Budgetäre Herausförderung
Inhalt
- „Förderalismus“ – ein Kampfbegriff?
- Tetris statt Dschungel
- Steht Innovation am Spiel?
- Stark ideologiegetrieben
Zuerst einmal die nackten Zahlen: Österreich gab laut „Förderungsbericht 2023“ (2024 ist noch nicht verfügbar) 6,9 Prozent des BIP für Förderungen aus. Damit liegen wir deutlich über den 6,2 Prozent in der EU bzw. den 6,4 Prozent in der Eurozone. Österreich ist Nummer sieben in der EU, wenn es um Förderungen geht. Die drei größten Profiteure sind dabei die Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft mit 2,35 Mrd. Euro, Wirtschaft mit 1,74 Mrd. Euro sowie Klima, Umwelt und Energie mit 1,4 Mrd. Euro. In Summe wurden 11,29 Mrd. Euro an Förderungen ausgeschüttet, was einem Anteil von 10,2 Prozent der Gesamtzahlungen des Bundes entspricht. Angemerkt sei, dass 2023 noch von Post-Covid-Sonderförderungen gekennzeichnet war. So weit, so theoretisch. Doch was verbirgt sich hinter den Zahlen und welchen Effekt haben diese Summen? Der Unternehmensberater Albert Gerlach ist seit 15 Jahren Förderberater und externer Gutachter. Er warnt vor Schnellschüssen, gerade bei den Themen „Wirtschaft“ und „Wissenschaft“. „Wirtschaftsförderungen abzudrehen wäre ein schwerer Fehler. Die Unternehmen werden schließlich unterstützt, ein gewisses Risiko abzufedern. Man würde damit sehr viel an Investitionen und Innovation abdrehen. Wenn unsere kleinteilige Wirtschaft nicht investiert, verliert sie den Anschluss an die internationalen Märkte.“ Viele erfolgreich umgesetzte Projekte, die Gerlach begleitet hat, würden ohne Förderung nicht existieren.
„Förderalismus“ – ein Kampfbegriff?
Kritiker hingegen sehen einen ausgewachsenen „Förderalismus“. Gerlach kontert: „Bei expliziten Wirtschaftsförderungen ist eine Überförderung kaum vorstellbar und es gibt auch keine Doppelförderungen, die sind auch nicht erlaubt. Es ist alles in der Transparenzdatenbank nachvollziehbar. Der Begriff ‚Überförderung‘ ist für mich daher ein polemischer Begriff.“ Für Gerlach stehen hinter Förderungen klare Ziele: „Wenn die Regierung aus dem Gas raus will, muss gezielt gefördert werden. Wenn man die Energiesparthemen jetzt wieder abdrehen will, macht man einen großen Fehler. Daran hängen viele Jobs, etwa bei Wärmepumpen- oder PV-Anlagen. Stoppt man das, dann gehe ich von mindestens 5.000 verlorenen Jobs im nächsten halben Jahr aus. Und vergessen wir nicht: Dieses ‚raus aus Öl und Gas‘ ist ja nicht auf Private beschränkt, sondern betrifft auch Unternehmen.“

Tetris statt Dschungel
Förderungen, so Gerlach, hätten meist eine Hebelwirkung. „Projekte mit einem nachvollziehbaren Beschäftigungseffekt bringen mehr, als sie kosten. Der Staat profitiert, wenn damit neue Arbeitsplätze geschaffen werden und Wirtschaftswachstum erzielt wird. Förderungen ermöglichen die Internationalisierung und das Eröffnen neuer Märkte. Sie federn ein gewisses Risiko ab.“ Der Wiener Wirtschaftskammer-Funktionär hat auch den Blick auf andere Länder und deren Förderpolitik. Er veranstaltet etwa Innovationsreisen. Von allen könne man lernen, jedes Land fördert auf seine Weise, etwa Estland. „Ich kann eine e-Residency in Estland erwerben und in ein paar Minuten eine Firma gründen. Damit haben vor allem Nicht-EU-Firmen sofort einen Fuß in der Union. Wenn diese Firmen in Estland investieren, zahlen sie auch keine Steuern.“ Steuern fallen bei e-Residency-Unternehmen erst auf ausgezahlte Unternehmensgewinne an. Ein klassischer Fall von indirekter Förderung. Apropos EU: Die in Österreich ausgeschütteten Fördermittel werden zweckgewidmet von der EU mitfinanziert. Vor allem der EFRE (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung) speist viele Fördertöpfe. Für Gerlach ist auch der oft zitierte „Förderdschungel“, der große Unternehmen mit dementsprechender Expertise bevorzugen würde, eine polemische Bezeichnung. „Die Kritik am Förderdschungel ist zwar nicht ganz unberechtigt, aber es ist auch nicht so kompliziert wie oft dargestellt.“ Wer sich damit beschäftigt bzw. Berater an Bord holt, der hat gute Chancen, zu einer Förderung zu kommen. Es sei relativ leicht, den Durchblick zu bewahren, so der Experte. „Es ist kein Dschungel. Ich würde es mehr mit Tetris vergleichen. Man holt aus unterschiedlichen Förderprogrammen ein paar Bausteinchen und packt es zu einem großen Ganzen zusammen.“

Steht Innovation am Spiel?
Auch die Kritik an den diversen Förderstellen sowie an den verschiedenen Ebenen wie EU, Bund, Land oder Gemeinden lässt Gerlach nicht gelten. „Die einzelnen Förderstellen sind definitiv sehr zielgerichtet aufgestellt. Die FFG etwa ist ganz spezifisch und fokussiert. Sie ist der größte Förderer der österreichischen Weltraum-Branche.“ Für die Forschungsförderung wurde laut „Förderungsbericht 2023“ etwas mehr als eine Milliarde Euro ausgegeben. „Auch Landesförderungen ergeben Sinn, weil hier ebenfalls viel EFRE-Geld hineinfließt. Die Steiermark hat andere Ziele als Wien. Steirische Landesförderungen zielen auf Unternehmen außerhalb des Kernbereichs Graz ab. Sie sollen das Umland unterstützen. In Wien gibt es kein Land-Stadt-Gefälle und damit gibt es auch andere Bedürfnisse. Jedes Bundesland ist in seiner Struktur und dem Branchenmix komplett anders zu bewerten.“
Stark ideologiegetrieben
Besonders in der Kritik stehen die Umweltförderungen, wie aus den Koalitionsverhandlungen zu hören ist. „Dabei vermischt man etwas. Den Klimabonus abzuschaffen ist nicht eine Förderung abzuschaffen, sondern man führt streng genommen eine Steuer ein, was man ja eigentlich nicht will.“ Gerade das Beenden von Klimaschutzmaßnahmen könnte sich, so Gerlach, als Bumerang erweisen. „Man kann damit ganze Branchen abdrehen. Die Frage ist, ob es sinnvoll ist, Energieziele abzudrehen, denn dann wird man in EU-Strafzahlungen reinlaufen.“ Gerlach spitzt zu: „Das kommt mir ein bisschen wie die Zusammenlegung der Krankenkassen und die Patientenmilliarde vor. Ich bin seit über 40 Jahren in der IT und weiß, was es bedeutet, wenn zwei Unternehmen plötzlich zusammenarbeiten sollen. Mergers & Acquisitions funktioniert da nicht. Bei den Krankenkassen war das ähnlich. Damals hat man sich nicht überlegt, wie man auf diese Summe kommt.“ Förderungen, so Gerlach, seien stets ein politisches Instrument. Er verweist auf Kärnten: „Das ist leider sehr ideologiegetrieben. Wenn ich keine Windräder bauen kann, weil das Bodenversiegelung ist, dann ist das eine politische Sache. Wenn der Klimawandel als linkswoke Geschichte gesehen wird, ist das eine Verweigerung.“ Ein Förderstopp oder hohe Kürzungen brächten möglicherweise kurzfristig etwas, „aber langfristig ist es nicht zielführend. Ausgabenseitig ein Budgetloch zu stopfen, das man selber verursacht hat, um die eigene Klientel ruhigzustellen, wird so nicht funktionieren. Wenn man so massiv eingreift, hat man wesentlich weniger Beschäftigung bzw. würde die Wettbewerbsfähigkeit einschränken. Viele könnten Investitionsrisiken nicht mehr tragen und damit würde wesentlich weniger Innovation entstehen. Es gibt bereits Unternehmen, die sich bei großen Projekten zurückhalten, aber wenn sie eine Chance bekommen, tun sie es. Förderungen sind ja kein Geschenk, sondern ein Tool des Risikomanagements“. Wie das Thema ausgehen wird und welche Zahlen wir dann in zwei Jahren im „Förderungsbericht 2025“ tatsächlich lesen werden, wird sich in den nächsten Wochen entscheiden.