Kommentar: Das Delta-Dilemma
Man könnte fast glauben, dass wir nach mehr als 16 Monaten die Pandemie endlich besiegt haben. Auch die Politik beurteilt die Lage äußerst positiv und verkündet Öffnungschritte am laufenden Band. Alles eitel Wonne, wären da nicht die „bösen“ Infektiologen, Epidemiologen und Virologen, die vor einer vierten Welle warnen.
Heißer Herbst
Grund für die Sorge der Experten ist die sogennante Delta-Variante, die besonders infektiös sein soll. Die heimische Ampelkommission spricht von einem „ernstzunehmenden Risiko“ und andere Länder fahren bereits wieder herunter. Lissabon wurde für ein Wochenende komplett abgeriegelt und Großbritannien verschob lang geplante Öffnungsschritte. Laut dem deutschen Robert-Koch-Institut wird die Delta-Variante im spätestens Herbst vorherrschend sein. Ein weiteres Problem ist, dass die Variante offenbar resistenter gegen Impfstoffe ist. Erste Studien zeigen nämlich, dass nur vollständig geimpfte Personen einen ausreichenden Schutz haben. In Österreich hat man aber weiter das Gefühl, dass die Regierung sich die positive Stimmung durch die Öffnungsschritte nicht wieder verhageln lassen möchte. So kündigte Bundeskanzler Kurz ja bereits den Wegfall der Maskenpflicht für Mitte Juli an. Jetzt ist guter Rat teuer: Die Verantwortlichen können, so wie im vergangenen Sommer, den Kopf in den Sand stecken und so tun, als gäbe es „Delta“ nicht, oder unpopuläre Maßnahmen treffen, um ein Déjà-vu im Herbst zu vermeiden. Eines ist aber sicher, egal, wie sie es machen, Kritik ist ihnen gewiss.