Direkt zum Inhalt
Tagespresse-Gründer Fritz Jergitsch
Tagespresse-Gründer Fritz Jergitsch kämpft gegen das Urteil an.
Tagespresse-Gründer Fritz Jergitsch kämpft gegen das Urteil an.
Gerhard Deutsch / KURIER / picturedesk.com

Höchstgericht: Tagespresse ficht FPÖ-Urteil an

10.02.2025 um 15:36, Marcel Toifl
min read
Die Tagespresse hat vor dem OGH einen Prozess gegen die FPÖ verloren. Nun plant sie den Gang vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Inhalt

Das Satireportal "Die Tagespresse" hat vor dem österreichischen Obersten Gerichtshof gegen die FPÖ verloren. Dem Prozess vorausgegangen war ein gefälschter Brief, welcher an niederösterreichische Wirtshäuser verschickt wurde. Nun ziehen die Satiriker vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), um das Urteil anzufechten.

Hintergrund des Falls

In einem Rechtsstreit zwischen der FPÖ Niederösterreich und dem satirischen Online-Magazin "Die Tagespresse" wurde vom Obersten Gerichtshof zugunsten der klagenden Partei entschieden, nachdem in den unteren Instanzen "Die Tagespresse" siegreich hervorgegangen war. Im Mittelpunkt des Falls standen die sogenannten "Wirtshausbriefe", die von der Beklagten ohne Genehmigung im Namen der FPÖ verfasst und an zahlreiche Gastwirte versandt worden waren.

Wirtshäuser im Mittelpunkt

Die FPÖ Niederösterreich setzt sich seit einiger Zeit für eine "Wirtshausprämie" ein, um dem Gasthaussterben entgegenzuwirken. Die Redaktion der "Tagespresse" entschied sich, dieses Thema satirisch aufzugreifen, indem sie 500 Wirte mit gefälschten Briefen kontaktierte. Diese Schreiben enthielten neben dem Logo, den Daten und der Signatur der FPÖ auch eine vermeintliche Forderung der Partei nach der Einführung eines öffentlich einsehbaren Online-Registers, in dem "nicht heimatverbundene Wirtshäuser" vermerkt werden sollten. Eine solche Forderung hatte die FPÖ jedoch nie gestellt.

Nach dem Versand der Briefe gingen zahlreiche Beschwerden bei der FPÖ ein. Die Partei wurde mit Anfragen und Unmutsbekundungen von Wirten konfrontiert, deren Betriebe in dem Schreiben thematisiert wurden. Wenige Tage später erklärte die "Tagespresse" auf ihrer Website, dass sie die Urheberin der Briefe sei. Die Aktion sorgte daraufhin für mediale Aufmerksamkeit und eine breite öffentliche Diskussion.

Rechtliche Auseinandersetzung

Die FPÖ klagte daraufhin gegen die Verantwortlichen des Online-Magazins und forderte, dass es den Beklagten untersagt werde, falsche Schriften unter Verwendung des Namens und der Zeichen der Partei zu verfassen, zu verbreiten oder zu veröffentlichen. Die Partei argumentierte, dass es sich um eine unzulässige Namensanmaßung und eine bewusste Täuschung der Öffentlichkeit handle, die ihre schutzwürdigen Interessen verletze.

Die Beklagten hielten dem entgegen, dass es sich bei den "Wirtshausbriefen" um eine klar erkennbare Satire handelte. Zudem sei die wahre Herkunft der Briefe unmittelbar nach deren Versand öffentlich gemacht worden, sodass kein nachhaltiger Schaden für die FPÖ entstanden sei. Darüber hinaus beriefen sie sich auf die Meinungs- und Kunstfreiheit.

Gerichtliche Entscheidung

Während die Vorinstanzen die Klage abwiesen und die "Wirtshausbriefe" als zulässige Satire einstuften, kam der OGH zu einem anderen Schluss. Das oberste Gericht entschied, dass die Briefe den Eindruck erweckten, von der FPÖ selbst zu stammen, und daher eine unzulässige Namensanmaßung vorliege. Darüber hinaus sei der Inhalt der Briefe geeignet gewesen, der Partei ehrverletzende Absichten zu unterstellen.

In der Urteilsbegründung hob der OGH hervor, dass eine bewusste Täuschung des Publikums nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sei. Satire genieße zwar grundsätzlich einen hohen Schutz, müsse jedoch für das Publikum als solche erkennbar sein. Dies sei im vorliegenden Fall nicht gegeben gewesen. Die Meinungs- und Kunstfreiheit der Beklagten sei daher gegen die Persönlichkeitsrechte der FPÖ abzuwägen, wobei Letztere in diesem Fall höher zu bewerten seien.

Prozess in Strasbourg

Wie die Tagespresse in einem Posting auf ihrer Website kundtut, wird sie nun vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg ziehen. Laut dem Online-Magazin würden sie die Integrität des OGH respektieren, aber seien mit der rechtlichen Beurteilung nicht einverstanden.

more