Spionageaffäre: Anklage gegen Ex-Spitzendiplomat
Die Staatsanwaltschaft Wien hat Anklage gegen den früheren Spitzendiplomaten Johannes Peterlik erhoben. Ihm wird Amtsmissbrauch und Geheimnisverrat vorgeworfen. Der ehemalige Generalsekretär im Außenministerium unter Karin Kneissl (FPÖ) soll 2018 geheime Dokumente angefordert und weitergegeben haben. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Darum wird Peterlik angeklagt
Im Herbst 2018 soll Johannes Peterlik laut Staatsanwaltschaft Wien Unterlagen der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) angefordert haben. Die Dokumente standen im Zusammenhang mit dem Giftanschlag im britischen Salisbury auf den russischen Ex-Agenten Sergej Skripal. Sie waren als geheim eingestuft und enthielten auch chemische Formeln des Nervengifts Nowitschok. Ermittler werfen Peterlik vor, diese Papiere ohne dienstlichen Grund angefordert zu haben. Die Unterlagen sollen ausschließlich für internationale Ermittlungsbehörden bestimmt gewesen sein.
Weitergabe und Ermittlungen
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Peterlik die Dokumente dem ehemaligen Verfassungsschützer Egisto Ott gezeigt haben soll. Ott steht in einer eigenen Causa wegen Spionage vor Gericht. Durch die Weitergabe der Berichte soll nach Ansicht der Ermittler das Vertrauen internationaler Organisationen in Österreichs Geheimhaltungspflichten gefährdet worden sein. Eine gerichtliche Bestätigung dieser Vorwürfe liegt nicht vor. Peterlik bestreitet die Anschuldigungen.
Auch der frühere Wirecard-Manager Jan Marsalek soll im Besitz solcher Berichte gewesen sein. Nach Recherchen der „Financial Times“ prahlte er gegenüber Geschäftspartnern damit, OPCW-Dokumente zu besitzen, die aus Österreich stammen sollen. Ermittler vermuten Verbindungen über Ott und dessen früheren Vorgesetzten Martin Weiss, fanden aber keine Beweise für eine direkte Übergabe. Diese Ermittlungen wurden eingestellt.
Politische Verbindungen und Folgen
Peterlik galt als erfahrener Diplomat mit enger Bindung zur ÖVP. Er arbeitete unter Außenministerin Benita Ferrero-Waldner, war Botschafter in Vietnam und Thailand und später im Kabinett der damaligen Familienministerin Sophie Karmasin tätig. Nach seinem Wechsel in das Außenministerium unter Karin Kneissl, die von der FPÖ nominiert wurde, stieg er zum Generalsekretär auf. In dieser Zeit soll er laut Ermittlungsakten auch an Plänen für einen internen Nachrichtendienst im Ministerium beteiligt gewesen sein. Seine Ehefrau Ria Peterlik arbeitete zuvor im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung.
Das Landesgericht für Strafsachen Wien entscheidet nun, ob das Verfahren eröffnet wird. Peterlik droht im Fall einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.