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Marlene Schatzdorfer
Marlene Schatzdorfer war ursprünglich Profimusikerin. Heute spielt sie im Familienbetrieb die erste Geige.
Marlene Schatzdorfer war ursprünglich Profimusikerin. Heute spielt sie im Familienbetrieb die erste Geige.
SCHATZDORFER GERÄTEBAU

Marlene Schatzdorfer: "Kein Spaziergang"

18.06.2023 um 12:00, Klaus Schobesberger & Jürgen Philipp
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Eigentlich hätte Marlene Schatzdorfer nur ein paar Monate einspringen sollen. Mittlerweile sind es drei Jahre und sie ist gekommen, um zu bleiben.

CHEFINFO: Sie haben, wie Ihre Mutter auch, ursprünglich einen anderen Karriereweg eingeschlagen. Was hat Sie dann doch noch ins Familienunternehmen gebracht?
Marlene Schatzdorfer: Ich hatte mehrere Berufe. Ich habe im Familien­unternehmen Bürokauffrau gelernt. Danach habe ich mich mit einer Event­agentur selbstständig gemacht und zehn Jahre lang Messestände gebaut und Promotionaktionen begleitet. 2010 bekam ich ungeplant ­Zwillinge. Aus diesem Grund schlug ich die Musikerinnenlaufbahn ein. Zum einen ­wollte ich immer schon Musikerin werden, zum anderen ist das der perfekte Mama-Job. Man ist Freitag und Samstag unterwegs und unter der Woche zu Hause. Zehn Jahre lang habe ich hauptberuflich Musik gemacht. Ich war zum einen als Marlen Billi mit Schlagern unterwegs und hatte zum anderen ein House-Projekt mit E-Geige als Cat ­LaGroove. 2016 wurde ich in Deutschland zur bestkochenden Sängerin gewählt (lacht). Dazu habe ich zwei Plattenfirmen gegründet, bis 2020 alle Bühnen geschlossen wurden. Schon nach drei Monaten Pandemie ist mir fad geworden. Just in diesem Moment hat meine Mama gemeint, sie ­brauche interimsmäßig für ein paar Monate jemanden für die Leitung der internen Logistik. Wenn in der Familie der Hut brennt, ist man natürlich da. Ich habe gleich in der ersten Woche den Staplerschein gemacht und ­wusste sofort, um was es geht. Dann habe ich in der Produktion mitgeholfen. Nach einem Dreivierteljahr hat meine Mama gefragt, ob ich bleiben wolle, und nach einiger Zeit des Überlegens habe ich zugesagt. Unternehmerin zu sein macht man nicht wegen des Geldes oder des Ansehens, denn es ist eine massive Verantwortung damit verbunden. Doch man kann für viele etwas bewirken, sichere Jobs und eine gute Ausbildung für die Mitarbeiter schaffen, hinter denen wieder eine Familie steht.

Gertrude und Marlene Schatzdorfer
Gertrude Schatzdorfer-Wölfel übergibt an ihre Tochter Marlene, deren Schwester Elisa sitzt im Beirat.

Wie haben Sie Ihre Kindheit als Teil eines Familienbetriebs erlebt und was geben Sie Ihren Kindern mit?
Schatzdorfer: Für mich ist der Geruch nach Werkstatt von Kindesbeinen an vertraut. Wir durften als Kinder alles selbst ausprobieren. Auch meine Zwillinge wachsen im Umfeld des Unternehmens mit auf. Technik­affin sind wir ohnehin alle in der Familie. Doch in Familienbetrieben ist die Firma ständig präsent. Wichtig dabei ist, wie die Firma bei den Kindern präsent ist und ob sie positiv oder negativ besetzt ist. Man sollte Kinder ­daran partizipieren lassen. Sie sollen von der Pike auf das Unternehmen kennenlernen. Es bringt nichts, wenn man BWL studiert und sich dann im Businesskostümchen mit Lackschuhen ins Büro setzt. Man muss ganz nahe am Mitarbeiter sein, und das sind wir. Als ich in der ­Produktion gearbeitet habe, war es eine Art der Wertschätzung, dass die Tochter der Chefin die gleichen Arbeiten und sich dabei die Finger dreckig macht wie alle anderen auch. Diese Erfahrung macht einen stolz. Stolz auf jeden einzelnen Mitarbeiter, stolz wenn man sieht, welche Teile unser Haus verlassen. Das ist kein Spaziergang. Leistung bringen ist wichtig, nicht nur anschaffen, sondern auch anpacken. Und Leistung wird bei uns belohnt.

Es bringt nichts, wenn man BWL studiert und sich dann im Businesskostümchen mit Lackschuhen ins Büro setzt. Man muss ganz nahe am Mitarbeiter sein.

Marlene Schatzdorfer

Wie läuft der Übergabeprozess von der Mutter zur Tochter bei Ihnen konkret ab?
Schatzdorfer: Wir haben einen klassischen, sehr professionellen Übergabeprozess, der auch extern begleitet wird. Der Prozess läuft richtig gut. Meine Mama und ich sind uns total ähnlich. Ich habe heute schon zu ihr gesagt: Eigentlich könntest du das Interview machen, es würde nicht auffallen. Von der Stimme bis zur Art der Formulierung, bis hin, wie wir ticken, sind wir uns sehr ähnlich. Wir sind ­beide sehr pragmatisch und lösungsorientiert. Wenn es ein Problem gibt, haben wir drei bis fünf Lösungen parat. ­Meine Mama zieht sich nun sukzessive zurück, bleibt aber ein Fels in der Brandung. Sie vertraut mir total, und das ist zentral in diesem Prozess. ­Meine Mama, sie ist gelernte Kindergärtnerin, wollte ursprünglich auch nicht in die Firma. Doch heute sagt sie: Die ­Firma Schatzdorfer soll es 200 ­Jahre und darüber hinaus geben und sie soll in der Familie bleiben. Wir haben daher eine Familiencharta und einen Strategie­beirat. Es gibt also ein Kons­trukt, damit die Firma in unserer Hand bleibt. ­Meine Schwester sitzt in diesem Beirat. Die Führungsspitze bleibt also weiblich. Wir liegen mit 25 Prozent Frauenanteil im ganzen Unternehmen relativ hoch in der Metallbranche. Detail am Rande: Ich und meine Schwester haben je zwei Töchter.

Werden Sie bei einer Unternehmensfeier wieder „aufgeigen“, sprich musizieren?
Schatzdorfer: Die Musik habe ich komplett ad acta gelegt. Wenn ich etwas mache, mache ich es voll und ganz. Bei Weihnachts­feiern greift meine Mama zur ­Gitarre, ein Mitarbeiter begleitet sie am Akkordeon. Eine Firma, bei der die Chefin selbst zur Gitarre greift, ist wohl eher selten.


Zum Unternehmen

Der Vater von Gertrude Schatzdorfer-Wölfel baute 1958 das Unternehmen am ­heutigen Standort in Zipf auf. Seine Tochter Gertrude, die zweite Generation, setzte auf innovative Technologien und Unternehmensführung. Heute steht Schatzdorfer für Metallbearbeitung von Laserschneiden, Stanzen, Kanten, Schweißen und Fräsen bis hin zur Oberflächenbehandlung. Nun übergibt sie an ihre Töchter. Marlene Schatzdorfer übernimmt die Geschäftsführung, ihre Schwester Elisa kümmert sich im Beirat um die Strategie. Das Unternehmen beschäftigt rund 100 Mitarbeiter, davon neun Lehrlinge, und hat mit 25 Prozent einen branchen-
unüblich hohen Frauenanteil.

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