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Wütende Frau schreit in die Kamera
Die eigene Wut ständig runterzuschlucken, kann auf Dauer krank machen.
Die eigene Wut ständig runterzuschlucken, kann auf Dauer krank machen.
iStock.com/Snizhana Galytska

Warum es gesund ist, die Wut rauszulassen

26.02.2025 um 14:40, Cornelia Scheucher
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Wut ist ein ziemlich verpöntes Gefühl, doch wie damit umgegangen wird, hat einen erheblichen Einfluss auf unser Leben und die Menschen darin.

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Das Gesicht wird rot, die Stimme lauter, der Puls schnellt in die Höhe: Wut ist ein Gefühl, das wir alle kennen. Es macht uns kopflos, sorgt dafür, dass wir Dinge sagen, die wir vielleicht gar nicht so meinen oder sogar Schlimmeres. Alles in allem also ein Gefühl, das wir gerne unterdrücken. Doch genau da liegt die Crux: Die eigene Wut dauerhaft runterzuschlucken und nie rauszulassen, kann krank machen. 

Psychische und physische Folgen

Zahlreiche Forscher nehmen an, dass psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angst- oder Essstörungen im Zusammenhang mit verinnerlichtem Zorn stehen können. In diesen Fällen richtet sich die Wut vor allem gegen das eigene Ich. Aber auch physische Probleme können auftreten. "Aufgestaute Wut sorgt dafür, dass das sympathische Nervensystem, das unseren Blutdruck oder die Atmung kontrolliert, an einer chronischen Überreaktion leidet. Unser Körper ist quasi im Dauerstress. Herz-Kreislauf-Probleme, Kiefer- und Rückenverspannungen, Reizdarm, Sodbrennen oder Schlafprobleme können die Folge sein", erklärt Merlin Faude, Antiaggressionstrainer, Coach und Hypnotherapeut. 

Aufgestaute Wut sorgt dafür, dass das sympathische Nervensystem, das den Blutdruck oder die Atmung kontrolliert, an einer chronischen Überreaktion leidet.

Merlin Faude, Antiaggressionstrainer und Hypnotherapeut

Wut braucht ein gesundes Ventil

Wut gehört zum Menschsein dazu und braucht ein gesundes Ventil. Wie wir mit Zorn umgehen, lernen wir aber schon im Elternhaus. Experten raten deshalb dazu, der Wut ihren Platz zu lassen. Streitgespräche und heftige Emotionen gehören genauso dazu wie liebevolle Momente – dabei ist die Balance ausschlaggebend. Wachsen Kinder mit Eltern auf, die gesund miteinander diskutieren und ihre Emotionen nicht verbergen, erlernen sie dadurch einen normalen Zugang zu unliebsamen Gefühlen wie Wut oder Ärger. Das wirkt sich auch positiv auf die weiteren Beziehungen im Leben wie Freundschaften oder Partnerschaften aus.  

Der erste Rage Room der Steiermark

Wer zornig wird, verspürt oftmals den Drang, etwas zerstören zu wollen. Genau daran knüpft das Konzept von Wuträumen an. Vor kurzem hat mit der Smashbox auch der erste Rage Room der Steiermark eröffnet. In einem kontrollierten Umfeld kann hier Geschirr zertrümmert, eine Wand eingeschlagen oder Möbel zerschlagen werden. "Sicherheit steht bei uns an erster Stelle. Unsere Gäste bekommen Sicherheitskleidung, Helme und Handschuhe", erklärt Geschäftsführer Michael Kaufmann. Außerdem wird darauf geachtet, dass immer nur zwei Personen in einem Raum sind. Das Gefühl danach, beschreibt Kaufmann wie nach einem guten Workout: "So einen Vorschlaghammer muss man erst einmal hochheben und schwingen können. Es ist super anstrengend, aber auch befreiend." 

Der Unterschied zwischen Männern und Frauen

Von Frauen wird oft erwartet, die Fassung bewahren zu müssen. Bei uns in der Smashbox können sie ihrer Wut freien Lauf lassen, ohne verurteilt zu werden.

Michael Kaufmann, Geschäftsführer Smashbox Graz

Wer Bedenken hat, dem empfiehlt Kaufmann, das Paket "Chaos in Color" auszuprobieren. Dabei wird ein Raum mit Spraydosen und Farbbomben verwüstet. Spannend ist auch der Unterschied zwischen Männern und Frauen. Kaufmann: "Am Anfang sind die Frauen immer zurückhaltender, aber gegen Ende hin gefällt es ihnen am meisten. Ich glaube, das liegt daran, dass von Frauen oft erwartet wird, sich zurückzuhalten und die Fassung zu bewahren. Bei uns in der Smashbox können sie den angestauten Aggressionen freien Lauf lassen, ohne das Gefühl zu haben, verurteilt zu werden." Wut niederzuhalten, ist also alles andere als gesund. Früher oder später bahnt sich Zorn nämlich seinen Weg – ausschlaggebend ist, wie man damit umgeht. 

Kurzinterview mit Wutcoach Merlin Faude

Warum bzw. wann werden wir wütend?
Merlin Faude: Für Wut gibt es viele verschiedene Gründe und jeder hat seine eigenen Ursachen. Manchmal sind es belastende Erinnerungen, wie als Kind ausgelacht worden zu sein. Auch die eigene Erwartungshaltung mitsamt selbst aufgestellten Regeln kann wütend machen. Ein gutes Beispiel: Ich erscheine zu einem Treffen pünktlich, die andere Person kommt zu spät, weiß aber, wie wichtig mir Pünktlichkeit ist. Auch unterdrückte Bedürfnisse wie zu wenig Schlaf oder Hunger können dafür sorgen, dass sich die Zündschnur verkürzt.

Wie geht man damit um?
Merlin Faude: Das kommt darauf an, ob man kurz- oder längerfristig denkt. Für langfristige Erfolge empfiehlt es sich, an die Ursachen der Wut zu gehen. Was ist die tatsächliche Ursache? Gemeinsam mit unseren Klienten bearbeiten wir diese Stück für Stück.

Wann spricht man von einem Wutproblem?
Merlin Faude: Wenn die eigene Wut dafür sorgt, dass die Beziehungen im Leben zunehmend geschädigt werden. Wenn ich zum Beispiel mein Kind wiederholt anschreie oder durch meine Wut Probleme im Job bekomme. Chronische Wut kann auf Dauer auch zu gesundheitlichen Problemen führen.

Merken Sie einen Unterschied zwischen Ihren männlichen und weiblichen Kunden?
Merlin Faude: Wir haben tendenziell mehr männliche Kunden, aber die Wut äußert sich überwiegend gleich. Unterschiede gibt es jedoch bei den Motiven, etwas verändern zu wollen. Männer fürchten eher, die Menschen um sich herum zu verlieren. Frauen hingegen haben häufiger die Angst, ihren Ki

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