Väterkarenz: Österreich hinkt weiter hinterher
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Zum Vatertag rückt eine internationale Vergleichsstudie brisante Fragen ins Rampenlicht: Wer bleibt bei den Kindern? Wer zahlt die Rechnungen? Und wie gleichberechtigt ist Österreich wirklich? Laut dem „International Social Survey Programme“ (ISSP), durchgeführt mit Beteiligung der Universität Graz, gibt es eine wachsende Zustimmung zur gleichberechtigten Aufteilung der Karenzzeit – doch die Praxis zeigt ein anderes Bild.
Nur auf dem Papier
In Österreich befürworten aktuell 41 Prozent ein 50:50-Modell. Das ist mehr als doppelt so viel wie noch 2012, aber im Vergleich zu Ländern wie Frankreich oder den Niederlanden, wo über 60 Prozent dafür sind, immer noch wenig. „Die Akzeptanz für eine 50:50-Karenz steigt, besonders bei jungen, gut gebildeten, urbanen, weniger religiösen Menschen“, erklärt Anja Eder vom Institut für Soziologie der Universität Graz. Doch obwohl sich die Einstellung wandelt, zeigen die Zahlen: 97 Prozent der Karenzgeldbezieher sind weiterhin Mütter. Väter, die sich für Karenz entscheiden, bleiben meist nur kurz zu Hause. Petra Müller, Masterstudentin und Mitwirkende an der Studie, betont: „Es gibt Fortschritte, aber auch viele Hindernisse. Die Realität hinkt dem Wunsch nach Gleichberechtigung deutlich hinterher.“
Geld oder Kind – Männer unter Druck
Auch bei der finanziellen Verantwortung herrscht ein traditionelles Bild vor. 54 Prozent sehen weiterhin den Mann als Hauptverdiener, nur 45 Prozent sprechen sich für eine gleichwertige finanzielle Aufteilung aus. In Dänemark oder Norwegen sind es über 80 Prozent. Ein weiteres spannendes Ergebnis ist, dass zwei Drittel der Österreicher beide Elternteile für gleich geeignet zur Kinderbetreuung halten. Auffällig dabei: Frauen trauen Männern diese Rolle öfter zu als Männer sich selbst. Bei den 16- bis 29-Jährigen liegt die Zustimmung sogar bei 80 Prozent.
Weiter Weg zur Gleichberechtigung
Trotz positiver Entwicklungen sieht die Soziologin Eder keinen linearen Fortschritt: „Werteorientierungen und Geschlechterrollen ändern sich nur langsam. Reformen allein reichen nicht – es braucht tiefgreifende kulturelle Veränderungen.“ Der Vatertag, erstmals 1956 in Österreich gefeiert, bietet Anlass zur kritischen Reflexion. Die Zahlen zeigen klar: Der Wille zur Veränderung ist da – aber bis zur echten Gleichstellung ist es noch ein weiter Weg.