Erste Anlaufstelle für Unternehmen
Die Bezirksstellen der Wirtschaftskammer Oberösterreich stehen selten im Rampenlicht, dabei bilden sie das Rückgrat der Kammerorganisation, ist Robert Oberfrank überzeugt. 44 Jahre ist der gebürtige Bad Ischler Teil der WKO Oberösterreich, seit 1994 leitet er die Bezirksstelle Gmunden, zuletzt fungierte er als Leiter der Abteilung Bezirksstellen – eine Funktion, die er mit 1. Juli 2025 an Thomas Brindl übergibt. Im November geht Oberfrank in Pension. Für seinen Einsatz für die Interessen der Unternehmen wurde ihm von Landeshauptmann Thomas Stelzer 2020 das „Goldene Verdienstzeichen das Landes OÖ“ verliehen. Verheiratet ist Oberfrank mit Andrea Frauscher-Oberfrank von der Bootswerft Frauscher in Gmunden. Thomas Brindl (38) ist studierter Jurist und leitet die Wirtschaftskammer Wels seit 2018. Davor war er als Mitarbeiter im EU-Parlament und im Nationalrat tätig. „Der persönliche Kontakt wird gerade in
Zeiten der Digitalisierung und künstlicher Intelligenz immer Bedeutung haben“, ist Brindl überzeugt.
CHEFINFO: Was sind die Kernaufgaben der 15 WKO-Bezirksstellen für die Wirtschaft in Oberösterreich?
Robert Oberfrank: Die Bezirksstellen sind das regionale Rückgrat der WKO Oberösterreich. Wir verstehen uns als erste Anlaufstelle für Unternehmen, unabhängig von Branche oder Betriebsgröße und setzen uns mit allen Kolleginnen und Kollegen in der WKO für unsere Unternehmen ein. Unsere Aufgaben reichen von Serviceberatung über Standortentwicklung bis hin zu regionaler Interessenvertretung. Wir haben jährlich mehr als 25.000 Anfragen, bei denen wir unseren Mitgliedsbetrieben weiterhelfen können.
Thomas Brindl: Die Bezirksstellen punkten durch ein perfektes persönliches Netzwerk in den Regionen, was letztlich unseren Mitgliedsbetrieben zugutekommt. Wir kennen die Herausforderungen vor Ort, wissen, wo der Schuh drückt und können rasche Hilfestellung leisten bei allen unternehmerischen Aufgaben.
Wie tragen die Bezirksstellen dazu bei, die Interessen der Unternehmen zu vertreten und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken?
Oberfrank: Wir haben das Ohr bei den Betrieben, sind im ständigen Austausch und bringen die aktuellen Themen in die politischen Entscheidungsprozesse ein. Beispielsweise gelingt es uns oftmals in Verkehrsverhandlungen, Straßensperren zum Wohl der Unternehmer zu verkürzen oder die Entwicklung von Betriebsbaugebieten mittels Inkoba-Verbänden zu beschleunigen. Gerade für kleine Betriebe sind Rechtsberatungen besonders wichtig, denn diese haben keine eigene Rechtsabteilung. Hier gilt es, durch unser Netzwerk Betriebe zu Behörden zu begleiten oder die richtigen Fachberater zu finden.
Brindl: Zusätzlich bieten wir unzählige Angebote in den Bezirken, mit denen wir gezielt relevante Inhalte vermitteln, die unsere Mitglieder tagtäglich benötigen. Damit unsere Betriebe wettbewerbsfähig bleiben können, braucht es u. a. auch ein ständiges Weiterbilden bei Zukunftsthemen. In unseren regionalen WIFIs bilden sich rund 20.000 Teilnehmer weiter und stärken dadurch die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, in denen sie tätig sind.
Inwiefern fungieren die Bezirksstellen als Netzwerk- und Kommunikationsdrehscheibe für Unternehmen?
Brindl: Der Netzwerk-Gedanke wird von den Bezirksstellen täglich gelebt. Ein gemeinsamer Austausch ist wichtig, um voneinander zu lernen sowie um Geschäftsbeziehungen aufzubauen und zu pflegen. Bei rund 500 Veranstaltungen im Jahr vernetzen wir die Unternehmer und liefern ihnen gleichzeitig auch wertvolle Inputs für ihre tägliche Arbeit. Auch durch die Geschäftskontaktmessen profitieren die Betriebe, indem sie zu ihnen passende Geschäftspartner finden.
Was bringen Initiativen wie die „OÖ Job Week“ oder das „Next Step“-Programm?
Oberfrank: Mit diesen Leitprojekten der Bezirksstellen bieten wir Plattformen, die es in dieser Form nicht gäbe und wollen dabei einerseits eine professionelle, über das ganze Bundesland hinausgehende Bühne bieten, mit der wir unsere Arbeitgeberbetriebe sichtbar machen. Jährlich nehmen rund 300 Betriebe an der „OÖ Job Week“ teil, die von rund 8.000 Teilnehmern besucht wird. „Next Step“ wiederum richtet sich als exklusives Angebot an Jungunternehmer, die sich erfolgreich am Markt etabliert haben und nun den nächsten Schritt in Richtung Weiterentwicklung mit uns gemeinsam gehen möchten. Für dieses sechsmonatige, von der WKOÖ geförderte Programm mit fünf Workshoptagen und einem persönlichen Einzeltraining gibt es jährlich Angebote in vier verschiedenen Bezirken. Nicht zu unterschätzen ist der Mehrwert für die Unternehmer durch die Vernetzung der Teilnehmer.
Wie fördern die Bezirksstellen Gründer und Jungunternehmer?
Brindl: Als Bezirksstellen sind wir die erste Adresse, wenn es um die Unternehmensgründung geht. Hier bieten wir ein einzigartiges, kostenloses Angebot für Selbstständige. Insbesondere in dieser Phase ist es wichtig, dass Jungunternehmer einen verlässlichen Partner an der Seite haben. Die Anforderungen sind dabei oftmals komplex und erfordern ein breites Fachwissen, das wir als WKO-Bezirksstellen mitbringen. Für mich persönlich ist gerade der Erstkontakt zu unserer Organisation von großer Bedeutung, denn wie so oft im Leben gilt auch hier: Für den ersten Eindruck gibt‘s keine zweite Chance. Deshalb muss dieser Service zu 100 Prozent stimmen.
Oberfrank: Eine allgemeine Erstinfo bekommen die Gründer in unseren rund 150 Workshops, die in allen Bezirken Oberösterreichs von unseren Mitarbeitern abgehalten werden. Bei mehr als 2.000 Gründungs- und Nachfolgeberatungen und zusätzlich rund 4.000 kompakten Gründerinfos pro Jahr informieren und begleiten wir die Unternehmensgründer bestmöglich bei ihrer Lebensentscheidung. Natürlich gibt es auch regionale Unterschiede. In den Tourismusregionen überwiegen beispielsweise die Anfragen zur Selbstständigkeit in Gastronomie und Hotellerie.
Welche Rolle spielen die Bezirksstellen bei der Zusammenarbeit mit Gemeinden, Ministerien oder Bildungseinrichtungen?
Oberfrank: Als Bezirksstellen sind wir in regelmäßigem Austausch mit den Gemeinden. Als regionale Wirtschaftsvertretung ist uns die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung der Regionen ein besonderes Anliegen. Dies kann nur in Zusammenwirken mit den Gemeinden erfolgen. Gemeinschaftsprojekte im Rahmen von „Leader“-Förderungen, Initiativen zur Belebung von Stadtzentren oder Unternehmenskooperationen sind in unserer „DNA“ verankert.
Brindl: In unseren Arbeitskreisen „Schule trifft Wirtschaft“ arbeiten wir eng mit den regionalen Bildungseinrichtungen und Berufsorientierungslehrern zusammen. Wir möchten den Jugendlichen aufzeigen, wie wichtig eine qualifizierte Ausbildung ist. Dazu bieten wir mehr als 20 regionale Lehrlingsmessen an, bei denen rund 1.000 Ausstellerbetriebe die verschiedenen Berufe vorstellen und die Schüler sich anschauen können, welcher Beruf zu ihnen passen könnte. Das Projekt „KET – Kinder erleben Technik“ soll bereits Kindergartenkinder für die Technik begeistern. Mit den Verleihstationen werden jährlich rund hundert Kindergärten beliefert, und den KET-Paketverleih nehmen pro Jahr 160 Bildungseinrichtungen in Anspruch. In vielen verschiedenen regionalen Projekten versuchen wir zusätzlich, einen Beitrag zur Fachkräftesicherung zu leisten. Gemeinsam mit unseren Fachabteilungen halten wir darüber hinaus regelmäßigen Austausch zu Land und Bund, um für unsere Unternehmer eine bestmögliche Interessenvertretung zu erzielen.
Welche Bezirke haben sich besonders dynamisch entwickelt? Wo gibt es Unterschiede in der Unternehmensstruktur? Welcher Bezirk weist die höchste Gründungsintensität auf?
Brindl: Oberösterreich ist Wirtschaftsbundesland Nummer eins, was bedeutet, dass sich die Wirtschaft in allen Regionen Oberösterreichs weiterentwickelt hat. Egal, ob Innviertel oder Mühlviertel – der ländliche Raum hat sich zu einer bedeutenden Wirtschaftskraft entwickelt. Auch die Region Linz-Wels-Steyr ist österreichweit an der Spitze. Die regionalen Unterschiede machen das Wirtschaftsbundesland Oberösterreich zu einem sehr spannenden Tätigkeitsbereich. Gerade diese Individualität zählt hier zu den Stärken der Bezirksstellen.