St. Georgen: Protestmarsch von rechter Szene gekapert
Zu dem Aktionstag hatte ÖVP-Bürgermeister Ferdinand Aigner sowie alle Gemeinderatsfraktionen aufgerufen. Zu Beginn des Aktionstages gab es eine "Bürgerinformation" vor dem Gemeindeamt, wo jewils ein Vertreter von Begonnen ÖVP, Grüne, FPÖ und SPÖ zu Wort kam. Der Redner der Grünen wurde von der Menge mit "Volksverräter"-Rufen von der Bühne gebuht.
Aufgeheizte Stimmung
Neben Gemeindebürgern befanden sich in der Kundgebung auch zahlreiche Mitglieder der "Identitären Bewegung" – auch Martin Sellner war vor Ort – und andere amtsbekannte Personen der rechten und rechtsextremen Szene, die mit Transparenten auf sich aufmerksam machten. Auf den Transparenten war etwa die einschlägige IB-Forderungen nach "Remigration" zu lesen. Die Polizei, die von einer aufgeheizten Stimmung sprach, war mit einem großen Aufgebot vor Ort und begleitete die Demonstranten. Die Asfinag hatte wegen der angekündigten Blockade von sich aus die Auf- und Abfahrten der Westautobahn gesperrt. Eine Sperre der Autobahn selbst sei ihm untersagt worden, sagte Aigner vor der Kundgebung zur APA: "Momentan wollen wir noch friedlich auf unser Thema aufmerksam machen, daher haben wir gesagt, wir sperren jetzt einmal die Auf- und Abfahrt. Sollte sich nichts ändern, werden sicher eventuell noch weitere Maßnahmen überlegt."
Rechte kapern Demo
Nach dem Ende der Protestaktion um 13 Uhr initiierte Identitären-Chef Martin Sellner eine Spontankundgebung, an der rund 100 Personen teilgenommen haben. Da diese Kundgebung aber nicht angemeldet war, seien die Teilnehmer aufgefordert worden, die Veranstaltung zu beenden, was dann auch geschehen sei. Zuvor nutzten Sellner und IB-Aktivist Jakob Gunacker aber die Möglichkeit "spontane Reden" zu halten. Auf Telegram bedankt sich Sellner bei allen "Österreichern die den Feiertag aktivistisch genutzt haben" und sieht den Protest in St. Georgen als "gelebte Solidarität". Gemeinsam werde man die Grenzen sichern.
Bürgermeister: "Wir sind nicht ausländerfeindlich"
Anlass des Protests sind 17 Zelte zur Unterbringung von Flüchtlingen, die vor eineinhalb Wochen neben der Bundesbetreuungsstelle Thalham - eine Ortschaft von St. Georgen im Attergau (Bezirk Vöcklabruck) - aufgestellt worden waren. Mit dem Erstaufnahmezentrum West trage die Gemeinde ohnehin schon zur Unterbringung von Flüchtlingen bei, argumentierte der Bürgermeister. Darüber hinaus habe man in einem ehemaligen Sanatorium Kinder und Jugendliche aus einem Waisenhaus in der Ukraine aufgenommen, mit großer Unterstützung aus der Bevölkerung, betonte er. Der Protest richte sich gegen "diese 17 menschenunwürdigen Zelte, die - ohne uns zu fragen - aufgestellt worden sind", so der Ortschef. "Diese bringen das Gefüge im Ort aus dem Gleichgewicht, weil jetzt einfach zu viele junge Männer da sind. Das spüren wir im Ort, das spüren die Geschäfte, das geht einfach nicht." Und weiter: "Wir sind nicht ausländerfeindlich. Wir sind kooperativ, aber wir lassen nicht über uns drüberfahren. Das ist ganz klar die Ansage heute."
Rückendeckung vom zuständigen ÖVP-Landesrat
Rückendeckung bekam die Gemeinde heute auch vom zuständigen Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP): In einer Aussendung forderte er, dass die Zelte in St. Georgen rasch wieder abgebaut werden müssten. Oberösterreich habe im Oktober rund 35 Prozent aller vom Bund an die Länder überstellten Asylwerber übernommen, außerdem würden weiterhin mögliche Quartiere und Liegenschaften geprüft und in Betrieb genommen. Der Landesrat zeigte Verständnis für die Sorgen und Bedenken der Bevölkerung, er betonte aber auch, "dass es unsere humanitäre Verantwortung ist, jene Asylwerber, die hier sind, zu versorgen und ihnen ein ordentliches Verfahren zu ermöglichen". Oberösterreich komme dieser Verantwortung nach, "daher müssen die Zelte in St. Georgen rasch abgebaut werden".