"Wir prüfen auf Augenhöhe"
CHEFINFO: Was war der Anlass für die Gründung des Landesrechnungshofs in Oberösterreich vor 25 Jahren?
Rudolf Hoscher: Die Möglichkeit dafür war verfassungsrechtlich gegeben. Aus meiner Sicht war es eine Zeit, in der das Thema der „Checks and Balances“ sehr ernst genommen wurde. In Oberösterreich entschieden sich dann die vier Landtagsfraktionen – ÖVP, FPÖ, SPÖ und Grüne – gemeinsam, den Landesrechnungshof zum 1. Januar 2000 ins Leben zu rufen. Durch diese Institutionalisierung konnte eine starke Unabhängigkeit erreicht werden. Als Direktor des Landesrechnungshofs bin ich weisungsfrei und nur dem Landtag verpflichtet. Wir haben Personalhoheit und Budget-hoheit, was uns von anderen Kontroll-ämtern in Städten unterscheidet. Einzige Ausnahme ist hier Wien, das einen Sonderstatus hat. Diese Unabhängigkeit war ein entscheidender Faktor, um die Kontrollfunktion des Landesrechnungshofs glaubwürdig und effektiv umsetzen zu können.
Welche Bilanz ziehen Sie aus diesen 25 Jahren?
Hoscher: In den 25 Jahren seit der Gründung haben wir insgesamt 584 Berichte und Gutachten erstellt. Wir waren in rund 125 Kontrollausschüssen vertreten, also in jenen Gremien, in denen die Landtagsabgeordneten unsere Prüfergebnisse diskutieren. Darüber hinaus waren wir in zahlreichen Landtagssitzungen präsent, um unsere Arbeit zu erläutern und zu vertreten. Besonders erfreulich ist, dass wir einen Umsetzungsgrad unserer Verbesserungsvorschläge von rund 90 Prozent erreichen konnten.
Warum werden Ihre Verbesserungsvorschläge in diesem hohen Ausmaß umgesetzt?
Hoscher: Wir haben Kontrolle durch den Landtag und führen Folgeprüfungen durch, um die Wirksamkeit unserer Vorschläge zu überprüfen. Wir können die Verwaltung aber nicht direkt anweisen, etwas zu ändern. Unsere Wirkung entfaltet sich vielmehr dadurch, dass unsere Vorschläge vom zuständigen Kontrollausschuss angenommen und transparent gemacht werden. Durch unsere Empfehlungen konnten wir dem Land Oberösterreich bereits mehrere hundert Millionen Euro einsparen.
Durch unsere Empfehlungen konnten wir dem Land Oberösterreich bereits mehrere hundert Millionen Euro einsparen.
Wie kommen diese millionenschweren Einsparungen zustande?
Hoscher: Wir konnten etwa bei der Prüfung eines Kollektivvertrags im Sozialbereich dazu beitragen, dass die Übergangsregelungen anders umgesetzt wurden als ursprünglich geplant. Dadurch konnten dem Land sehr hohe Beträge in Millionenhöhe eingespart werden. Neben diesen direkt messbaren Einsparungen machen wir auch viele Vorschläge, deren Wirkung sich nicht unmittelbar in Zahlen fassen lässt, aber trotzdem zu Effizienzsteigerungen führt. Hinzu kommt eine präventive Wirkung, die ebenfalls nicht monetär zu bewerten ist. Allein die Tatsache, dass wir als Rechnungskontrollbehörde existieren und jederzeit Prüfungen durchführen können, hat einen hohen Einfluss auf das Handeln unserer Prüfkunden.
Im Schnitt liefern Sie 23 Berichte jährlich. Würden Sie gerne mehr prüfen?
Hoscher: Natürlich haben wir das Ziel, unsere Prüfberichte zeitnah zu erstellen. Aber die Qualität ist für uns genauso wichtig. Im Vergleich zu anderen Rechnungskontrollbehörden haben wir eine sehr kurze Durchlaufzeit für unsere Berichte – in der Regel etwa ein Dreivierteljahr vom Prüfbeginn bis zur Veröffentlichung. Das ist schon sehr zügig.
Wenn es nach uns ginge, würden wir gerne auch Gemeinden, die mehr als 10.000 Einwohner haben wie Linz, Steyr oder Wels sowie deren Unternehmen prüfen. Ebenso wären Gemeindeverbände oder Tourismusverbände interessante Prüfobjekte für uns. Hier sehen wir noch Lücken in unserer Prüftätigkeit.
Ihre Prüfungen dürften nicht bei allen Stellen auf Gegenliebe stoßen. Ist es für den Landesrechnungshof ein bisschen so, wie wenn das Finanzamt zu einer Betriebsprüfung kommt?
Hoscher: Wir wollen uns jetzt nicht mit dem Finanzamt punkto Unbeliebtheit matchen. Aber unser Ansatz ist es schon, auf Augenhöhe zu prüfen. Es wäre kontraproduktiv, wenn wir bei unseren Prüfungen eine überlegene Haltung einnehmen würden. Stattdessen sind wir darauf angewiesen, dass uns die geprüften Stellen offen und informativ begegnen und uns die nötigen Informationen zur Verfügung stellen. Nur so können wir unsere Arbeit effektiv und zielführend erledigen.
In Salzburg wurde der Leiter des Landesrechnungshofs von politischer Seite als Großinquisitor bezeichnet. Haben Sie Ähnliches erlebt?
Hoscher: In meiner bisherigen Amtszeit von zweieinhalb Jahren habe ich noch keinen vergleichbaren politischen Widerstand erlebt. Wenn unsere Verbesserungsvorschläge nicht umgesetzt werden, hinterfrage ich die möglichen Gründe dafür schon. Grundsätzlich muss sachliche Kritik überall möglich sein. Sollte es darüber hinaus zu persönlichen Angriffen kommen, muss man darüber erhaben bleiben. Jeder kennt schließlich seine Rolle – und das ist in meinem Fall die des Direktors des Landesrechnungshofs.
Welche Rolle spielen künstliche Intelligenz und Datenanalyse bei Ihnen im Haus?
Hoscher: Gemeinsam mit den anderen sieben Landesrechnungshöfen und dem Stadtrechnungshof Wien haben wir vergangenen September ein Projekt gestartet, das von der Europäischen Union finanziert wird. Dabei bauen wir verschiedene Anwendungsfälle auf, die dann hinsichtlich ihrer Umsetzungsmöglichkeiten geprüft werden. Das ist ein sehr wichtiges Thema für uns, das uns auch in Zukunft bei unseren Prüfungen unterstützen wird. Die größte Herausforderung, die wir dabei lösen müssen, ist sicherzustellen, dass wir keine Software-Module verwenden, deren Datenspeicherung nicht vollständig kontrollierbar ist – also nicht irgendwo in den USA liegt. Die Cloud-Infrastruktur muss absolut sicher sein, denn sobald wir nicht öffentliche Informationen in einer nicht ausreichend geschützten Cloud ablegen, würde das gegen unser Geheimhaltungsgebot verstoßen. Die Compliance-Frage ist hier also von entscheidender Bedeutung.