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Robert Eichenauer
Montage Chris Zenz

Wir Frauenmörder

01.05.2021 um 11:00, Robert Eichenauer
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Ich gebe es zu. Ich bin einer dieser verabscheuungswürdigen alten, weißen Männer, die diese Welt zu einem so schrecklichen Ort gemacht haben. Und am Unglück der Frauen maßgeblich Schuld tragen.

Man nennt uns despektierlich wechselweise Boomer, Mansplainer oder Umwelt- wenn nicht gar Weltzerstörer. Anders ausgedrückt: wir tragen nichts weniger als die Erbsünde in uns. Wir leben mit all diesen Makeln und ermutigen die jungen, hippen, Alice Schwarzer abgehängten Feministinnen sogar, uns rund um die Uhr einzuschenken. Wann immer etwas passiert, wo Frauen zu Schaden kommen, sagen wir automatisch und wie selbstverständlich mea culpa mea maxima culpa. Manche von uns versuchen in ihrer Verzweiflung gar die besseren Feministinnen zu sein, sagen „ja, ich bin einer von euch“. Davon rate ich ab. Man zieht sich mit dieser Haltung eher den Unmut selbiger zu, weil wir empathielosen Männer letztlich unmöglich verstehen können, was in einem komplexen Frauengehirn, das über Jahrhunderte geknechtet und unterdrückt wurde, vorgeht und es schon sehr dreist ist, überhaupt den Versuch des Verstehens zu unternehmen. Weil am Ende kommt das sowieso verlogen rüber. Und überhaupt sind doch im Grunde eh alle Männer Schweine. Da will frau sich in ihrem so schön zusammen gezimmerten Gedankenkonstrukt keinesfalls stören lassen.

Ungezähmte Widerspenstige

Wir sind böse Netzwerker der Macht, skrupellose Ellbogentechniker und Unterdrücker der dritten Welt. Selbstverständlich sind wir  ohne eigenes Zutun zu Wohlstand gekommen. Wir hängen an unserem längst überkommenen 80er-Jahre Lifestyle wie Harald Juhnke – Gott hab ihn selig – seinerzeit an seinem Whiskyglas. Immer noch wollen wir ein wenig Rock´-n-Roll. Nein nicht den Volks-Rock´n-Roll, sondern den echten, den harten, den erdigen. Wir wollen tatsächlich manchmal noch wild und verwegen sein und nicht immer nur schöne Bücher lesen und schöne Musik hören. Ja, wir sind  echt widerborstig, lassen uns nicht völlig in die Knie zwingen, quasi ungezähmte Widerspenstige.

Ich mag ja diese jungen, hippen, den Alice Schwarzer-Femininismus überwundenen feministischen Frauen. Sie sind irgendwie cool, lässig und wesentlich entspannter als in den 70ern und 80ern. Manche von ihnen schießen halt mal übers Ziel hinaus und schlagen wild um sich. Geschenkt. Und ja, diese Frauenmorde sind fürchterlich und man sollte alles versuchen, um sie zu verhindern. Ich nehme mir aber die Frechheit heraus, mich dafür nicht verantwortlich zu fühlen. Auch wenn ich mitfühle.

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