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Daniel Tschofenig im Trikot des Gesamtweltcupführenden in Planica mit der Trophäe für den Gesamtweltcupsieg in Skispringen
Die ÖSV-Adler gelten auch diesen Winter als große Favoriten im Skispringen.
Die ÖSV-Adler gelten auch diesen Winter als große Favoriten im Skispringen.
APA-Images / REUTERS / Borut Zivulovic

Skispringen: Das sind die großen Favoriten

18.11.2025 um 12:14, Marcel Toifl
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Der Skisprung-Winter startet in Lillehammer in die neue Saison. Die ÖSV-Adler gelten erneut als die großen Gejagten. Das sind die Favoriten.

Am Freitag geht der Weltcup im Skispringen in die nächste Runde. Die Saison startet mit einem Mixed-Team-Bewerb im norwegischen Lillehammer. Höhepunkt der Saison sind die Olympischen Winterspiele 2026 in Italien, bei denen die Skisprung-Wettbewerbe in Predazzo im Val di Fiemme stattfinden sollen. Für die Männer findet zusätzlich die Skiflug-Weltmeisterschaft 2026 in Oberstdorf (Deutschland) statt. Die Favoriten bleiben ähnlich wie letzten Winter, auch Newcomer können in den Bewerb eingreifen.

Daniel Tschofenig als Gejagter

Daniel Tschofenig steht im Zentrum der Aufmerksamkeit. Er holte in der Vorsaison die große Kristallkugel und die Vierschanzentournee, er sammelte acht Weltcup-Siege und eine Serie an Podestplätzen. Der Kärntner hielt das Führungstrikot vom Tournee-Start bis zum Finale in Planica. Die Zahlen setzen eine klare Marke. Tschofenig beendete den Winter mit 1.805 Punkten, deutlich vor der Konkurrenz.

Der Tonfall des Titelverteidigers wirkt erstaunlich gelassen. Tschofenig sagte im Interview mit dem ORF, die vergangene Saison sei „sehr genial“ gewesen; dazu setzte er den beruhigenden Satz: „Was ich erreicht habe, das kann mir keiner mehr nehmen.“ Aus der alten Saison könne er nichts mitnehmen, Lillehammer markiere für ihn einen Neustart.

Im Sommer gab es ein schrittweises Comeback nach einer Verletzungspause. Tschofenig griff punktuell in den Sommer-Grand-Prix ein und landete mit bloß vier Starts auf Rang neun der Gesamtwertung. Er bleibt die Messlatte, an der sich alle anderen orientieren müssen.

Hörl und Kraft als ÖSV-Druckmacher

Direkt hinter Tschofenig rangierten letzten Winter zwei Landsleute. Jan Hörl sicherte sich Rang zwei mit 1.652 Punkten, Stefan Kraft folgte als Dritter mit 1.290 Zählern. Beide sprangen fast jede Station, beide standen dauernd in den Top zehn. Auch diese Saison führt kein Weg an den ÖSV-Adlern vorbei.

Jan Hörl setzte bereits beim Auftakt ein Zeichen. In Lillehammer holte er einen Sieg und mehrere Podestplätze, in Engelberg legte er nach. Bei der Vierschanzentournee blieb er permanent vorne dabei, dazu glänzte er in Teambewerben. Hörl verkörperte den direkten Druck im eigenen Lager. Tschofenig nannte ihn ausdrücklich als scharfen Rivalen im österreichischen Team.

Stefan Kraft blieb die Konstante im Weltcup-Zirkus. Er triumphierte in Oberstdorf und Innsbruck, er kämpfte um den Tourneesieg bis Bischofshofen. Über die Saison verteilt sammelte er Podestplätze sowie wichtige Punkte im Nationencup. Selbst wenn die Serie der ganz großen Titel für Kraft eine kurze Pause nahm, blieb seine Basisleistung enorm hoch.

Der Sommer-Grand-Prix bestätigte die Stärke des Duos. Hörl trat nur viermal an und landete trotzdem auf Platz acht der Gesamtwertung. Kraft holte mit ebenfalls wenigen Einsätzen dreistellige Punkte. Die interne Konkurrenz beschrieb Tschofenig als Motor im Team; sie sorge für ständige Motivation und Perspektive.

Für den Olympiawinter ergibt sich damit ein österreichisches Dreieck an der Spitze. Tschofenig trägt das Gelbe Trikot aus der Vorsaison, Hörl und Kraft drücken von hinten. Jeder kleine Fehler im Team kann sofort ein Landsmann ausnutzen.

Pius Paschke, der ruhige Routinier

Der deutsche Beitrag zur Favoritengruppe heißt Pius Paschke. Seine Vorsaison begann furios. Schon in Lillehammer stand er mehrfach ganz oben. In den ersten acht Einzelwettbewerben feierte er fünf Siege, dazu zwei weitere Podestplätze. Der Routinier reiste als Gesamtweltcupführender nach Engelberg.

Dann folgte der Rückschlag. In Engelberg verpasste Paschke die Spitzenplätze, bei der Tournee reichte es im Gesamtklassement nur für Rang sechs. Er beschrieb diese Phase trotzdem als sehr hilfreich. Er sagte, er habe „extrem viel gelernt“, gerade weil nicht alles funktionierte.

Im Gespräch mit Eurosport zeichnet er das Bild eines gereiften Springers. Der entscheidende Satz lautet: „Den größten Druck macht man sich selbst.” Er müsse die Ruhe bewahren und Störgeräusche von außen ausblenden, betont Paschke. Außerdem wolle er seiner Materiallinie treu bleiben, nachdem er in der vergangenen Saison zu viel probiert habe.

Im Gesamtweltcup beendete er den Winter auf Rang fünf mit 1.006 Punkten. Damit schob er sich als einziger Deutscher in die Top fünf. Für Lillehammer ergibt sich eine reizvolle Konstellation. Der ÖSV-Block dominierte die Tabelle, doch Paschke bringt die Erfahrung und die Lernkurve aus einem komplizierten Jahr mit. Sein Ziel einer konstanten Saison passt exakt zur speziellen Schanze in Lillehammer.

Lanišek und die Spätform der Slowenen

Die Vorsaison endete mit einem slowenischen Ausrufezeichen. Domen Prevc entschied die Planica-7-Wertung für sich, er gewann das Skifliegen in Oberstdorf und Planica. Die letzten Wochen gehörten ihm, vor allem auf den großen Schanzen. Zugleich mischte er bei der „Raw Air“-Tour vorne mit.

Über die komplette Weltcup-Serie betrachtet, blieb jedoch ein anderer Slowene konstanter. Anže Lanišek holte den vierten Platz im Gesamtweltcup mit 1.056 Punkten. Er stand bei Raw Air auf dem Podium, gewann in Lahti und sammelte auch im Mittwinter verlässlich Punkte.

Im Sommer-Grand-Prix trat er nicht als Vielstarter auf; die slowenische Mannschaft verteilte die Einsätze breit. Dafür unterstrich er im Frühjahr seine Stabilität. Für eine lange Saison mit vielen Normal- und Großschanzen eignet sich Lanišek ideal als Gesamtweltcup-Kandidat. Prevc bleibt dagegen der Spezialist für die Flugwochenenden.

Hinzu kommt die Ausgangslage bei den Anzugregeln. Nach dem norwegischen Betrugsskandal verschärfte der Weltverband das Reglement. Tschofenig betonte, Österreich habe einen funktionierenden Anzug gefunden. Slowenien zählt traditionell zu den Teams mit hoher Materialkompetenz. Diese Kombination aus stabiler Technik und sauber angepasstem Anzug kann gerade im frühen Winter ein Vorteil werden.

Zusammengefasst steigt die slowenische Achse spät in der Vorsaison voll in den Kampf ein. Lanišek bringt die Konstanz, Prevc die Explosivität auf den Flugschanzen. Für Lillehammer rückt vor allem Lanišek in die erste Reihe der Favoriten.

 

Quellen und weiterführende Informationen

  • ORF Sport: Tschofenig hat Lust auf nächste Traumsaison – Interview vor dem Weltcupstart in Lillehammer
  • Eurosport: Pius Paschke im Exklusiv-Interview – Rückschläge, Konstanz und Olympia-Ziel
  • skispringen.com: Gesamtwertung Weltcup 2024/2025 der Männer
  • skispringen.com: Gesamtwertung Sommer-Grand-Prix 2025 der Männer
  • Wikipedia: Skisprung-Weltcup 2024/25 – Überblick über Kalender und Resultate

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