AMS: Regierung streicht Zuverdienst
- Regierungsklausur
- Arbeitslosengeld: Kein Zuverdienst mehr
- Mehr Anreize für Vollzeitarbeit
- Kinderbetreuung
- Qualifizierungsoffensive startet
- Nostrifizierung wird überarbeitet
Am zweiten Tag ihrer Regierungsklausur hat die Bundesregierung tiefgreifende Änderungen am Arbeitsmarkt angekündigt. Der aktuelle Arbeitsmarkt sei zwar „erstaunlich stabil“, wie Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) betonte, doch mit fast 400.000 Arbeitslosen sei die Lage „bestürzend“. Faktoren wie der Rückgang der durchschnittlichen Arbeitsstunden und der demografische Wandel würden die Lage künftig verschärfen, so die Regierung.
Arbeitslosengeld: Kein Zuverdienst mehr
Die Möglichkeit eines Zuverdienstes während des Bezugs von Arbeitslosengeld wird (großteils) abgeschafft. „Der durchschnittliche Arbeitslosenbezug pro Monat beträgt aktuell 41,4 Euro pro Tag plus Zuverdienstmöglichkeit von 551 Euro ergibt das ein Nettoeinkommen von 1.800 Euro pro Monat. Und das ist schlichtweg kein Anreiz zu arbeiten“, rechnet Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) vor. Das "leistungsfeindliche" System schwäche Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit. Künftig soll der Zuverdienst daher im Regelfall nicht mehr erlaubt sein. Ausnahmen gibt es für Langzeitarbeitslose, die sechs Monate geringfügig dazuverdienen dürfen, sowie für bereits bestehende Beschäftigungen. Die Geringfügigkeitsgrenze bleibt auf dem Niveau von 2025 eingefroren.
Nach der Abschaffung der Bildungskarenz folgt der nächste wichtige Schritt: Das Ende des geringfügigen Zuverdiensts in der Arbeitslosigkeit. Arbeit muss immer attraktiver sein als Unterstützungsleistungen. (2/2)
— Wolfgang Hattmannsdorfer (@hattmannsdorfer) April 9, 2025
Mehr Anreize für Vollzeitarbeit
Neben der Abschaffung des Zuverdienstes soll es künftig mehr Anreize zur Vollzeitbeschäftigung geben. Dazu zählt etwa die Sensibilisierung für die Auswirkungen von Teilzeit auf die Pensionen. Arbeitgeber sollen ihrerseits durch flexiblere Dienstplangestaltung mithelfen. Hattmannsdorfer: „Dort, wo Arbeitgeber bemüht sind, auf individuelle Situationen einzugehen, erreichen wir auch mehr Stunden.“
Kinderbetreuung
Ein zentraler Hebel für die Erhöhung der geleisteten Arbeitsstunden liege im Ausbau der Kinderbetreuung. Ohne flächendeckende Kinderbildungsangebote – insbesondere auch im ländlichen Raum – sei es aktuell kaum möglich, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen, betont Bildungsminister Christoph Wiederkehr (NEOS). Vor allem Frauen sollen dadurch bessere Chancen erhalten, von Teilzeit auf Vollzeit umzusteigen. „Für uns als Gesellschaft ist das ganz, ganz essentiell – und damit natürlich auch für den Arbeitsmarkt.“
Qualifizierungsoffensive startet
Wichtige Säule der Arbeitsmarktpolitik wird eine großangelegte Qualifizierungsoffensive. Rund 45 Prozent der Arbeitslosen haben lediglich einen Pflichtschulabschluss, die Arbeitslosenquote in dieser Gruppe liegt bei über 21 Prozent, betont Bildungsminister Wiederkehr. "Bildung ist die Grundlage für ein erfolgreiches, selbstbestimmtes Leben." Nötig seien künftig lebenslange Weiterbildungen. Angesetzt werden soll hier künftig nicht nur in der Elementarpädagogik und aktualisierten Lehrplänen. Sich weiterzubilden soll einfacher und attraktiver werden.
„Eine höhere Qualifikation ist eine Investition, die sich für alle lohnt – für die Menschen in Form von besseren Beschäftigungschancen, für die Betriebe in Form von qualifizierten Mitarbeiter:innen und gesamtwirtschaftlich in Form von höherer Produktivität“, so Sozialministerin Schumann.
Fortgesetzt wird zudem die Umweltstiftung, die ab 2026 in einer neuen Form Arbeitslose gezielt auf sogenannte „Green Jobs“ qualifizieren soll. Ebenso geplant ist ab 2026 die Einführung einer neuen Weiterbildungszeit als Nachfolge der abgeschafften Bildungskarenz. Sie richtet sich speziell an gering qualifizierte Beschäftigte, die sich während eines karenzierten Dienstverhältnisses weiterbilden möchten.
Nostrifizierung wird überarbeitet
Nachgebessert werden soll auch bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse. Ob eine Pflegekraft aus Manila in München oder in Wien lande, sei ihr erst einmal egal, sagt Hattmannsdorfer, aber: „Wenn ihre Ausbildung in Deutschland besser anerkannt wird als in Österreich, verdient sie dort mehr – das ist für Österreich ein Nachteil." Abhilfe schaffen soll unter anderem eine Kompetenzstelle zur Nostrifizierung.