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Robert Eichenauer
Montage Chris Zenz

Alle gegen alle: Die renitente Republik

14.01.2023 um 10:38, Robert Eichenauer
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Mit den Klimaklebern erobert das Wutbürgertum die junge Generation. Sie komplettieren das ohnehin breite Spektrum an Hass.

Franz hat eine Mordswut auf die Klimakleber, weil die einen Stau verursachen. Und ihm ein schlechtes Gewissen. Bernd hat eine Mordswut auf die Autofahrer, weil die den Planeten zerstören. Und er sich sowieso keines leisten kann. Kurt mag sich nicht impfen lassen, weil er einfach nicht mag. Peter mag keine Impfgegner, weil die nicht so tun wie er mag. Beate hasst die Medien, weil die nicht schreiben, was sie denkt. Dieter hasst die Linken, weil die so deppert sind. Martina hasst die Rechten, weil die noch depperter sind. Birgit hasst die Linken und die Rechten, weil alle gleich deppert sind.

Ich bin das Volk

Das Wutbürgertum hat mittlerweile wie ein Krebsgeschwür jede Alters- und Gesellschaftsschicht befallen. Und alle meinen, sie repräsentieren entweder das Volk, die Wahrheit oder gar beides. Jedenfalls sei ihr Anliegen rechtens, wenn nicht gar von Gottes Gnaden legitimiert. Jeder hat seine individuellen Hassobjekte, das einzig Verbindende ist die Wut an sich. Das haben wir uns selbst zuzuschreiben. Jahrelang wurde von allen möglichen Seiten mehr ziviler Ungehorsam eingefordert. Jetzt haben wir den Salat. Politiker müssen mittlerweile bei der Entscheidungsfindung abwägen, von welcher Seite ihnen mehr Ungemach droht, von wo der größere Widerstand zu befürchten ist, welche Seite glaubhaftere Mord- und Gewaltfantasien entwickelt. Um die Sache geht es nur am Rande.

Ich mache, was ich will

Und jeder weiß alles, obwohl er selten wirklich was weiß. „Die Dummheit hat aufgehört sich zu schämen“, sagt die Psychiaterin Heidi Kastner und meint damit, dass man wissentlich den größten Unsinn verbreiten und trotzdem darauf stolz sein darf. Das geht einher mit einem großen Vertrauensverlust in die Institutionen dieses Staates. Wenn man ein Gesetzt für blöd hält, ignoriert man es einfach. So wie der Wut-Wirt in Kärnten, der keine Araber mehr in seine Pizzeria lassen will, oder die Klimakleber. Jeder lebt auf seiner persönlichen Insel, auf der er König ist. Ich mache, was ich will, weil ich es verdient habe.

Krieg mit Worten

Diskussionen auf Social Media werden zum Krieg, zum Glaubenskampf unter den Beteiligten. Liest man Postings unter polarisierenden Beiträgen, wähnt man sich in einer Wirtshausschlägerei. „Lösch dich, ist bei dir noch Hirn vorhanden, nur noch Matsch in der Birne, Euer Denken ist so arm“ sind die harmloseren Beispiele, wie man sich digital begegnet. Der Krieg mit Worten ist allgegenwärtig. Russland ist bereits einen Schritt weiter. Wir sollten es nicht so weit kommen lassen.

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