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Mit günstigen Flixbus-Angeboten durch Europa zu reisen soll vor allem junge Generationen ansprechen.
Mit günstigen Flixbus-Angeboten durch Europa zu reisen soll vor allem junge Generationen ansprechen.
MARCEL VAN HOORN / ANP / PICTUREDESK.COM

Von der Überholspur an die Börse

06.12.2023 um 08:00, Klaus Schobesberger
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In nur 10 Jahren schaffte es Flixbus vom Startup zum größten Fernbusanbieter in Europa & den USA. Als potenzieller Börsenkandidat müssen sie noch überzeugen.

Der Name „Greyhound“ ist in Amerika so geläufig wie Coca-Cola oder Apple. Die silberglänzenden Fernreisebusse mit dem Windhund-Logo stehen für das Freiheitsgefühl der US-Nachkriegszeit und sind Teil der nationalen Identität. Wenn das 1914 vom schwedischen Einwanderer Carl Eric Wickman gegründete Busunternehmen nächstes Jahr sein hundertjähriges Jubiläum feiert, dann klingen auch in München im Bürogebäude an der Friedenheimer Brücke die Sektgläser. Dort sitzt der um neunzig Jahre jüngere Eigentümer der US-Ikone namens Flix SE. Der 2013 von drei Studenten ins Leben gerufene Mobilitätsdienstleister ist seit seiner Gründung auf der Überholspur. In nur zehn Jahren avancierte das Startup zum größten Fernbusanbieter in Europa. Die Marke Flixbus fährt in 40 Ländern fast 3.000 Destinationen an, bietet mehr als 400.000 Verbindungen und beschäftigt rund 5.000 Mitarbeiter. Außerhalb Europas ist Flix neben den USA in Kanada und Brasilien unterwegs. Nächstes Jahr ist der Markteintritt in Indien geplant – mit 1,42 Milliarden Menschen das bevölkerungsreichste Land der Welt. Mit der Übernahme der angeschlagenen Greyhound-Linie inklusive ihrer 1.000 Busse im Jahr 2021 ist Flix auch die Nummer eins auf dem US-Fernbusmarkt.

Lernen vom Silicon Valley
Gewöhnlich geben Gründer aus Amerika die Trends vor und die Europäer hecheln hinterher. Startups aus Europa, die in den USA erfolgreich den Markt aufrollen, lassen sich hingegen an einer Hand abzählen: Spotify, Klarna, HelloFresh – oder eben Flix. Hinter diesem außergewöhnlichen Wachstum steckt kein herkömmliches Busunternehmen, sondern ein schnell skalierbares Geschäftsmodell, das als Symbiose aus einem Franchisesystem à la McDonald’s und Plattformmodellen wie Airbnb beschrieben wird. Der Fernbusanbieter vermittelt die Fahrten und kümmert sich um Kundendienst, Netzplanung, Qualitätsmanagement oder das Marketing – und garantiert eine Mindestauslastung. Die grünen Busse – und seit 2018 auch Züge der Marke Flixtrain – werden von mittelständischen Vertragsunternehmen gefahren. Sie finanzieren die Fahrzeuge, sorgen für den grünen Anstrich und die notwendige Ausstattung, zahlen die Gehälter der Fahrer und tragen einen Großteil des Risikos. Einzig die Greyhound-Busse belasten die Bilanz von Flix. In Österreich ist Flixbus seit 2015 unterwegs. Kooperationspartner sind die Wiener familiengeführten Busunternehmen Dr. Richard und Blaguss. Ab einer Auslastung von 60 Prozent soll eine Flixbus-Linie Gewinn schreiben, was sich dann trotz knapp kalkulierter Preise auch für die Partnerunter- nehmen rechnet. Bleiben die Fahrgäste aus, wird eine Strecke wie jene von Linz nach Graz eingestellt. Die Gründe liegen im offenbar gut verkauften Klimaticket, das für Flix-Angebote nicht genutzt werden kann, sowie einer verbesserten ÖBB-Zugverbindung zwischen den bei- den Städten. Auch in Deutschland wurden nach der Einführung des 49-Euro-Tickets Frequenzen ausgedünnt und die Taktung bei einigen Strecken reduziert.

André Schwämmlein
André Schwämmlein, Gründer und CEO von Flix SE, macht mit Flixtrain der Deutschen Bahn Konkurrenz

1,5 Milliarden Euro Umsatz
Diese Ungleichbehandlung ärgert die Flix-Partner, die während der Coronapandemie schwer unter der Last hoher Einnahmeausfälle bei unveränderten Leasingkosten zu leiden hatten. Für Co-Gründer und Flix-CEO André Schwämmlein unverständlich, weil für ihn Fernbusse das CO2-ärmste Verkehrsmittel sind. Dieser Gedanke spielte bei der Gründung eine Rolle. Man nutzte die Chance eines deregulierten Busmarkts in Deutschland, um unternehmerisch tätig zu werden –
und gleichzeitig etwas zu machen, das für die Gesellschaft relevant sein kann. Busfahren sollte wieder cool werden, junge Leute aus Autos und Flugzeugen holen. Mit dieser Wachstumsstory überzeugte man früh erste Investoren wie MercedesBenz. An Bord sind namhafte Investoren wie General Atlantic, Permira, TCV, HV Capital, Blackrock, Baillie Gifford und Canyon Partners. Die drei Gründer, André Schwämmlein, Jochen Engert und Daniel Krauss, halten rund 25 Prozent der Anteile. Heuer hat das Unternehmen erstmals Geschäftszahlen veröffentlicht. Demnach liegt der Umsatz für das Jahr 2022 bei etwas mehr als 1,5 Milliarden Euro. Der Halbjahresumsatz 2023 wurde auf 860 Millionen Euro beziffert, ein Plus von 54 Prozent, und die operative Marge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen auf 3 Prozent. Im Vorjahr zählte man 60 Millionen Fahrgäste, in den ersten sechs Monaten des Jahres 2023 nutzten nach eigenen Angaben 36 Millionen die Flix-Angebote – ein Plus von 53 Prozent. Für Schwämmlein wird die „globale Wachstumsstory“ weitergeschrieben.

60 Millionen

Wachstum kostet Geld
Das Wachstum samt den Übernahmen der europäischen Sparte von Megabus oder Greyhound kostet Geld – für das amerikanische Traditionsunternehmen blätterte Flix umgerechnet 148 Millionen Euro hin. Zuvor erhielt das Unternehmen rund 531 Millionen Euro an Kapital. Diese Finanzierungsrunde liegt nun auch schon mehr als zwei Jahre zurück. Seit dem Markteintritt in die USA im Jahr 2018 halten sich Gerüchte um einen baldigen Börsengang. 2019 hieß es, Flixbus sei für ein Listing bereit. Auch heuer wollte sich Schwämmlein nicht festlegen, ein IPO sei lediglich eine Option. Drei Banken sollen aber als Berater bereits ausgewählt worden sein: JPMorgan, Goldman Sachs und BNP. Der Unternehmenswert von Flix wird mit drei Milliarden Dollar taxiert. Das Um und Auf ist der Erfolg in den Vereinigten Staaten. Der Kauf von Greyhound mit seinen 3.800 Stopps und vielen eigenen Stationen war laut Schwämmlein die richtige Entscheidung. „Die Netze ergänzen sich sehr gut, während Flixbus stark auf den Hauptstrecken zwischen den Metropolen unterwegs ist, hat Greyhound ein landesweites Netz.“ Außer- dem sei Greyhound eine in den gesamten USA bekannte Marke. „Es hätte sehr lange gedauert, das für Flixbus aufzubauen“, bekennt Schwämmlein.

Greyhound
Hoch gepokert: Mit der Übernahme von Greyhound ist Flixbus zur Nummer eins in Amerika aufgestiegen.

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