„Viele Unternehmen haben Digitalschulden“
CHEFINFO: Wie würden Sie ganz kurz Ihre Dienstleistung beschreiben?
Michaela Mader: Wir räumen die Datenlandschaft von Unternehmen gründlich auf. Dafür braucht man ganz lange Gummihandschuhe, denn das ist echte Knochenarbeit, doch sie lohnt sich. Saubere Daten haben einen enormen Impact auf die Organisationsentwicklung. Es gibt uns nun schon seit acht Jahren und wir hätten wohl noch 40 bis 50 Jahre gut zu tun.
Wie ist es um die Datenqualität in unseren Unternehmen bestellt? Gibt es gravierende Unterschiede?
Mader: Der Reifegrad der Digitalisierung hängt nicht unbedingt nur mit der Unternehmensgröße zusammen. Natürlich haben größere Unternehmen mehr Ressourcen und Skills, um sich mit der Datenqualität zu beschäftigen, und sie haben damit einen gewissen Vorsprung. Doch es gibt auch Unterschiede zwischen Dienstleistern, wie beispielsweise Banken, und dem produzierenden Gewerbe. Ist man in der Produktion noch mehr in der Werkshalle, wird bei Dienstleistern das Geschäft in den Daten abgebildet.
Was bewegt Unternehmen, zu Ihnen zu kommen und das Thema Daten-Governance anzugehen?
Mader: Es gibt unterschiedliche Treiber. Zum einen sind unsere Kunden intrinsisch getrieben. Will ich die nächsten 20 Jahren überleben und mich um neue Dienstleistungen, Services oder Produkte kümmern, dann muss ich auch die Daten im Griff haben. Wenn ich ein Produkt entwickeln will, brauche ich eine schnelle Analyse und rasch einen Prototyp, um die Time to Market so kurz wie möglich zu halten. Habe ich meine Grunddaten nicht sauber, verzögert sich der Prozess enorm. Zum anderen gibt es die extrinsische Motiva-tion, etwa durch diverse Regulatorien. Die 2018 eingeführte DSGVO betrifft fast alle Unternehmen. Jetzt ist es der EU-Data- bzw. der AI-Act. Im Bankenbereich gibt es die Regulatorien der EZB. Im Zentrum stehen immer die drei Ts – Transparancy, Trust und Traceability. Viele Kunden, die zu uns kommen, stehen noch am Fuß des Berges und wissen nicht, wie sie ihn erklimmen sollen.
ZUR PERSON
Michaela Mader, Geschäftsführerin von dataspot., studierte Betriebswirtschaft und arbeitete als Controllerin. Dort entdeckte sie die Notwendigkeit für fachliches Datenmanagement bzw. Datenqualität. 2016 gründete sie gemeinsam mit Barbara Kainz dataspot. als Data Governance-Beratung. Mittels fachlichem Framework wird mit den Kunden der Weg in Richtung Data Excellence beschritten. Die eigene Data Governance-Software für Metadatenmanagement wurde in der jährlichen BARC’s Data Management Survey mit 23 #1-Positionen und einer Leading Position ausgezeichnet.
Wer ist eigentlich in Unternehmen für die Datenqualität verantwortlich?
Mader: Ein Grundfehler ist, dass die Unternehmensführung oft denkt, dass das Lösen von Datenproblemen die Aufgabe der IT-Abteilung ist. Das ist grundlegend falsch. Die IT stellt nur die Rahmenbedingungen zur Verfügung. Der Inhalt, sprich die Daten an sich, sind in der fachlichen Verantwortung der Businessbereiche. Die Qualität der Daten wird daher nicht besser, wenn man noch einen weiteren Developer anstellt. Es gilt, ein fachliches Datenmanagement einzuführen.
Wie geht man das Thema nun strukturiert an?
Mader: Das Motto „govern your data“ fordert, Daten in den Griff zu bekommen, um sie gewinnbringend zu nutzen. Die erste Frage ist dabei immer: Welche Daten habe ich überhaupt? Die zweite: Welche Daten sind relevant? Dabei stellen fast alle fest, dass die Finanzdaten immer sauber sind, aber jene von Vertrieb, HR oder Verkauf chaotisch. Damit habe ich aber keine Steuerungs- und Weiterentwicklungsmöglichkeit. Viele Firmen haben daher Digitalschulden, sprich keine Grundlagen. Unser Job ist es, die Prozesse in saubere Daten zu übersetzen. Das ist viel Definitionsarbeit. Das beginnt damit, zu fragen: Was ist eigentlich ein Kunde? Wir führen -unsere Kunden durch einen strukturierten Prozess. Dabei geht es auch um Metadaten, also Daten über Daten. In den Metadaten finden wir Beschreibungen, -Attribute und Beziehungen. Damit lässt sich feststellen, wem die Daten gehören und wer für dessen Pflege verantwortlich ist. Das klingt einfacher, als es ist. Wem gehört etwa ein Kunde? Dem Key Account? Dem Verkauf? Dem After Sales? Ich brauche also alle relevanten Leute aus den Fachbereichen. Es gilt, das Wissen in Unternehmen zusammenzuführen. Leider gibt es immer wieder Kopfmonopole, Menschen, die Wissen haben, es aber nicht weitergeben. Dieses Wissen muss raus aus den Köpfen. Die Fragen des Datenschutzes werden während des Prozesses gleich mitbeantwortet. Einfaches Beispiel: Will ich dem Kunden eine Geburtstagskarte schicken, brauche ich sein Geburtsdatum. Nur, darf ich das überhaupt haben?
KI, Taxonomie, ESG: Es kommen viele Herausforderungen und Chancen auf Unternehmen zu. Wird die Qualität der Daten dadurch noch wichtiger?
Mader: Es kommen jetzt immer mehr Unternehmen und wollen „etwas mit AI“ machen. Doch wenn man es runterbricht, merken sie erst, dass sie keine Datenbasis haben und ohne die keine KI. Dazu kommen Treiber wie Lieferkette und Taxonomie. Auch hier muss man sich fragen: Woher kommen meine Daten? Wer liefert mir die Daten bzw. wo finde ich sie? Beim Thema ESG habe ich kein Problem, wenn ich meine Grunddaten in Ordnung habe. 80 Prozent davon ist schon in den Unternehmensdaten enthalten.