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Ein Comic zeigt ein Beratungsgespräch zwischen zwei Frauen. Die eine ist mit einem Rock bekleidet, vor ihr steht ein Laptop. Die andere trägt einen Hosenanzug und stellt Fragen. Beide sitzen auf blauen Stühlen, zwischen ihnen befindet sich ein Tisch.
Bei Unsicherheiten sollte man lieber nachfragen. Die Arbeiterkammer, Gewerkschaften oder Berufsvertretungen bieten kostenlose Beratung an – selbstverständlich auch für Lehrlinge.
Bei Unsicherheiten sollte man lieber nachfragen. Die Arbeiterkammer, Gewerkschaften oder Berufsvertretungen bieten kostenlose Beratung an – selbstverständlich auch für Lehrlinge.
istock.com/ SB

Arbeitsmythen im Check: Was in Österreich wirklich gilt

29.09.2025 um 12:08, Andreas Hamedinger
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Arbeitsrecht Österreich: Hitzefrei, Überstunden, Kündigung – wir prüfen die größten Job-Mythen und zeigen, was Arbeitnehmer wissen müssen.

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Viele Jugendliche glauben, dass sie schon ziemlich genau wissen, wie es in der Arbeitswelt abläuft – schließlich hört man ja genug von Eltern, Bekannten oder im Internet. Doch vieles, was rund um das Thema Arbeit, Arbeitsrecht oder den Einstieg ins Berufsleben erzählt wird, ist schlicht falsch oder nur die halbe Wahrheit. Gerade wenn man frisch in eine Lehre startet, im ersten Job steht oder als Schüler sein erstes Praktikum macht, ist es besonders wichtig, sich nicht auf Gerüchte oder Halbwissen zu verlassen. Denn: Wer seine Rechte und Pflichten kennt, ist klar im Vorteil – ob beim Bewerbungsgespräch, im Arbeitsalltag oder wenn es mal Probleme gibt.

Arbeiten bei Hitze: Gibt es Hitzefrei im Job?

Ein besonders verbreiteter Mythos ist zum Beispiel das sogenannte „Hitzefrei“. Viele glauben, dass man bei Temperaturen über 30 Grad automatisch nach Hause geschickt wird – so wie vielleicht in der Schule. Doch in der Arbeitswelt gibt es kein gesetzliches Hitzefrei. Arbeitgeber müssen zwar bei großer Hitze Maßnahmen setzen, etwa durch Ventilatoren, kühlende Getränke oder zusätzliche Pausen, aber einfach nach Hause gehen darf man deshalb nicht.

Probezeit und Kündigungsfristen in Österreich

Ein anderes weitverbreitetes Missverständnis betrifft die Probezeit. Viele denken, dass man während dieser Zeit einfach jederzeit aufhören kann, ohne sich an Regeln zu halten. Doch auch in der Probezeit gelten Kündigungsfristen – meist ein Tag. Und auch der Arbeitgeber kann nicht völlig grundlos und sofort kündigen, zumindest nicht ohne auf arbeitsrechtliche Details zu achten.

Homeoffice: Anspruch oder freiwillige Vereinbarung?

Auch beim Thema Homeoffice gehen die Meinungen auseinander. Gerade seit Corona wünschen sich viele, von zu Hause zu arbeiten – und manche glauben sogar, das sei ein Recht. Tatsächlich gibt es in Österreich aber keinen Anspruch auf Homeoffice. Es braucht eine Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, und bei vielen Jobs – etwa im Handel, in der Produktion oder in handwerklichen Berufen – ist Homeoffice gar nicht möglich.

Kündigungsschutz: Zählt Alter oder Betriebszugehörigkeit?

Ähnlich falsch ist die Vorstellung, dass langjährige Mitarbeiter nicht mehr gekündigt werden können. Auch wer zehn oder zwanzig Jahre in einem Betrieb gearbeitet hat, kann gekündigt werden – ein automatischer Kündigungsschutz durch Betriebszugehörigkeit existiert nicht. Nur für bestimmte Gruppen wie Schwangere, Betriebsräte oder Personen mit Behinderung gibt es einen besonderen Schutz.

Urlaubs- und Weihnachtsgeld: Gesetzlich geregelt?

Ebenso oft wird angenommen, dass der 13. und 14. Monatslohn – also Urlaubs- und Weihnachtsgeld – gesetzlich vorgeschrieben sind. Tatsächlich beruhen diese Sonderzahlungen aber nicht auf einem Gesetz, sondern auf Regelungen in Kollek- tivverträgen. Zum Glück gibt es sie in den meisten Branchen, aber eben nicht automatisch.

Überstunden und Urlaub: Was wirklich gilt

Auch Überstunden sorgen regelmäßig für Verwirrung. Sie müssen nur dann bezahlt werden, wenn sie angeordnet oder betrieblich notwendig waren. Ob man sie ausbezahlt bekommt oder in Form von Zeitausgleich abbauen darf, hängt vom Arbeits- oder Kollektivvertrag ab. Urlaub muss vereinbart werden. Beim Thema Urlaub ist die Rechtslage ebenfalls nicht so einfach, wie manche denken. Man darf nicht einfach selbst entscheiden, wann man Urlaub nimmt. Der Urlaub muss mit dem Arbeitgeber vereinbart werden. Einfach „blau machen“, weil man glaubt, noch genug Urlaub übrigzuhaben, kann zu Konsequenzen führen. Ein weiteres Missverständnis betrifft den Kontakt während des Urlaubs. Viele glauben, dass der Chef einen im Urlaub gar nicht kontaktieren darf. Tatsächlich ist der Kontakt in Ausnahmefällen erlaubt – etwa bei betrieblichen Notfällen. Allerdings besteht keine Pflicht, während des Urlaubs zu arbeiten oder erreichbar zu sein. Rund um den Urlaub gibt es noch einen weiteren Mythos: Wer kündigt, darf den Resturlaub einfach so konsumieren. Das ist falsch. Auch der Urlaubsverbrauch während der Kündigungsfrist muss vereinbart werden. Wenn keine Einigung erzielt wird, wird der Urlaub ausbezahlt. Einfach fernbleiben geht nicht. 

Kündigung und Entlassung: Welche Regeln gelten

Auch die weit verbreitete Vorstellung, dass Kündigungen immer schriftlich erfolgen müssen, ist falsch. Eine mündliche Kündigung ist ebenso gültig – sie muss nur klar und unmissverständlich ausgesprochen werden. Daher ist eine Kündigung auch per SMS oder WhatsApp rechtsgültig, wenn eindeutig erkennbar ist, dass es sich um eine Kündigung handelt. Trotzdem ist die schriftliche Form aus Beweisgründen dringend zu empfehlen.  Gut zu wissen: Eine fristlose Entlassung kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn man glaubt, sie war unbegründet. Dafür hat man im Regelfall 14 Tage Zeit. Nach der Probezeit kann ein Lehrling nur aus wichtigen Gründen aufgelöst werden (zum Beispiel Diebstahl, grobe Pflichtverletzung, Lehrlinge haben somit einen besonderen Kündigungsschutz. Natürlich können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einig sein, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr sehr sinnvoll ist. Eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist gültig ab dem Moment der Unterzeichnung – ein Widerruf ist nur in seltenen Ausnahmefällen (zum Beispiel nachweisbarer Irrtum oder Drohung) möglich.
 

Arbeiten in der Karenz: Was erlaubt ist

In der Karenzzeit, also nach der Geburt eines Kindes, darf man laut vieler Vorstellungen gar nicht arbeiten. Doch das stimmt nur teilweise. Man darf während der Karenz eine geringfügige Beschäftigung ausüben. Je nach Art der Tätigkeit muss der bisherige Arbeitgeber aber zustimmen.

Arbeitsrecht Österreich vs. Deutschland: Die Unterschiede

Häufig hört man auch den Vergleich mit Deutschland: Dort gibt es „Minijobs“, die sozialversicherungsfrei sind. In Österreich gibt es diese Form der Beschäftigung nicht. Hier spricht man von „geringfügiger Beschäftigung“ – sie ist möglich, aber bringt nur eingeschränkten Versicherungsschutz.

Jugendliche im Job: Was Lehrlinge wissen müssen

Auch für Jugendliche gelten in der Arbeitswelt eigene Regeln. Wer unter 18 ist, darf bestimmte Arbeiten nicht machen – zum Beispiel keine gefährlichen Tätigkeiten, keine Nachtschichten und keine Arbeit über zwölf Stunden pro Tag. Das Jugendarbeitsrecht schützt junge Menschen ganz bewusst – auch wenn es manchmal als Einschränkung empfunden wird. Lehrlinge dürfen auch nur in Ausnahmefällen Überstunden machen – wenn doch, dann haben sie Anspruch auf Bezahlung oder Zeitausgleich, genau wie alle anderen Arbeitnehmer auch. Schließlich glauben viele, dass sie sich während der Arbeitslosigkeit komplett aussuchen können, welchen Job sie annehmen. Doch auch das ist ein Irrtum. Das AMS verlangt ab dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit Bewerbungsaktivität. Wenn man zumutbare Angebote ablehnt, kann das Arbeitslosengeld gekürzt oder gestrichen werden. Wird man krank oder hat man einen Unfall, muss man sich sofort beim Arbeitgeber melden. Das gilt, sobald man arbeitsunfähig ist – nicht erst am dritten Tag. Eine ärztliche Bestätigung kann aber oft ab dem dritten Tag verlangt werden, je nach Kollektivvertrag oder Firma. Vorsicht: Wer im Krankenstand ist und gleichzeitig woanders arbeitet, riskiert die Kündigung – außer es handelt sich nachweislich um eine Tätigkeit, die der Genesung nicht schadet und mit dem Arbeitgeber abgesprochen ist.

Was zählt zur Arbeitszeit – und was nicht?

Die Wegzeit von der Garderobe bis zum Arbeitsplatz zählt nicht zur Arbeitszeit, außer es ist anders geregelt (zum Beispiel in der Betriebsvereinbarung oder bei Schichtübergaben). Auch Mittagspausen zählen gesetzlich nicht zur Arbeitszeit. gesetzlich oder Betriebsvereinbarungen können jedoch etwas anderes vorsehen. Geld auch in Schulzeit. Auch während der Berufsschule, bei Prüfungen und bei gesetzlich geregelten Freistellungen bekommen Lehrlinge ganz normal die Lehrlingsentschädigung weitergezahlt.

Quellen & weiterführende Infos

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