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Alice Weidel, AfD-Bundesvorsitzende, spricht auf einer Pressekonferenz vor einem blauen Hintergrund mit AfD-Logo und Mikrofonen.
Die AfD gilt als rechtsextremistisch und verfassungsfeindlich. Parteichefin Weidel kündigt rechtliche Schritte an.
Die AfD gilt als rechtsextremistisch und verfassungsfeindlich. Parteichefin Weidel kündigt rechtliche Schritte an.
Mike Schmidt / SZ-Photo / picturedesk.com

AfD jetzt offiziell als rechtsextrem eingestuft

02.05.2025 um 13:03, Stefanie Hermann
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Jetzt ist es offiziell: Der Verfassungsschutz stuft die gesamte AfD als verfassungsfeindlich ein. Überwachung und ein mögliches Verbot rücken näher.

Seit drei Jahren wird die AfD vom deutschen Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall geführt. Heute, 02. Mai, hat das Amt Ernst gemacht: Die Alternative für Deutschland wird nunmehr als gesichert rechtsextremistisch bestrebt eingestuft. Nach den Landesverbänden in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt gilt damit nun die gesamte Bundespartei offiziell als verfassungsfeindlich.

Eingehende Prüfung

Die Entscheidung folgt einer dreijährigen, umfassenden Analyse. Das Bundesamt berief sich auf seinen gesetzlichen Auftrag, Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beobachten und zu bewerten. Im Zentrum der Bewertung standen die Achtung der Menschenwürde, das Demokratieprinzip und das Rechtsstaatsprinzip. Untersucht wurden:

  • Die Programmatik und öffentlichen Äußerungen der Bundespartei
  • Aktivitäten im Bundestagswahlkampf und bei drei ostdeutschen Landtagswahlen
  • Die organisatorischen Entwicklungen innerhalb der Partei, insbesondere das Verhältnis zur Jugendorganisation „Junge Alternative“
  • Aussagen und Positionen führender Parteifunktionäre
  • Verbindungen der Partei zu rechtsextremen Milieus

Erlaubt waren im Zuge der Untersuchung auch nachrichtendienstliche Mittel wie Observationen, Bild- und Tonaufnahmen sowie der Einsatz sogenannter V-Leute, also Personen mit Zugang zu internen Informationen.

Einstufung als rechtsextrem: Menschenwürde verletzt

Wie das Bundesamt in einer Pressemitteilung darlegt, ist man nach der eingehenden Prüfung zu dem Schluss gekommen, dass die AfD in ihrer Gesamtheit eine gesichert rechtsextremistische Bestrebung darstellt. „Das in der Partei vorherrschende ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis ist nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar“, wird in der Mitteilung als maßgeblicher Grund genannt. „Konkret betrachtet die AfD zum Beispiel deutsche Staatsangehörige mit Migrationsgeschichte aus muslimisch geprägten Ländern als nicht gleichwertige Angehörige des durch die Partei ethnisch definierten deutschen Volkes.“

Das Volksverständnis der AfD würde ganze Bevölkerungsgruppen in Deutschland abwerten und in ihrer Menschenwürde verletzen, so die Vizepräsidenten des Bundesamts, Sinan Selen und Dr. Silke Willems.

Strenge Beobachtung und mögliches Verbot

Mit der neuen Einstufung sinkt die Schwelle für geheimdienstliche Maßnahmen weiter. Die Partei darf mit allen verfügbaren Mitteln des Inlandsgeheimdienstes überwacht werden. Die öffentliche Parteienfinanzierung könnte perspektivisch entzogen werden, wenn ein Verfahren nach dem Parteiengesetz eingeleitet wird. Ein direktes Parteiverbot ist nur durch die Initiative des Bundestags, Bundesrats oder der Bundesregierung möglich. Das Verfassungsschutzgutachten allein reicht dafür nicht aus, könnte aber als Grundlage dienen.

Die neue Einstufung sei das Ergebnis einer umfassenden und neutralen Prüfung, die einem mehr als tausend Seiten starken Gutachten nachzulesen ist, betont heute die deutsche Innenministerin Nancy Faeser und stellt klar: "Es hat keinerlei politischen Einfluss auf das neue Gutachten gegeben."

Reaktionen: Zwischen Zustimmung und Zurückhaltung

Besonders deutlich äußerten sich heute Grüne und Linke zur neuen Einstufung. Sina Imhof (Grüne, Hamburg): „Die AfD ist eine rechtsextreme Partei. Ihr Weltbild ist völkisch und ausgrenzend – und damit ein direkter Angriff auf die Menschenwürde und unsere Demokratie.“ Und weiter: „Wer demokratische Institutionen angreift, gehört nicht in Parlamente – sondern vor das Bundesverfassungsgericht.“ „Ein Verbot der AfD ist überfällig", hält Deniz Celik von der Hamburger Linken fest. Zudem kritisierte er die Bundesregierung der letzten Jahre: „Es waren regierende Parteien, die den Rechtsruck mitverantwortet haben.“

Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht sich offen gegen vorschnelle Verbotsforderungen aus: „Ich bin gegen einen Schnellschuss.“ Ein Parteiverbot sei „eine Sache, die man nicht übers Knie brechen darf.“

AfD zeigt sich kämpferisch

Die AfD hat in einer ersten Reaktion umgehend juristische Schritte angekündigt. Die beiden Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla erklärten: „Die Partei werde sich gegen diese demokratiegefährdenden Diffamierungen weiter juristisch zur Wehr setzen.“ Die Entscheidung sei „ein schwerer Schlag gegen die bundesdeutsche Demokratie“. Parteivize Stephan Brandner ortet gar eine „rein politische Kampfmaßnahme“.

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