Köhldorfer: "Liebe auf den ersten Blick gibt es"
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Es ist wie ein Moment in einem Film: Mitten im Alltagsstress huscht man über eine Straße, blickt kurz auf und plötzlich hört man nichts mehr außer dem eigenen Herzschlag. Warum? Weil man einer Person gegenübersteht, die einem den Atem raubt. Man kann förmlich die Funken sprühen sehen. Und noch bevor der Augenblick vorbei ist, fragt man sich: Kann es Liebe auf den ersten Blick wirklich geben?
Kein seltenes Phänomen
"Ja, Liebe auf den ersten Blick gibt es. Es ist ein Zusammenspiel zwischen biologischen, hormonellen und psychologischen Faktoren", meint die Psychotherapeutin, Psychoanalytikerin und TV-Persönlichkeit Sandra Köhldorfer, die den meisten wohl aus der Beziehungsshow "Hochzeit auf den ersten Blick" bekannt ist. Laut einer Studie von YouGov hat ein Drittel der Menschen dieses Phänomen bereits erlebt. 50 bis 60 Prozent der Menschen glauben daran, dass Liebe auf den ersten Blick existiert. Dabei spielt aber auch die derzeitige Lebenssituation eine große Rolle. "Vor allem jüngeren Menschen oder Menschen, die an eine Grenze kommen oder sich in Umbruchs-Situationen befinden, passiert dies öfter", erzählt Sandra Köhldorfer.
Liebe hat einen anderen Anspruch als Begierde. Die Begierde ist eher etwas Körperliches, Liebe etwas Allumfassendes.
Kann jeder "Love at first sight"?
Kann man also davon ausgehen, dass jeder Mensch die Fähigkeit hat, sich auf den ersten Blick zu verlieben? "Im Prinzip schon, aber es hängt viel von der Bindungsfähigkeit ab. Einer Person, die enge Bindungen eher meidet, wird so etwas wahrscheinlich seltener passieren als einer Person, die offen und positiv auf Beziehungen blickt", so die Expertin.
Das Ideal eines Partners
Doch auch wenn es uns in Filmen und Serien gerne vorgegaukelt wird: Liebe auf den ersten Blick ist kein Garant für eine stabile Partnerschaft. "Man kennt die Person ja eigentlich noch gar nicht und projiziert zuerst einmal die eigenen Wünsche und Fantasien auf den anderen. Erst mit der Zeit kann man erkennen, ob der andere auch in der Realität zu einem passt", so Köhldorfer. Kein Wunder, schließlich bekommen die Augen erstmals nur das Äußere zu sehen. Und unser Gehirn ist ziemlich schnell darin, Entscheidungen zu treffen: Innerhalb einer Sekunde wissen wir, ob wir jemanden attraktiv finden oder nicht. Körpermerkmale, die Fruchtbarkeit und Potenz signalisieren – beispielsweise breite Schultern oder eine schmale Taille –, spielen dabei nach wie vor eine große Rolle.
Happy End
Ob es am Ende aber für eine dauerhafte Beziehung reicht, hängt von vielen anderen Faktoren ab. "Ein gutes Match ist das eine, das andere ist die Frage, wie bewusst man an eine Beziehung herangeht. Man muss auch an seinen eigenen Themen arbeiten und den Willen haben, selbst ein guter Partner zu sein. Dazu gehört auch zu lernen, sich schnell zu versöhnen", erklärt Köhldorfer. Es muss also nicht nur die Chemie stimmen – erst wenn beide Partner dazu bereit sind, den gemeinsamen Weg mit Höhen und Tiefen zu beschreiten, kann eine gesunde Beziehung entstehen. Übrigens: Wenn einem auf der Straße tatsächlich der potenzielle Seelenverwandte begegnet, dann vergesst eines nicht: Sprecht ihn oder sie an. Schließlich singt selbst Musiker Cro in seinem Song "Bye Bye": "Kann schon sein, dass man sich im Leben zweimal begegnet, doch es beim zweiten Mal dann einfach zu spät ist."