Direkt zum Inhalt
Maximilian Hagmayr, Spielerberater
Der gebürtige Welser Maximilian Hagmayr, 65, ­spielte im Fußball-Nationalteam. 2001 gründete er die Hagmayr Sportmanagement GmbH.
Der gebürtige Welser Maximilian Hagmayr, 65, ­spielte im Fußball-Nationalteam. 2001 gründete er die Hagmayr Sportmanagement GmbH.
Michael Rausch - Schott / Verlagsgruppe News

Was ist Innovation? Gläserne Fußballspieler

20.07.2022 um 06:00, Klaus Schobesberger
min read
Teil 4 unserer Innovations-Serie: Max Hagmayr ist einer der erfolgreichsten Spielerberater des Landes. Der Ex-Internationale über gläserne Spieler, Digitalisierung und Innovationen im Fußball.

Welche bahnbrechenden Innovationen im Fußball hat es von Ihrer Zeit als Spieler bis heute gegeben?
Max Hagmayr: Es sind noch immer elf Spieler am Platz und es ist immer noch entscheidend, ins Tor zu treffen. Aber sonst blieb kein Stein auf dem anderen. Allein die Professionalität rund um Finanzielles, das Umfeld oder die medizinische Betreuung haben sich enorm weiterentwickelt. Heute ist jede Mahlzeit exakt durchgeplant. Wie ich als junger Spieler beim SK VOEST war, bekamen wir vier Stunden vor dem Spiel einen Bauernschmaus. Da war ich damals schon verwundert. Heute werden die Spieler wie Rennpferde betreut und sind viel mehr geschützt als früher. Als Stürmer bin ich von den Verteidigern ungestraft geklopft worden, da gäbe es heute schon gelbe und rote Karten. Aber wir waren gestandene Männer, das ­vermisse ich. Spieler leben heute in einer Wohlfühloase. Ich denke, dass wir damals mehr Persönlichkeiten waren.

Auch das Berater- und Manager­umfeld ist professioneller geworden. Wie kam es dazu?
Hagmayr: Mit dem Bosman-Urteil 1995 kam es zu einer unglaublichen Wende im Transfergeschäft. Als ich 1982 zum KSC in die deutsche Bundesliga wechselte, hatte ich keinen gültigen Vertrag mehr, dennoch mussten sich die ­Vereine einigen und ich wurde um fünf Millionen Schilling verkauft. Zu meiner Zeit hat mir niemand gesagt, was ich tun soll. Seit dem Bosman-Urteil stieg die Zahl der Berater. Ich habe 1999 noch alle Prüfungen gemacht und musste eine Bankgarantie für eventuelle Beratungsfehler abgeben. Die FIFA hat das später aufgehoben und nun glaubt jeder, ein Berater sein zu können. Doch was in dem Geschäft zählt, ist Erfahrung. Wenn ich Inter Mailand, Atlético Madrid oder andere Vereine anrufe, hebt man ab, weil man mich kennt.

Es sind noch immer elf Spieler am Platz und es ist immer noch entscheidend, ins Tor zu treffen. Aber sonst blieb kein Stein auf dem anderen.

Die Digitalisierung hat im Fußball schon längst Einzug gehalten. Hat sie das Spiel verändert?
Hagmayr: Es werden Spielsysteme mittels Daten exakt analysiert und Spieler sind heute gläsern. Es gibt Scoutingtools und Datenbanken, wo man alles nachlesen kann. Erst wenn ein Verein einen Spieler interessant findet, schauen sie ihn sich live an. Dazu gibt es ein genaues Profil, welchen Typ von Kicker sie wollen. Das verstehen die Spieler oft nicht. Sie spielen gut, aber wenn irgendwas vom Profil her nicht passt, nehmen sie dich nicht mehr. Mittlerweile schauen sich die Vereine aber nicht nur das Sportliche an, sondern auch, was die Spieler auf Instagram, Facebook und Co posten. Die Klubs horchen sich um, welchen Charakter sie haben. Ich rate meinen Spielern daher, in den sozialen Medien Sportliches zu posten und nicht die neue Uhr.

1863 wurden in der Londoner Freemasons’ Tavern die heutigen Fußballregeln erfunden. Derzeit gibt es einen Streit, ob man den Einwurf abschaffen soll. Braucht es Innova­tion bei einem 159 Jahre alten Regelwerk?
Hagmayr: Ich glaube schon, dass man immer versuchen kann, sich das ganze Regelwerk anzusehen und zu adaptieren. Das heißt jetzt nicht, dass man den Einwurf aufgibt – man muss die Kirche schon im Dorf lassen. Es ist wichtig, sich auf das zurückzubesinnen, was das Spiel ausmacht. Fußball ist deshalb so erfolgreich und für alle Leute da, weil sie es verstehen. Es kann über alles diskutiert werden, das gehört dazu, aber wenn das Spiel zu synthetisch wird, nimmt man die Emotion. Man hat das gesehen, als keine Zuschauer in den Stadien erlaubt waren – da fehlte etwas. Es braucht aber gewisse Innovationen, wie den VAR. Ich bin klar für den Videoschiedsrichter. Er ist ein wichtiges Tool für mehr Objektivität. Doch FIFA und UEFA entfernen sich immer mehr von der Realität. Sie wollen noch mehr Bewerbe schaffen. Damit tut man den Spielern nichts Gutes. Ein Nationalspieler, der in einem europäischen Bewerb spielt, kommt auf bis zu 50 Spiele im Jahr. Das hält kein Körper mehr aus, und auch die Fans sind irgendwann einmal satt.

more