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Robert Palfrader gibt als seine Majestät Robert Heinrich I. in der Sendung "Wir sind Kaiser" eine Audienz.
Der Durchbruch gelang Robert Palfrader als Robert Heinrich I. in "Wir sind Kaiser".
Der Durchbruch gelang Robert Palfrader als Robert Heinrich I. in "Wir sind Kaiser".
Hans Leitner/Wir sind Kaiser/ORF

Palfrader politisch privat: "Wer Familie ist, bestimme ich"

21.02.2024 um 16:20, Stefanie Hermann
min read
Private Einblicke und politische Positionen: Kaiser und Neo-Romanautor Robert Palfrader über die Bedeutung von Familie, Herkunft und seine Südtiroler Wurzeln.

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Robert Palfrader hat sich als seine Majestät Robert Heinrich I in "Wir sind Kaiser" einen Namen gemacht. Heute ist der 55-jährige Schauspieler und Kabarettist aus der österreichischen TV-Landschaft nicht mehr wegzudenken. Jetzt ist der Kaiser in ein neues Kleid geschlüpft – und hat dafür schweren Stoff gewählt. Mit "Ein paar Leben später" legt Palfrader seinen ersten Roman vor. Die neue Rolle als Autor steht ihm dabei außergewöhnlich gut.

Palfraders Familie: Fakt und Fiktion

weekend    Was hat Sie bewogen, das Buch zu schreiben?
Robert Palfrader:
Ich habe immer gewusst, dass wenn ich jemals ein Buch schreiben würde, dann wäre es die Geschichte der Familie meines Vaters. Mein Vater hatte fünf Staatsbürgerschaftszustände. Obwohl er nur in Südtirol, Niederösterreich und Wien gelebt hat. Ich fand es interessant, wie Teile eines Lebens Spielball von höheren Mächten und Zufällen sein kann. Das gilt für jedes Leben auf diesem Planeten. Jeder andere Mensch verdankt seiner Existenz Myriaden von Zufällen. Ich bin mit der Idee, dieses Buch zu schreiben, schon sehr, sehr lange schwanger gegangen.

Das macht einen Unterschied, ob man als Sohn eines syrischen Flüchtlings oder von Didi Mateschitz auf die Welt kommt.

Robert Palfrader

weekend    Ein bisschen hat man ja schon das Gefühl, dass jeder Kabarettist jetzt auch ein Buch schreiben muss.
Robert Palfrader:
Es ist kein Buch, das ich jetzt geschrieben habe, weil jeder ein Buch schreibt. Das war einfach der Anspruch, den ich an mich selber gehabt habe. Ich wollte erhobenen Hauptes mit dem Buch in der Hand dastehen können, ohne dass ich mich genieren muss. Ich habe an dem Buch gearbeitet wie ein Pferd. Ich habe mir zum Beispiel jede Blödelei untersagt. Ich habe sehr gekämpft und wahnsinnig viel gelöscht von dem, was ich geschrieben habe. Die Leute geben sauer verdientes Geld für das Buch aus. Da sollte es besser gut sein.

Robert Palfrader hält sein Buch "Ein paar Leben später" und schaut über den Rand hinweg.
Mit "Ein paar Leben später" legt Robert Palfrader seinen ersten Roman vor.

weekend    Warum sollte man es lesen?
Robert Palfrader:
Weil es eine gute Geschichte ist. Am Leben meiner Vorfahren habe ich mich wie an einem Gerüst angehalten. Die meisten Geschichten sind vollkommen frei erfunden. Aber ein paar müssen so oder zumindest so ähnlich wirklich passiert sein. 

weekend    Welche denn?
Robert Palfrader:
(lacht) So blöd bin ich dann auch nicht, dass ich Ihnen das auf die Nase binde. 

weekend    Schade.
Robert Palfrader:
Nein, das geht nicht. Nur so viel: Wenn Ihnen ein Teil der Geschichte so absurd, so konstruiert und so unglaubwürdig vorkommt, dass es nur meiner Fantasie entsprungen sei, dann kann es gut sein, dass dieser Teil der Geschichte der Wahrheit entspricht.

"Ein paar Leben später" ist im Ueberreuter Verlag erschienen.

"Sie machen sich keine Vorstellung davon, wie oft ich die Unwahrheit erzählen werde müssen, um die Geschichte der Familie meines Vaters glaubhaft erscheinen lassen zu können", beginnt Palfrader seinen minimalistisch gehaltenen Familienepos. Ohne Blödelei und Klischee erzählt der Wiener die Geschichte (s)einer Familie aus dem ladinischen Teil Südtirols. "Ein paar Leben später", erschienen bei Ueberreuter, ist eine bemerkenswerte Familiengeschichte über Herkunft und Zufall.

Palfrader über seine Familie, Herkunft und Identität

weekend    Wie wichtig ist die Herkunft für die eigene Identität?
Robert Palfrader: Das macht einen Unterschied, ob man als Sohn eines syrischen Flüchtlings oder von Didi Mateschitz auf die Welt kommt. Und logischerweise wird einem innerhalb der Familie etwas mitgegeben von Leuten, die man teilweise gar nicht kennt. Wenn man nur acht Generationen zurückgeht, sind das 256 direkte Vorfahren. Die kommen alle aus 256 verschiedenen Familien. Welche von diesen Familien ist die eigene? 

Verwandtschaft kann man sich nicht aussuchen, aber wer zur Familie gehört, das bestimme immer noch ich.

Robert Palfrader

weekend    Und welche Familie ist die eigene?
Robert Palfrader
: Das ist eine Frage, die man sehr schlecht beantworten kann. In Wirklichkeit sind es alle oder keiner. Nur die Eltern stimmt ja auch nicht. Es stimmt ja auch nicht, dass man sich die Familie nicht aussuchen kann. Verwandtschaft kann man sich nicht aussuchen, aber wer zur Familie gehört, das bestimme immer noch ich. Ich habe einen Freund, der ist mir so nah wie ein Bruder. Den liebe ich wie einen Bruder und der bedeutet mir wahnsinnig viel – genetisch habe ich aber null mit ihm zu tun.

weekend    Was bedeutet Familie für Sie?
Robert Palfrader:
Sicherheit, Geborgenheit. Ich habe das Glück gehabt, in eine sehr liebevolle Familie hineingeboren worden zu sein, die ein  zusätzliches Netz aufgespannt hat. Ich fühle mich wahnsinnig priveligiert, in diese Familie hineingeboren worden zu sein.

weekend    Welche Rolle spielen für Sie die Südtiroler Wurzeln?
Robert Palfrader:
Ich fühle mich sauwohl dort, nicht nur weil ich noch wahnsinnig viel Verwandtschaft dort habe. Die Entscheidung zum Beispiel, dass ich den Job mache, den ich jetzt mache, den ich so liebe, die ist in Südtirol gefallen. Beim Bergsteigen lustigerweise. Ich habe eine Nachtbesteigung vom Seekofel gemacht. Von dort oben den Sonnenaufgang zu sehen ist ein sensationelles Gefühl. In dem Moment habe ich mir gedacht: "Hotellerie ist nichts für dich. Du fährst jetzt nach Hause, nach Wien, kündigst und versuchst es vor der Kamera, hinter der Kamera, auf der Bühne, hinter einer Bühne."

Ich halte diese nationalstaatlichen Grenzen für lächerlich.

Robert Palfrader

Südtirol: "Uns ist es wurscht."

weekend    Wohin gehört denn Südtirol heute Ihrer Meinung nach?
Robert Palfrader:
Schauen Sie, die Amerikaner sagen, ich habe da keinen Hund in diesem Kampf. Mich geht das überhaupt nichts an. Die Wahrheit ist: Einen Ladiner zu fragen, wo er denn hin will, ist absurd. Uns kann es wurscht sein. Egal, wer das Heft in der Hand gehabt hat im Laufe unserer Geschichte, wir waren es nie. 

weekend    Eine künstlich am Leben gehaltene Debatte?
Robert Palfrader:
Es ist vor allem keine ehrliche Diskussion, die da abläuft. Da müsste man mal schauen, welche Konsequenzen das hat. Ich halte diese nationalstaatlichen Grenzen für lächerlich. Wir sind doch alle Europäer. Und ich glaube auch, dass die Bevölkerung Europas das stärker empfindet, als das manch Politiker wahrnimmt. Regionalpatriotismus schön und gut, aber letztendlich ist es nur ein Zufall, wo man auf die Welt gekommen ist. Man kann nicht bestimmen, in welche Familie, in welches Jahrhundert man hineingeboren wird. Insofern sollte man dankbar und demütig sein, dass man überhaupt existieren darf. Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Das ist ein wunderbares Ablenkungsmanöver von bestimmten politischen Parteien, die keine Antworten auf die Probleme haben, vor denen wir stehen.

Mit dem Gas, das wir aus Russland mit unserem sauer verdienten Geld kaufen, bezahlen wir eine Firma, die uns dann via soziale Medien mit einer Pipeline ins Hirn scheißt.

Robert Palfrader
v.l.n.r.: Thomas Maurer, Florian Scheuba und Robert Palfrader.

Seit 2011 ist Robert Palfrader des Satire-Trios "Die Staatskünstler". Bis 2017 war er mit Thomas Maurer und Florian Scheuba regelmäßig im ORF zu sehen, nach dem Sendungs-Aus hat sich das Projekt vom Bildschirm auf die Bühne verlagert. Aktuell tingeln die Politsatiriker mit "Alte Hunde– Neue Tricks" durchs Land.

Palfrader ganz politisch

weekend    Warum machen sie das?
Robert Palfrader:
Um davon abzulenken, dass sie nichts Konstruktives beizutragen haben, erfinden sie solche Themen, ziehen sie aus irgendeinem Kübel heraus und bedienen sich teilweise einer Rhetorik, die verabscheuungswürdig ist. Nachdem dann alle sagen, um Gottes willen, das ist furchtbar, was die da sagen, werden die wichtigen Themen nicht mehr besprochen.

weekend    Was wären die wichtigen Themen?
Robert Palfrader:
Wir haben große Probleme. Bodenverbrauch, Klimawandel, Energiewende, Insektensterben, Artensterben … Es geht auch um soziale Gerechtigkeit. Es wurden in den letzten 50, 60 Jahren Vermögen angehäuft, die so exorbitant sind, dass einem jede Vorstellung fehlt, was das eigentlich wirklich bedeutet. Und diese Vermögen haben natürlich Einfluss. Schauen Sie Elon Musk an. Er kauft Twitter, und hebelt dort wegen seiner politischen Gesinnung sämtliche Sicherheits- und Moderationsregeln aus. Leute, die schon von der Plattform verbannt waren, kehren wieder zurück und verbreiten ihren Mist. Wir wissen, dass Herr Prigoschin eine Firma gehabt hat, die nichts anderes gemacht hat, als gesellschaftlichen Konsens aufzuweichen, aufzubrechen, einen Keil in die Gesellschaft zu treiben, die westlichen Demokratien zu schädigen. Das heißt, indem wir Gas aus Russland beziehen, das wir mit unserem sauer verdienten Geld kaufen, bezahlen wir indirekt eine Firma, die uns dann via soziale Medien mit einer digitalen Pipeline ins Hirn scheißt – uns desinformiert, absichtlich Konflikte heraufbeschwört, mit Videos, die vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen sind, mit Fehlinformationen. Das ist eine riesengroße Gefahr für die Demokratie. Und es ist natürlich wahnsinnig angenehm für diese sozialen Medien auf eine inhaltliche Prüfung zu verzichten, die natürlich Geld kosten würde. Die sagen: "Puh, freie Meinungsäußerung, das ist bei uns so. Die Leute dürfen sagen, was sie wollen." Das gilt dann aber leider auch für Leute, die absichtlich Fake-News verbreiten. Das hat letztendlich negative Konsequenzen für alle westlichen Demokratien und das ist bedenklich. Und gerade rechtspopulistische Parteien nützen das halt aus. Donald Trump ist da ein Parade-Beispiel dafür. Das Absurde ist doch, dass der Rechtspopulismus ja immer, wenn er an die Macht kommt, an der Realität scheitert. Das heißt, den Anspruch und die Forderungen, die sie aus der Oppositionsrolle heraus über die Bänke in Bierzelten drüberbrüllen, erfüllen sie selbst nie und nimmer. Deswegen scheitern sie auch regelmäßig. Und statt mit ernsthaften Themen beschäftigen wir uns mit Ablenkungspolitik.

Den Anspruch und die Forderungen, die sie aus der Oppositionsrolle heraus über die Bänke in Bierzelten drüberbrüllen, erfüllen sie selbst nie und nimmer.

Robert Palfrader

Staatskünstler und Wahlempfehlungen

weekend    Die Frage, die sich jetzt natürlich aufdrängt: Haben Sie eine Zweitkarriere in der Politik geplant?
Robert Palfrader:
(sehr vehement) : Nein, nein, nein. Ich schreibe ja nicht nur Bücher, sondern ich bin Kabarettist. Aktuell bin ich mit den Staatskünstlern und unserem brandaktuellen Programm unterwegs, wo wir mit dem Gedanken spielen, in die Politik zu gehen. Also ich darf jeden versichern, ich mache das nicht. Never, ever.

weekend    Warum nicht?
Robert Palfrader:
Weil ich meinen Job liebe und Politik, um einen sehr guten Freund von Thomas Maurer zu zitieren, genau das Richtige für Leute ist, die das wollen. Ich will das nicht. Es gibt genügend seriöse Politiker in Österreich, die seriöse Politik machen wollen. Es muss auch jeder selber wissen, wen er wählt und welche Konsequenzen das für ihn hat.

weekend    Würden Sie sich zu einer Wahlempfehlung hinreißen lassen?
Robert Palfrader:
Nein, nein, nein. Wer bin ich? Sicher nicht. Ich würde nur dringend raten, genau zuzuhören, was die Leute anzubieten haben. Jeder soll wählen, was er glaubt.

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