Thomas Brezina: „Ivo und ich machen anderen Mut”
Inhalt
- Brezina über die Vielfalt: "Muss gelebt werden"
- Brezina über sein Rezept zum Glück: "Ich pfeif drauf"
Sie haben vor Kurzem Ihren ersten queeren Liebesroman veröffentlicht. Was hat Sie dazu inspiriert?
Brezina: Ich wollte einen Roman über die vielen Formen der Liebe schreiben, mit einer queeren Hauptperson, die den Weg zu sich sucht und dabei wie viele andere mit Zweifeln, Ängsten und Unsicherheiten zu kämpfen hat. Die Geschichte über Julian soll Mut machen, zu sich selbst zu stehen.
Gibt es Parallelen zwischen Ihrer eigenen Geschichte und der von Julian?
Brezina: Beim Schreiben sind mir einige Erinnerungen und sogar Tränen gekommen. Vor 15 Jahren musste ich nach einer traurigen Trennung wieder zu daten beginnen. Dazu habe ich verschiedene Apps verwendet und manche meiner teils skurrilen Erfahrungen sind ins Buch eingeflossen.
Brezina über die Vielfalt: "Muss gelebt werden"
Ihr Roman trägt den Titel „Liebe ist niemals normal“. Warum hat die Gesellschaft noch immer Probleme damit, verschiedene Formen der Sexualität anzuerkennen? Und diese dann eben als „nicht normal“ zu bezeichnen.
Brezina: Ich glaube nicht, dass es eine Sache „der Gesellschaft“ ist, sondern von einer Gruppe, die ablehnt, was von Mehrheit und Durchschnitt abweicht. Damit können sich diese Menschen scheinbar erhöhen und auf andere herabblicken. Manchmal ist es auch Unsicherheit und Unverständnis. Heute geht es bei vielem, aber besonders bei Liebe, Beziehung und Sexualität nicht um „normal“, sondern um selbstverständlich.
Toleranz und Vielfalt werden immer mehr gelebt, andererseits zeigen die letzten Wahlergebnisse auch den Wunsch zurück in konservative Muster. Warum teilt sich die Gesellschaft so stark in zwei Gruppen?
Brezina: Dazu habe ich nur Vermutungen. Bei manchen Menschen scheint Verunsicherung zu herrschen, andere möchten alte Rollenbilder nicht aufgeben. Wer bin ich als Mann? Wie weich oder hart muss ich sein? Was ist ein „richtiger“ Mann, was ist ein „toxischer“ Mann? Konservative und populistische Gruppen versuchen hier scheinbar klare Regeln und Kriterien aufzustellen, die es in Wahrheit aber nicht gibt.
Und wie kann man diese Schere wieder schließen?
Brezina: Patentrezept habe ich keines. Ich glaube auch nicht, dass es sich um eine Schere handelt, sondern um Ansichten, die sich verschärfen. Vielfalt muss gelebt und wie schon erwähnt selbstverständlich werden. Die Grundlage des Zusammenlebens ist Respekt und Empathie.
Ich persönlich finde, dass es das Pride Year geben muss.
Brezina über sein Rezept zum Glück: "Ich pfeif drauf"
Sie haben vor mehreren Jahren erstmals öffentlich über Ihren Partner Ivo gesprochen. Hatten Sie je das Gefühl, dass Menschen Sie plötzlich anders wahrnehmen würden?
Brezina: Ja! Sie nehmen mich jetzt als einen Menschen wahr, der glücklich verheiratet ist. Ich habe sehr bewusst lange Zeit nicht über mein Privatleben geredet. Jetzt erzähle ich zum Beispiel auf Social Media darüber, weil ich aus vielen Zuschriften weiß, dass Ivo und ich Mut machen.
Ihre positive Ausstrahlung ist ansteckend. Was ist Ihr persönliches Rezept zum Glück?
Brezina: Ich pfeif aufs Glück! Ich will ein erfülltes Leben leben und suche sehr bewusst, was ich selbst gestalten kann und was ich akzeptieren muss.
Mit Juni startet der Pride Month. Dabei hört man immer wieder die Frage: „Aber brauchen wir das denn?“ Was sagen Sie: Brauchen wir es?
Brezina: Ich respektiere den Wunsch vieler Menschen nach dem starken Zeichen eines Pride Month. Ich persönlich finde, dass es das Pride Year geben muss.