Konfliktfeld Karriere: Kinder gegen Eltern
Inhalt
- Fähigkeiten und Vertrauen
- Reden, bevor es kracht
- Mitreden statt schweigen
- Orientierungshilfe
- Wissen als Wegweiser
- Praxistest
- Teamsache
Warum willst du denn jetzt das machen …? – Mama versteht plötzlich die Welt und ihr Kind nicht mehr. Papa sitzt daneben und schüttelt nur noch den Kopf. Schullaufbahn, späterer Berufswunsch, erste Weichenstellungen am Karriereweg: Themen, die in vielen Familien die Wogen hochgehen lassen. Teenager, die mit ihren Ideen und Wünschen auf Verständnis und Unterstützung gehofft haben, finden sich plötzlich zwischen den Fronten. Freude weicht Frust – und Unsicherheit. Umso mehr, wenn der Vertrauenslehrer womöglich auch noch mit weiteren Ratschlägen der Diskussion eine zusätzliche Dynamik verleiht.
Fähigkeiten und Vertrauen
"Eltern, Lehrkräfte und Kinder nehmen Fähigkeiten und Potenziale aus unterschiedlichen Perspektiven wahr", erklärt Julia Holzer, Bildungspsychologin an der Universität Wien. Lehrkräfte sehen Leistungen im Unterricht, Eltern das Verhalten zu Hause. Jugendliche selbst orientieren sich an Idolen und entwickeln eigene Interessen. In solchen Situationen sei es wichtig, die verschiedenen Perspektiven ernst zu nehmen, so der Appell der Expertin. Gerade junge Menschen profitieren davon, wenn sie erleben, dass Erwachsene sich Gedanken machen. Die Vertrauensbasis bildet die "Grundlage für gemeinsam überlegte nächste Schritte".
Reden, bevor es kracht
Entscheidend sei, Konflikte früh anzusprechen. "Kommunikation darf nicht erst dann stattfinden, wenn es schon ein Problem gibt", so Holzer. Regelmäßiger Austausch zwischen Eltern und Schule schafft Vertrauen und verhindert, dass Spannungen entstehen. Schwierige Gespräche sollten gut vorbereitet sein, mit klarem Fokus auf das Wohl des Kindes. "Schulpsychologen oder Beratungsstellen können zusätzlich helfen."
Wichtig ist, gemeinsam offen über Erwartungen, Wünsche und Möglichkeiten zu sprechen, bevor Missverständnisse entstehen.
Mitreden statt schweigen
Vor allem aber sollten Jugendliche selbst einbezogen werden. "Wenn Gespräche das Kind betreffen, sollten sie auch mit ihm geführt werden", so Holzer. Das stärke das Selbstwertgefühl und zeige: Die eigene Meinung zählt. Für Schülerinnen und Schüler heißt das: Klar sagen, was einem wichtig ist, und keine Angst haben, Fragen zu stellen.
Orientierungshilfe
Laut Expertin helfen auch spezielle Fakten-Checks durch möglichst objektive, eignungsdiagnostische Tests, um im dichten Bildungs- und Job-Dschungel nicht die Orientierung zu verlieren. Ein wichtiger Indikator ist dabei der "Person-Job-Fit". Dieser beschreibt, ob und wie die Fähigkeiten und Wünsche eines Berufseinsteigers zu den Herausforderungen und Aufgabenstellungen eines Jobs passen. Ein hoher Grad der Übereinstimmung führt meist zu besserer Leistung, höherer Zufriedenheit und geringerer Fluktuation. Ein schlechter "Person-Job-Fit" kann dagegen später nicht nur über-, sondern durchaus auch unterfordern.
Wissen als Wegweiser
Für Barbara Walenta, Insiderin bei „Teach For Austria“ (Organisation und Netzwerk für Bildungsfairness) lassen neben persönlichen Perspektiven vor allem „wirtschaftliche Notwendigkeiten, aber auch die Komplexität des Bildungssystems“ Konfliktlinien entstehen. Denn fehlendes Wissen im Elternhaus über Bildungswege, Berufsmöglichkeiten und den Arbeitsmarkt verstärken Unstimmigkeiten. Bildungsbiografien in der Familie oder das Geschlecht haben zudem großen Einfluss darauf, welche Potenziale Kindern zugeschrieben werden.
Studien zeigten, so Holzer, dass gerade Kinder aus bildungsbenachteiligten Familien sich Stereotypen schon früh bewusst sind – und sich selbst weniger zutrauen. „Umso wichtiger ist es, diese Stereotypen zu hinterfragen und Potenziale gezielt zu fördern.“ Der kulturelle Background kann die Erwartungen auch hochschrauben. Walenta: "Gerade Familien, die einen schwierigen Start in Österreich hatten, wünschen sich oft ein besseres Leben für ihre Kinder und streben daher Berufe an, die in ihren Herkunftsländern hohes Ansehen genießen. Hier ist es wichtig, verschiedene Wege aufzuzeigen, wie junge Menschen ein gutes, erfolgreiches Leben führen können.“
Das gemeinsame Ziel – nämlich die bestmöglichen Chancen für das Kind – sollte immer im Mittelpunkt stehen.
Praxistest
Praktika oder Begegnungen mit Menschen aus verschiedenen Berufsfeldern seien für alle Jugendlichen wertvoll. Walenta: „Gerade solche Erfahrungen öffnen neue Perspektiven und zeigen, dass es viele Wege zum Erfolg gibt.“ Ein Plan B könne ebenfalls sinnvoll sein. In manchen Ausbildungswegen gibt es eben nur sehr begrenzte Plätze.
Teamsache
Berufsorientierung: Es ist wichtig, gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen ihre Interessen und Stärken zu entdecken. So lässt sich erkennen, was ihnen Freude macht. Ziel ist es, viele verschiedene Bildungswege sichtbar zu machen. Praktische Erfahrungen helfen dabei, herauszufinden, was wirklich zu ihnen passt.
Familie einbeziehen: Eltern prägen den Bildungsweg ihrer Kinder. Damit sie unterstützen können, brauchen auch sie Infos über das Bildungssystem, Ausbildungswege und Berufsmöglichkeiten. Vorurteile, etwa gegenüber der Lehre, gilt es abzubauen. Es führen viele Wege zu Karriere, Studium oder Selbstständigkeit.
Nachbarschaft und lokale Unternehmen einbinden: Vorbilder, Praktika und Einblicke in Berufe aus dem Umfeld bereichern. Lokale Betriebe können zusätzlich Know-how einbringen und Jugendliche gezielt beim Einstieg ins Berufsleben unterstützen.