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Sigrid Burkowski
Sigrid Burkowski
Hermann Wakolbinger

Gute Führung ist geschlechtsunabhängig

25.10.2023 um 08:00, Klaus Schobesberger
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Sigrid Burkowski zog am 1. Juli in den Vorstand der Raiffeisenlandesbank OÖ ein und verantwortet die Bereiche Governance, Compliance, Recht und Nachhaltigkeit.

Immer mehr Frauen erobern Vorstandsebenen, Sie sind das beste Beispiel dafür. Wie nehmen Sie die Entwicklung wahr?
Es hat sich in den letzten Jahren einiges getan und in vielen Branchen ist eindeutig ein Nachholeffekt zu bemerken – auch bei den Banken. Mittlerweile werden Frauen in Führungspositionen sichtbarer und immer mehr Unternehmen setzen sich dahingehend konkrete Ziele. Was mir wichtig ist: Ich habe weder meine Karriere dem Familienleben noch die Familie meiner Karriere geopfert, sondern immer versucht, beides in einem ausgewogenen Verhältnis zu halten. Als meine Kinder kleiner waren, habe ich Teilzeit gearbeitet, und ich war dann sehr froh, dass ich mich dann wieder Vollzeit in verantwortungsvollen Stellen weiterentwickeln konnte.

Wo hakt’s heute noch?
Frauen sind oft zögerlicher, wenn es darum geht, sich etwas zuzutrauen. Plakativ gesprochen: Wenn zehn Kriterien für einen Job zu erfüllen sind und eine Frau kommt nur auf acht, dann denkt sie: Das kann ich nicht. Wenn ein Mann vier Kriterien erfüllt, sagt er: Vier kann ich gut und die anderen sechs lerne ich. Das ist in Wahrheit ein besserer Zugang. Frauen neigen stärker zum Perfektionismus und zur Kontrolle, wenn sie meinen, zu Hause müsse immer alles perfekt in Ordnung sein. Oft geht es auch nur darum, sich als junge Mutter zu entscheiden, ein paar Stunden mehr zu arbeiten. Da hat uns Corona mit dem Homeoffice für die Arbeitswelt eines der wenigen guten Dinge beschert. Man ist heute ein bisschen flexibler und muss nicht täglich lange Anfahrtszeiten ins Unternehmen auf sich nehmen. Dennoch ist es skandalös, wie weit Österreich von einer ganztägigen Kinderbetreuung und einem modernen Schulsystem wie in anderen Ländern weg ist. Meine Schwiegertochter und mein Sohn stehen mit zwei kleinen Kindern zum Teil vor denselben Problemen wie mein Mann und ich vor drei Jahrzehnten. Gesellschaftspolitisch ist da sehr, sehr wenig passiert.

 

 

Frauen sind oft zögerlicher, wenn es darum geht, sich etwas zuzutrauen.

Sigrid Burkowski, Vorstand Raiffeisenlandesbank OÖ

Wie viel ist einem als Führungskraft mitgegeben und was kann man sich im Job aneignen?
Ich hatte eine Großmutter, die Unternehmerin war, und eine Mutter, die ein Unternehmen geleitet hat. Es war zu Hause nie so, dass die Erwerbsarbeit den Männern vorbehalten war. Wenn eine Arbeit für mich Sinn macht, dann mache ich sie gerne. Genauso wie ich mich meinen Kindern mit Freude gewidmet habe, packe ich beim Job an. Eine gewisse positive Herangehensweise ist einem vielleicht angeboren, aber man kann sich schon gewisse Dinge aneignen. Etwa, nach einem Rückschlag nicht aufzugeben, sondern zu sagen: Jetzt will ich’s erst recht wissen.

Führen Frauen anders als Männer?
Gute Führung ist in meiner Wahrnehmung geschlechtsunabhängig. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass man spürt, was Mitarbeiter brauchen, damit sie gut arbeiten können, und Rahmenbedingungen dafür schafft. Mitarbeiter brauchen klare Vorgaben und man muss sie fair behandeln. Was Mitarbeiter genauso wenig wie Kinder ertragen, ist Ungerechtigkeit. Frauen sind in der Führung vielleicht ein bisschen weniger eitel als Männer, wo bisweilen das eigene Ego und die Position im Vordergrund stehen. Aber ich glaube auch nicht daran, dass Frauen die besseren Menschen sind. An sich sinnvolle Diskussionen sind teils zu ideologisch geprägt.

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