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Mann mit grünem Hemd isst einen Burger vor einer wehenden EU-Flagge; Symbolbild zur EU-Entscheidung über das Verbot von Bezeichnungen wie „Veggie-Burger“ oder „Soja-Schnitzel“.
Das Europaparlament hat für ein Verbot klassischer Fleischbezeichnungen bei pflanzlichen Produkten gestimmt.
Das Europaparlament hat für ein Verbot klassischer Fleischbezeichnungen bei pflanzlichen Produkten gestimmt.
rarrarorro / istock | Massonstock/ iStock

EU verbietet Veggie-Burger, -Wurst und -Steak

08.10.2025 um 16:33, Stefanie Hermann
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Das EU-Parlament hat für ein Verbot von Bezeichnungen wie „Veggie-Burger“ und „Soja-Schnitzel“ gestimmt. In Österreich sorgt der Beschluss für heftige Kritik.

Das EU-Parlament hat am Mittwoch in Straßburg für ein Verbot klassischer Fleischbezeichnungen bei pflanzlichen Produkten gestimmt. Begriffe wie „Wurst“, „Schnitzel“, „Steak“ oder „Burger“ sollen künftig nur noch für Produkte verwendet werden dürfen, die tatsächlich Fleisch enthalten. 

Der Beschluss ist Teil einer umfassenden Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), die auch Vereinfachungen für Landwirtinnen und Landwirte vorsieht. Mit 355 Ja-Stimmen, 247 Nein-Stimmen und 30 Enthaltungen hat eine Mehrheit der Abgeordneten für den umstrittenen Antrag gestimmt.

Ziel: Transparenz und Klarheit

Die Grundlage für die Entscheidung wurde bereits im Agrarausschuss gelegt. Eingebracht wurde der Änderungsantrag von der französischen Konservativen Céline Imart, Berichterstatterin der EVP-Fraktion. Imart argumentierte, dass es „ein echtes Verwechslungsrisiko“ gebe, weil pflanzenbasierte Ersatzprodukte nicht dieselben Nährwerte böten wie Fleisch. Ihr Ziel sei „Transparenz und Klarheit für den Verbraucher“. Ein alternativer Vorschlag der liberalen Fraktion, der lediglich Bezeichnungen wie „Veggie-Huhn“ untersagen wollte, fand keine Mehrheit. Damit setzte sich die restriktive Linie der Konservativen durch.

Verbot noch nicht rechtskräftig

Das Verbot ist noch nicht rechtskräftig. Es muss nun in Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten und der Europäischen Kommission abgestimmt werden. Erst, wenn der Rat zustimmt, tritt die Regelung in Kraft. Damit hängt viel von der Haltung der österreichischen Bundesregierung ab.

Für Unternehmen, die auf pflanzliche Alternativen setzen, bleibt die Unsicherheit vorerst bestehen – ebenso für Konsumentinnen und Konsumenten, die künftig möglicherweise keinen „Veggie-Burger“ mehr im Regal finden werden, sondern nur noch ein „pflanzliches Patty“.

Keine eindeutige Regierungslinie

Innerhalb der Regierung gibt es dazu noch keine eindeutige Linie. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) begrüßt den Beschluss der EU. „Was bei Milch und Honig selbstverständlich ist, sollte auch bei anderen Produkten selbstverständlich sein", so der Landwirtschaftsminister. "Konsumentinnen und Konsumenten haben ein Recht darauf, auf den ersten Blick zu erkennen, ob es sich um ein natürliches Lebensmittel vom Bauernhof oder um ein hochverarbeitetes Industrieprodukt handelt.“

Absolut kein Verständnis zeigt hingegen NEOS-Parteichefin und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger. Es sei „bedauerlich, dass eine Mehrheit der EU-Abgeordneten den Menschen nicht zutraut, einen Veggie-Burger von einem Fleisch-Burger zu unterscheiden“, so die Außenministerin via X. Solche Entscheidungen führten dazu, „dass sich viele Menschen fragen, ob die EU keine anderen Probleme hat“.

Opposition kritisiert den Beschluss

Von der Opposition kommt heute heftiger Widerspruch. SPÖ-EU-Delegationsleiter Günther Sidl bezeichnete das Vorhaben als „Scheindebatte“. Das Argument, Verbraucherinnen und Verbraucher könnten durch solche Bezeichnungen verwirrt werden, sei „nichts anderes als ein fadenscheiniger Vorwand“. Viel wichtiger wäre aus seiner Sicht eine verpflichtende Herkunfts- und Haltungskennzeichnung für tierische Produkte. Ähnlich äußerte sich der grüne EU-Abgeordnete Thomas Waitz, der von einem „Fleisch-Fetisch der Europäischen Volkspartei“ sprach. Waitz warf den Konservativen vor, mit „Bevormundungspolitik“ von echten Problemen abzulenken: „Veggie-Burger, Seitan-Schnitzel und Tofuwurst verwirren Konsument*innen nicht.“

Zivilgesellschaft übt scharfe Kritik

Auch aus der Zivilgesellschaft hagelt es Kritik. Indra Kley-Schöneich, Geschäftsführerin von foodwatch Österreich, nennt das Votum eine „Verhöhnung der Konsumentinnen und Konsumenten“. Es gebe keinerlei Belege für eine systematische Verwechslungsgefahr: „Dieses Verbot schützt demnach nicht die Konsument:innen, sondern vor allem die Fleischindustrie – und ist ein durchschaubares Ablenkungsmanöver von den wirklich wichtigen Themen im Lebensmittelbereich.“

Tierschutzorganisationen protestieren

Tierschutzorganisationen äußerten sich ebenfalls empört. Veronika Weissenböck von Vier Pfoten Österreich kritisierte eine „zukunftsvergessene Agrarlobby, unterstützt von Landwirtschaftsminister Totschnig“, die mit ihrer Entscheidung „fatale Folgen für Tiere, Umwelt, die menschliche Gesundheit und auch die Wirtschaft“ verursache. Statt den Fleischkonsum zu reduzieren, setze die EU „auf Schikanen für Konsument:innen und jene Nahrungsmittelhersteller, die auf tier- und umweltfreundliche Alternativen setzen“.

Lebensmittelwirtschaft gegen das Verbot

Neben Foodwatch kritisieren  auch Teile der Lebensmittelwirtschaft die Pläne. So haben sich bereits der österreichische Handelsverband und der Lebensmitteleinzelhandel gegen das Verbot ausgesprochen. „Pflanzliches Schnitzel“, „Veggiewürstel“ oder „Plant-based-Steak“ seien Orientierungshilfen für Konsumenten. Alltagsfremde und erklärungsbedürftige Vorschläge wie „pflanzliche Bratstücke mit Panade“, „Bratrollen“ oder „Grillquadrate“ würden hingegen für Verwirrung sorgen. Auch der Verein für Proteinvielfalt, in dem neben Handelsketten wie Spar, Rewe, Hofer und Lidl auch Produzenten wie der Schinkenhersteller Berger vertreten sind, warnt vor einem Rückschritt.

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