Industriestandort Oberösterreich zwar essenziell, werde aber teuer: Interessierte Airlines würden „vermutlich ohne wirtschaftliches Risiko kalkulieren“. Der LRH fordert daher kurzfristige Einsparmaßnahmen, unter anderem das komplette Streichen von Repräsentationsausgaben sowie Sport- und Kultursponsoring. Konkretes Beispiel: Der Linzer Airport tritt derzeit noch als Sponsor der beiden Fußballclubs LASK und Blau-Weiß Linz auf.
Last Exit Privatisierung?
Eine Alternative ist für Hoscher der Einstieg privater Investoren. Genau diesen Weg schlägt nun die oberösterreichische Wirtschaft vor: ein Modell der Teilprivatisierung, das aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und den Flughafen endlich zukunftsfest machen soll. Initiator Manfred Zorn, der das Konzept federführend entwickelt hat, setzt auf ein klares Public-Private-Partnership: Private Unternehmen steigen über Kapitalerhöhungen ein, das Land Oberösterreich bleibt beteiligt und sorgt für Kontinuität. Um EU-Beihilferecht und Transparenz von Anfang an zu gewährleisten, sieht das Modell fünf zentrale Schritte vor – von einer unabhängigen Bewertung des Airports über die Bereinigung alter Verluste bis hin zu einem offenen, fairen Investoren-Auswahlverfahren, bei dem nicht nur der Preis, sondern auch regionale Verwurzelung und strategische Kompetenz zählen.
Der Flughafen Linz ist für Oberösterreich systemrelevant – für Jobs, Export und Tourismus.
Komplette Neuausrichtung
Kernstück der Neuausrichtung soll eine komplett neue Geschäftsführung werden: Gesucht wird eine tourismus- und luftfahrt-erfahrene Persönlichkeit mit starkem Oberösterreich-Bezug und internationalem Netzwerk. Ziel ist es, aktiv neue Linien- und Charterflüge, attraktive Reiseangebote sowie engere Kooperationen mit Industrie, Exportwirtschaft und Tourismusverbänden zu entwickeln – kurz: der Flughafen soll endlich selbst Nachfrage schaffen, statt nur zu reagieren. „Der Flughafen Linz ist für Oberösterreich systemrelevant – für Jobs, Export und Tourismus“, betont Zorn. „Mit privatem Kapital, klaren Regeln, einer starken Führung und der Umsetzung der Rechnungshof-Empfehlungen kann er wieder zu einem echten Erfolgsprojekt werden.“ Ob dieses Modell tatsächlich kommt, hängt nun von Land und Stadt ab – und davon, ob sie bereit sind, Verantwortung und Kontrolle zu teilen, um den Airport langfristig zu retten.
Link zum LRH-Bericht