Minister rechnet vor: So viel Geld verliert man in Teilzeit
Die Diskussion rund um Teilzeitarbeit ist neu entflammt. Österreich gehört zu jenen Ländern in der EU, in denen am wenigsten gearbeitet wird: Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit sank seit 2008 von 37,8 auf 33,8 Stunden. Gleichzeitig wächst die wirtschaftliche Unsicherheit: steigende Pensionsausgaben, sinkende Geburtenrate, stagnierende Produktivität und hohe Lohnkosten setzen das System unter Druck. ÖVP-Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer setzt deshalb auf das sukzessive Zurückdrängen der Teilzeitbeschäftigung.
Leistung, Moral und Geld
Neben dem ökonomischen Befund wird die Debatte auch auf gesellschaftspolitischer Ebene geführt. Hattmannsdorfer (ÖVP) argumentiert mit einem klaren Werteverständnis: „Ich habe Verständnis für Teilzeit bei Betreuungspflichten. Aber wer gesund ist und keine Verpflichtungen hat, soll bereit sein, seinen Beitrag zu leisten.“ Es gehe um ein „Bekenntnis zu Leistung, zu Arbeit in Vollzeit, zu Wettbewerb“. Teilzeit sei aktuell schlicht „zu attraktiv“. Die Sorge: Die „Hängemattenmentalität“ könnte zur Normalität werden, mit negativen Folgen für das Sozialsystem.
Minister legt Modellrechnung vor
Es sind aber nicht nur moralische Aspekte, mit denen Hattmannsdorfer argumentiert. „Was viele nicht bedenken – das, was sie heute weniger arbeiten, bekommen sie am Ende weniger Pension“, warnt der Oberösterreicher. In einer Modellrechnung rechnet sein Ressort vor, wie hoch der finanzielle Verlust im Alter wirklich ist.
Als Basis wurde ein durchschnittliches Bruttogehalt von 3.500 Euro im Monat herangezogen. Wer über 40 Jahre arbeitet, davon jedoch 20 Jahre nur in Teilzeit (mit halbierter Beitragsgrundlage), muss mit einer monatlichen Pensionsdifferenz von rund 620 Euro pro Monat und damit 8.680 Euro weniger pro Jahr rechnen. Bei 20 Jahren Ruhestand ergibt das der Berechnung nach einen Verlust von 173.600 Euro.
Für Hattmannsdorfer ist die Schlussfolgerung klar: „Vollzeitarbeit schützt vor Altersarmut – Teilzeit kann zur finanziellen Falle werden.“
Armutsfalle Teilzeit
Die Zahlen kommen nicht überraschend. Bereits frühere Studien hatten auf die negativen Effekte von Teilzeit auf Einkommen und Pensionshöhe hingewiesen. Besonders betroffen sind Frauen. Sie machen laut Statistik Austria über 75 Prozent aller Teilzeitbeschäftigten aus. Häufige Gründe sind Betreuungspflichten, mangelnde Kinderbetreuung und unflexible Arbeitszeitmodelle. Die sogenannte „Teilzeitfalle“ bedeutet für viele Frauen ein Leben lang geringere Einkommen, weniger Karrieremöglichkeiten und deutlich niedrigere Pensionen. Genau hier liegt laut Kritikern auch das strukturelle Problem, das es zunächst zu beheben gelte: Teilzeit sei selten freiwillig, sondern oft alternativlos.