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Im Liquiditätscheck
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Die Schuldenfalle

29.10.2025 um 00:00, Andreas Hamedinger
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Handlungsdruck. Insolvenzen treffen Unternehmen hart. Wer zu spät reagiert, riskiert Strafen und Haftung.

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Österreichs Wirtschaft hat schon bessere Zeiten ­gesehen. Dass die Situa­tion keine leichte ist, zeigt die Statistik: Laut einer Analyse des Kreditschutz­verbandes von 1870 (KSV1870) mussten im Jahr 2024 in Österreich 6.587  Unternehmen Insolvenz anmelden – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren. Für heuer rechnet man mit vergleichbaren Zahlen, was die angespannte Lage am Markt weiter ­unterstreicht. Doch wann genau spricht man eigentlich von einer Insolvenz, und welche weitreichenden Folgen hat eine Pleite ­tatsächlich für das betroffene Unternehmen und seine Eigentümer:innen? 
 

Die rechtliche Lage.

„Insolvenz heißt, dass ein Unternehmen seine Rechnungen nicht mehr bezahlen kann oder derart überschuldet ist, dass keine positive wirtschaftliche Entwicklung zu erwarten ist“, erklärt Karl-Heinz Götze, Leiter der Insolvenzabteilung beim KSV1870.  Die österreichische Insolvenzordnung regelt in solchen Fällen klar, was dann passieren muss: Unterneh­mer:innen sind verpflichtet – ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber binnen 60 Tagen nach Eintritt der Zahlungs­unfähigkeit – beim zuständigen Gericht Insolvenz anzumelden. Wer das versäumt, macht sich strafbar, denn eine verspätete Anmeldung kann als Insolvenzverschleppung gewertet werden.  
 

Sanierung oder Konkursverfahren.

Bei einer eingetretenen Insolvenz – früher sprach man auch von Bankrott – kommt es entweder zu einem Sanierungs- oder zu einem Konkursverfahren. Götze: „Eine Insolvenz muss also nicht das Ende bedeuten, denn im Sanierungsverfahren können Unternehmen gerettet werden. Hier wird den Gläubiger:innen ein Sanierungsplan angeboten, typischerweise die Rückzahlung eines bestimmten Prozentsatzes der Schulden innerhalb einer gesetzlich vorgesehenen Frist.“ Die Mindestquote im Sanierungs­verfahren beträgt nach aktueller Rechtslage 20 Prozent, im Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung sogar 30 Prozent, jeweils innerhalb von zwei Jahren. Stimmen die Gläubiger:innen mit einer qualifizierten Mehrheit von mehr als 50 Prozent zu und erfüllen Unternehmer:innen den Plan, gilt das Unternehmen als saniert. Gelingt das nicht, wird in der Regel ein Konkursverfahren eröffnet. Dann übernehmen Insolvenz­verwalter:innen – im Gesetz „Massever­walter“ genannt – die Kontrolle, verkaufen die Vermögenswerte und verteilen die Erlöse an die Gläubiger:innen. Am Ende stehen in vielen Fällen die Schließung des Unternehmens und die Löschung im Firmenbuch.
 

Entzug der Gewerbeberechtigung.

Ein Konkursverfahren bedeutet für viele Unternehmer:innen nicht nur das Ende eines wirtschaftlichen Abschnitts, sondern oft auch den Verlust der Gewerbeberechtigung. Doch was steckt tatsächlich ­dahinter? Und was bedeutet das konkret für die Betroffenen, die ohnehin schon in einer schwierigen Situation sind?     Die Gewerbe­berechtigung ist an bestimmte ­Voraussetzungen geknüpft: persönliche Zuverlässigkeit, geordnete finanzielle Verhältnisse und die Fähigkeit, ein Unternehmen ordnungsgemäß und dauerhaft zu führen. Gerät jemand in ein Konkursverfahren und wird dieses mit einer offiziellen Konkurseröffnung festgestellt, prüft die Gewerbebehörde automatisch, ob die Kriterien noch erfüllt sind und ob die notwendige Vertrauensbasis weiterhin gegeben ist. Die  Behörde entscheidet dann, ob die Gewerbeberechtigung entzogen wird – ein Schritt, der in vielen Branchen, etwa im Bauwesen, im Transportsektor oder in Bereichen mit hohen Sicherheitsauflagen, fast automatisch erfolgt. Für die Betroffenen bedeutet dies den Verlust ihrer beruflichen Grundlage und oftmals auch ihres persönlichen Lebenswerks. 
 

Viele Unternehmer:innen sehen in der Insolvenz das Ende ihrer wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit.

Die Frage der Haftung.

Die rechtlichen Folgen einer Insolvenz sind keineswegs zu unterschätzen, wie Götze erläutert: „Geschäftsführer:innen einer GmbH sind zwar grundsätzlich durch die beschränkte Haftung geschützt, doch wer fahrlässig oder vorsätzlich gravierende Fehler begeht, etwa durch eine verspätete Anmeldung, ­riskiert die persönliche Haftung. Einzel­unternehmer:innen haften ohnehin immer vollständig mit ihrem gesamten Privatvermögen.“ Besonders kritisch ist, dass neben zivilrechtlichen Ansprüchen auch strafrechtliche Konsequenzen drohen können, etwa wenn Gläubiger:innen bewusst benachteiligt oder Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt werden. Zu beachten ist des Weiteren, dass Kredite oder bestehende laufende Verträge im Zuge des Konkurs­verfahrens aufgelöst oder angepasst werden können, und die Veröffent­lichung im Ediktsregister das Verfahren öffentlich macht. Die Rufschädigung ist daher meist beträchtlich und wirkt oft weit über das eigentliche Verfahren hinaus, da viele Betroffene nach einer Insolvenz große Schwierigkeiten haben, wieder geschäftlich Fuß zu fassen oder das notwendige Ver­trauen bei Banken und den Geschäfts­partner:innen zurückzugewinnen. 

Karl-Heinz Götze Experte für Insolvenzen KSV1870

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