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Eine Frau fesselt einen Mann
Intensive Berührungen, Druck und Schmerz können Menschen in einen rauschähnlichen Zustand versetzen.
Intensive Berührungen, Druck und Schmerz können Menschen in einen rauschähnlichen Zustand versetzen.
Amorelie

Wildes Vergnügen: Das ist Rough Sex

31.10.2025 um 10:00, Nina Dam
min read
Zwischen Lust und Risiko: Schmerz, Leidenschaft, Dominanz – was harten Sex so anziehend macht und welche Risiken damit verbunden sind.

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Sex ist so vielfältig wie wir Menschen. Jeder von uns hat unterschiedliche Vorlieben und Bedürfnisse, die ausgelebt und gestillt werden wollen. Angefangen bei zärtlicher Intimität und sinnlicher Nähe bis zu kreativen Fantasien und zahlreichen Fetischen ist alles dabei. So gehört auch „Rough Sex“, zu Deutsch „harter Sex“ dazu. Aber worum genau geht es dabei eigentlich?

Begriffsdefinition

So genau lässt sich der Begriff gar nicht definieren, da die Vorstellungen stark variieren können. Was für die einen nicht fehlen darf, ist bei anderen schon eine Grenzüberschreitung. Grundsätzlich geht es bei Rough Sex um Kontrolle und Schmerz. „Würgen, spucken, schlagen oder festes Drücken – all das kann dazu gehören“, erklärt die Sexual- und Paartherapeutin Nicole Kienzl. Auch Fesselspiele, verbale Beschimpfungen und dominantes Verhalten können dazu zählen. Prinzipiell ist Rough Sex aber vor allem intensiver und wilder als klassischer Blümchensex.

Große Beliebtheit

Doch was macht harten Sex nun so interessant und beliebt? Kienzl betont: „Hemmungsloser Sex kann sehr leidenschaftlich sein. Man kann die Kontrolle abgeben und einfach loslassen.“ Zudem kann es als besonders reizvoll und erregend wahrgenommen werden, gemeinsam die persönlichen Grenzen auszutesten. Dieses vereinte Austreten aus den üblichen sexuellen Normen kann wiederum starke Gefühle der Nähe und der Verbundenheit hervorrufen. „Was letztlich auch zu intensiveren Orgasmen führen kann“, so die Expertin.

Kink vs. Fetisch

Ein Blick auf den aktuellen Sexreport von Amorelie zeigt auch, dass mit 31 Prozent deutlich mehr Frauen Fantasien von Bondage und Fesselspielchen haben als Männer mit nur 23 Prozent. Rund 30 Prozent der Befragten stehen außerdem auf Dominanz und Unterwerfung. Viele gaben auch an, einen sogenannten Kink oder Fetisch zu haben. Der Unterschied: Ein Kink beschreibt etwas, das besonders erregt, ohne für den Orgasmus notwendig zu sein. Ein Fetisch hingegen bedeutet, dass ein bestimmtes Objekt oder eine Handlung für die sexuelle Erregung oder den Höhepunkt notwendig ist.

Rough Sex ist ein intensives sexuelles Erlebnis und zugleich ein Spiel mit persönlichen Grenzen und Tabus – gerade das macht es für viele besonders reizvoll.

Nicole Kienzl, Sexual- und Paartherapeutin
Zwei Frauen küssen sich
Das Spiel mit Grenzen und Tabus ist besonders reizvoll und kann zu intensiveren Orgasmen führen.

Mit Scham behaftet

So offen der Umgang mit Sex mittlerweile ist, so hartnäckig halten sich noch immer viele Vorurteile und Tabus. Gerade wenn es um die persönlichen Fantasien geht, spielt Scham oft eine zentrale Rolle. Im Sexreport gaben rund 21 Prozent an, eine Fantasie zu haben, diese aber geheim zu halten. Gleichzeitig vermuten fast genauso viele, dass ihr jeweiliger Partner eine ungeteilte Fantasie hat. Doch gerade hier zählt Ehrlichkeit mehr als alles andere. Nicht nur, um erfüllenden Sex zu haben, sondern auch, um gemeinsam eine sichere Atmosphäre zu schaffen, in der ein respektvoller Umgang an erster Stelle steht. „Denn wenn kein Vertrauen vorhanden ist, traut man sich vielleicht auch nicht Nein oder Stopp zu sagen, obwohl die eigene Grenze schon überschritten wurde. Das kann schnell zu Unsicherheiten und Überforderung führen“, erklärt Kienzl. Auch die Pornoindustrie übt enormen Leistungsdruck auf junge Erwachsene aus. Mittlerweile kommen Jugendliche im Alter von 12 Jahren das erste Mal mit pornografischen Inhalten in Berührung. „So denken viele, sie wüssten, wie der ultimative Sex auszusehen hat“, beschreibt sie. Das Problem dabei: Beide Seiten glauben, sie müssen bestimmte Erwartungen erfüllen und bei allem mitmachen, um dem Ideal zu entsprechen. Kienzl betont: „Genau aus diesem Grund ist Kommunikation so wichtig. Man muss seine Grenzen klar abstecken.“

Die Gefahren

Neben den psychischen Risiken kann es natürlich auch zu physischen Verletzungen kommen. Etwa zu Abschürfungen, Blutergüssen, Blutungen oder Einrissen im Genitalbereich. Was in weiterer Folge auch zu Infektionen führen kann. „Besonders beim Würgen besteht ein Risiko, wenn auf den Hals gedrückt wird, beispielsweise wenn die Halsschlagader abgedrückt wird. Das kann dann gefährlich werden“, so die Expertin. Ein weiterer Grund, warum gegenseitiger Respekt so wichtig für sicheren Sex ist.

Einvernehmlichkeit

Rough Sex ist nur eine von vielen Facetten sexueller Vorlieben – intensiv, wild und genau deshalb für viele Menschen besonders reizvoll. Dabei gilt wie bei allen sexuellen Praktiken: Entscheidend sind Einvernehmlichkeit, Respekt und klare Grenzen. Unterschiedliche Wünsche und Fantasien gehören genauso dazu wie die Offenheit, über sie zu sprechen. Die Sexual- und Paartherapeutin betont nochmals: „Nur durch Aufklärung und offene, ehrliche Kommunikation lässt sich verhindern, dass aus Lust Überforderung oder in weiterer Folge sogar Gewalt wird.“ Denn letztlich sollte es bei Sex für alle Beteiligten vor allem um eins gehen: gemeinsam Spaß haben!

Eine Frau, die lächelt
Expertin für Liebe, Partnerschaft und Sexualität: Sexual- und Paartherapeutin Nicole Kienzl

Interview mit Nicole Kienzl

Was genau versteht man unter Rough Sex?
Kienzl: Zum Rough Sex gehört alles, was viel mit Kontrolle und Schmerzdominanz zu tun hat. Das heißt: Würgen, Spucken, festes Drücken, Aufs-Bett-Drücken, gewaltvolle Fellatio, Spanking oder Schlagen – also alles, was härter ist. Das muss man jedoch von BDSM abgrenzen, denn es ist nicht dasselbe. Beides kann man leicht verwechseln.

Und was ist dann der Unterschied?
Kienzl: Es ist im Grunde ähnlich, weil es bei beidem um Kontrolle und Dominanz geht. Aber bei BDSM gibt es eine eigene Community, mit der man sich identifizieren kann. Diese Community hat ihre eigenen Regeln, Events, Beziehungsmodelle, Kleidung und Geräte. Das gibt es beim Rough Sex nicht.

Warum sind diese härteren und dominanteren Sexpraktiken für viele Menschen so ansprechend?
Kienzl: Ich denke, für manche ist das einfach etwas sehr Leidenschaftliches – man kann die Kontrolle abgeben, einfach abschalten, loslassen und sich danach entspannen. Es ist ein sehr intensives sexuelles Erleben, ein Spiel mit Grenzen und Tabus, was für viele auch besonders reizvoll ist.

Welche Risiken sind damit verbunden?
Kienzl: Wenn es beim Rough Sex zu hart wird, kann es körperliche Verletzungen oder psychische Überforderung geben. Besonders gefährlich wird es beim Würgen. Junge Menschen orientieren sich an Pornos und glauben, das müsse so sein. Dadurch entsteht Leistungsdruck, Unsicherheit und manchmal auch Scham, wenn Grenzen nicht klar kommuniziert werden. Umso wichtiger ist Aufklärung und offene Kommunikation.

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