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Christian Mikunda, Autor und Shopping-Dramaturg
Christian Mikunda, Autor und Shopping-Dramaturg
Christian Mikunda, Autor und Shopping-Dramaturg
Robert Maybach

Marken experimentieren mit Upgrades

05.06.2025 um 15:23, Klaus Schobesberger
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Glücksgefühl. Autor und Shopping-Dramaturg Christian Mikunda erklärt im Interview, warum Konsumenten „Dritte Orte“ im Handel bevorzugen.

CHEFINFO: Automobile Brandlands oder Concept-Stores in der City: Der Handel setzt zunehmend auf Erlebnisse rund um die Marke. Warum? 
Christian Mikunda: Ich habe über das Phänomen bereits 2002 das Buch „Marketing spüren. Willkommen am Dritten Ort“ geschrieben. Dabei geht es um den Mehrwert, den „Dritte Orte“ dem Kunden neben dem eigentlichen Produkt vermitteln können. Ein Geschäft ist heutzutage nicht mehr nur ein Ort, an dem man schnell etwas einkauft. Vielmehr ist es auch ein Ort, an dem sich der Kunde weiterbildet, inspirieren lässt und an dem er herausfinden kann, wer er selbst ist.

Warum „Dritter Ort“?
Mikunda: Der Begriff stammt ursprünglich vom amerikanischen Soziologen Ray Oldenburg. Für ihn ist der erste Ort die eigene Wohnung, der zweite Ort der eigene gestaltete Arbeitsplatz, der einem auch ein Zu-Hause-Gefühl vermittelt. Zu den dritten Orten zählen beispielsweise Museen, Hotellobbys oder Einzelhandelsgeschäfte. Hier geht es oft stark um das Gemeinschaftsgefühl und das Erlebnis für den Besucher oder Konsumenten. Du bist Bestandteil von einer größeren ­Community.

In manchen Apple Stores sucht man vergeblich nach einer Kassa. Bezahlt wird bei Mitarbeitern und ihren mobilen Check-out-Lösungen. Ist das ein dritter Ort?
Mikunda: Ganz zweifellos. Ein gutes Beispiel dafür ist auch Apples Konzept der Genius Bars, das vor allem in den USA sehr verbreitet ist. Kunden können dort nach vorheriger Terminvereinbarung von speziell geschulten Mitarbeitern, den sogenannten „Geniuses“, persönliche Unterstützung für Apple-Produkte erhalten, wenn sie ein Problem nicht mehr selber lösen können. Erfolgreiche Marken lernen, sich intensiv mit ihren Kunden und deren Bedürfnissen auseinanderzusetzen. Sie schaffen Erlebnisräume, in denen der Kunde nicht nur ein Produkt erwirbt, sondern ein ganzheitliches Marken­erlebnis genießen kann.

H&M startet in einigen Metropolen mit dem Concept-Store Arket durch, in dem Kunden während des Einkaufs einen Espresso genießen können. Eine neue Entwicklung? 
Mikunda: Es ist in der Tat ein interessantes Phänomen, dass der gesamte Bereich der Fast Fashion gerade versucht, sich um einen halben Stern „upzugraden“. Bei Zara in Dubai hat man beispielsweise das Gefühl, mitten in einem Dior-Geschäft zu stehen. Aber auch H&M hat sich an verschiedenen Standorten weltweit deutlich aufgewertet. Etwa mit seiner Luxus-Fast-Fashion-Marke „& Other Stories“. In ­Miami Beach wiederum gibt es einen zweistöckigen H&M-Flagship-Store in einem ehemaligen Art-déco-Kino. Dort, wo früher die Leinwand war, haben sie einen riesigen LED-Bildschirm installiert, den größten, den ich je gesehen habe. Darauf sind H&M-Werbeclips zu sehen, und das Ganze wird mit der emotionalen Ausstrahlung des Art-déco-Stils kombiniert. Auch in Österreich gibt es ähnliche Beispiele, etwa den Interspar am ­Wiener Schottentor, der in einer ehemaligen Bank untergebracht ist. Die ­Marken experimentieren im Moment mit Upgrades. Der Concept-Store Arket von H&M ist so ein Versuch. 
 

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