Höchstgericht: Tagespresse ficht FPÖ-Urteil an
Inhalt
- Hintergrund des Falls
- Wirtshäuser im Mittelpunkt
- Rechtliche Auseinandersetzung
- Gerichtliche Entscheidung
- Prozess in Strasbourg
Das Satireportal "Die Tagespresse" hat vor dem österreichischen Obersten Gerichtshof gegen die FPÖ verloren. Dem Prozess vorausgegangen war ein gefälschter Brief, welcher an niederösterreichische Wirtshäuser verschickt wurde. Nun ziehen die Satiriker vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), um das Urteil anzufechten.
Hintergrund des Falls
In einem Rechtsstreit zwischen der FPÖ Niederösterreich und dem satirischen Online-Magazin "Die Tagespresse" wurde vom Obersten Gerichtshof zugunsten der klagenden Partei entschieden, nachdem in den unteren Instanzen "Die Tagespresse" siegreich hervorgegangen war. Im Mittelpunkt des Falls standen die sogenannten "Wirtshausbriefe", die von der Beklagten ohne Genehmigung im Namen der FPÖ verfasst und an zahlreiche Gastwirte versandt worden waren.
Wirtshäuser im Mittelpunkt
Die FPÖ Niederösterreich setzt sich seit einiger Zeit für eine "Wirtshausprämie" ein, um dem Gasthaussterben entgegenzuwirken. Die Redaktion der "Tagespresse" entschied sich, dieses Thema satirisch aufzugreifen, indem sie 500 Wirte mit gefälschten Briefen kontaktierte. Diese Schreiben enthielten neben dem Logo, den Daten und der Signatur der FPÖ auch eine vermeintliche Forderung der Partei nach der Einführung eines öffentlich einsehbaren Online-Registers, in dem "nicht heimatverbundene Wirtshäuser" vermerkt werden sollten. Eine solche Forderung hatte die FPÖ jedoch nie gestellt.
Nach dem Versand der Briefe gingen zahlreiche Beschwerden bei der FPÖ ein. Die Partei wurde mit Anfragen und Unmutsbekundungen von Wirten konfrontiert, deren Betriebe in dem Schreiben thematisiert wurden. Wenige Tage später erklärte die "Tagespresse" auf ihrer Website, dass sie die Urheberin der Briefe sei. Die Aktion sorgte daraufhin für mediale Aufmerksamkeit und eine breite öffentliche Diskussion.
Update zur FPÖ-Klage gegen Wirtshausbriefe: Bonjour, Strasbourg! https://t.co/W3kBj8VUS6
— Die Tagespresse (@DieTagespresse) February 10, 2025
Rechtliche Auseinandersetzung
Die FPÖ klagte daraufhin gegen die Verantwortlichen des Online-Magazins und forderte, dass es den Beklagten untersagt werde, falsche Schriften unter Verwendung des Namens und der Zeichen der Partei zu verfassen, zu verbreiten oder zu veröffentlichen. Die Partei argumentierte, dass es sich um eine unzulässige Namensanmaßung und eine bewusste Täuschung der Öffentlichkeit handle, die ihre schutzwürdigen Interessen verletze.
Die Beklagten hielten dem entgegen, dass es sich bei den "Wirtshausbriefen" um eine klar erkennbare Satire handelte. Zudem sei die wahre Herkunft der Briefe unmittelbar nach deren Versand öffentlich gemacht worden, sodass kein nachhaltiger Schaden für die FPÖ entstanden sei. Darüber hinaus beriefen sie sich auf die Meinungs- und Kunstfreiheit.
Gerichtliche Entscheidung
Während die Vorinstanzen die Klage abwiesen und die "Wirtshausbriefe" als zulässige Satire einstuften, kam der OGH zu einem anderen Schluss. Das oberste Gericht entschied, dass die Briefe den Eindruck erweckten, von der FPÖ selbst zu stammen, und daher eine unzulässige Namensanmaßung vorliege. Darüber hinaus sei der Inhalt der Briefe geeignet gewesen, der Partei ehrverletzende Absichten zu unterstellen.
In der Urteilsbegründung hob der OGH hervor, dass eine bewusste Täuschung des Publikums nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sei. Satire genieße zwar grundsätzlich einen hohen Schutz, müsse jedoch für das Publikum als solche erkennbar sein. Dies sei im vorliegenden Fall nicht gegeben gewesen. Die Meinungs- und Kunstfreiheit der Beklagten sei daher gegen die Persönlichkeitsrechte der FPÖ abzuwägen, wobei Letztere in diesem Fall höher zu bewerten seien.
Prozess in Strasbourg
Wie die Tagespresse in einem Posting auf ihrer Website kundtut, wird sie nun vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg ziehen. Laut dem Online-Magazin würden sie die Integrität des OGH respektieren, aber seien mit der rechtlichen Beurteilung nicht einverstanden.