Ich wollte in die Schlammzone
Ottogerd Karasch, 41, ist ein Überlebenscoach, Abenteurer und Ex-Fallschirmjäger der deutschen Bundeswehr. Prominent wurde er als Gewinner einer Staffel in dem Survival-Format „7 vs. Wild“. Heute ist „Otto Bulletproof“ ein auch in Österreich beliebter YouTube-Star, dessen Survival-Formate auf dem eigenen Kanal millionenfach geklickt werden. Was weniger bekannt ist: Karasch zählt zu den größten Direktimporteuren von amerikanischen Marken-Lebensmitteln – mit Kunden wie Rewe, Aldi und Metro.
Sie waren bei der Bundeswehr bereits ein umtriebiger Unternehmer mit einem boomenden Onlineshop für US-Lebensmittel. Warum hat es Ihnen nicht gereicht, mit amerikanischem Bier und BBQ-Saucen Ihr Geld zu verdienen?
Im Hauptberuf war ich klar Soldat. Auch heute stehe ich noch voller Überzeugung hinter der Bundeswehr. Sonst hätte ich nicht noch den Reserve-Offizier drangehängt. Man kann aber auch Soldat und Unternehmer sein. Ich hatte mich schon als Kind dafür interessiert, wie man Dinge kaufen und weiterverkaufen kann. Der Handel ist einfach mein Ding. Das merkte ich auch bei meinen Auslandseinsätzen. In Afghanistan beispielsweise sah ich mich gerne auf den Märkten um und überlegte mir, was man hier kriegt und in Deutschland gut weiterverkaufen kann.
Und was sahen Sie da?
Lapislazuli zum Beispiel. Die bekanntesten Fundstätten des blauen Gesteins sind in Afghanistan und speziell im Hindukusch. Auf den Feldern und den Gewürzbasaren fiel mir dann der Safran ins Auge. Hätte es mich als Soldat in den Iran verschlagen, wäre ich vermutlich in den Handel mit Pistazien eingestiegen.
Was sagt die Bundeswehr dazu, wenn sich ihre Soldaten als Händler betätigen?
Im günstigsten Fall hat sie keine Einwände. Man muss aber zuvor einen Antrag gestellt haben, um sich den Nebenerwerb beziehungsweise den Zuverdienst bewilligen zu lassen. Davon abgesehen sollte sich jeder Soldat auf Zeit, der nicht Berufssoldat werden will, ohnehin fragen, was danach kommt. Offiziere, die bei der Bundeswehr studiert haben, müssen sich hier weniger Sorgen machen. Viele legen nach ihrer Zeit bei den Streitkräften eine steile Karriere in der Privatwirtschaft hin.
Warum kam das für Sie nicht infrage?
Weil schon das Abitur für mich nicht infrage kam und ich was erleben wollte. Ich wollte in die Schlammzone. Natürlich war da auch Abenteuerlust im Spiel. Ich war ein junger Bursche, der Sport liebte und Grenzerfahrungen in der Natur. Ein Fallschirmjäger-Bataillon passte gut. Meine Eltern waren nicht gerade begeistert, obwohl mein Vater selbst bei der Bundeswehr war, allerdings in einer Sportfördergruppe. Das kann man nicht mit einer Einheit vergleichen, in der die Soldaten auch draufgehen können. Dass ich irgendwann als Unternehmer und YouTuber von meinen extremen Erfahrungen bei der Bundeswehr profitieren würde, war nicht absehbar.
Hat es Sie überrascht, dass Ihre Videos über die härtesten Lehrgänge der Bundeswehr so gut ankamen?
Das hat mich in der Tat überrascht. Die Bundeswehr war bis zum Ausbruch des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 eher kein Thema in der Öffentlichkeit. Wenn man über sie in den Medien sprach, dann fast nur im Zusammenhang mit Skandalen. Aber so ist das eben.
Wie meinen Sie das?
In guten Zeiten wird die Notwendigkeit der Armee infrage gestellt. Es heißt nicht umsonst: In guten Zeiten wird Gott vergessen und der Soldat schlecht behandelt.
Ohne Waffen lassen sich Demokratien leider nicht schützen. Würden Sie Ihren Bekanntheitsgrad auch dafür nutzen, Testimonial der Rüstungsindustrie zu sein?
Ein klares Nein. Waffen gehören in die Hände von Spezialisten. Was ich mir aber schon vorstellen könnte, wären Streamingformate auf meinem Kanal, in denen wir hinter die Kulissen der Rüstungsindustrie blicken und zeigen, wie Waffensysteme und Waffenträger produziert werden. Man könnte auch zeigen, welche Berufsfelder sich dabei auftun.
Hätten Sie dabei die Unterstützung der Bundeswehr?
Die Bundeswehr hat mich bisher immer unterstützt – sei es bei der Freigabe von Bild- und Videomaterial oder als Schauplatz neuer Formate. Im April beispielsweise wird es eine neue Serie namens „Bulletproof – die Challenge“ zu sehen geben, gedreht in der Infanterieschule in der Saaleck-Kaserne in Bayern. Es geht dabei um sportliche Herausforderungen, an die sich neben Soldaten auch prominente Influencer ohne militärische Erfahrung heranwagen müssen. Ich werde dieses Mal nicht als Teilnehmer zu sehen sein, sondern bin nur Moderator und Kopf des Formats.
Wie lange können Sie noch so weitermachen? Selbst Sie können Ihre aktuell über 720.000 Follower nicht ewig in die Wildnis oder in die Arktis zum Überlebenskampf mitnehmen.
Also, zehn Jahre geht da bestimmt noch was! Ich jogge täglich und mache auch täglich Kraftsport. Außerdem hatte ich Glück und bisher keine größeren Verletzungen, außer einem Meniskusriss und dem Riss einer Bizepssehne. Ich habe noch viel Zeit, um viele Projekte umzusetzen.
Was steht auf der Agenda?
Im Frühjahr läuft auf meinem YouTube-Kanal der „Desert Warrior“, der sich in der Wüste von Namibia abspielen wird. Dann werde ich vielleicht auch manche Survivalformate wie den „Arctic Warrior“ mit anderen Teilnehmern wiederholen. Ich werde weiter mit der Führungsriege von Firmen wie Google Survival Camps veranstalten. Und ich möchte den „Bulletproof “- Merchshop stärker ausbauen, auch um weiter einen Teil der Erlöse an Organisationen wie „Oceana“ oder „Viva con Agua“ zu spenden, die die Natur schützen helfen oder für sicheren Zugang zu sauberem Trinkwasser sorgen.
Sind Sie auch an österreichischen Produkten für den Bulletproof-Shop interessiert?
Unbedingt. Wir kooperieren schon seit zwei Jahren sehr erfolgreich mit dem Kärntner Familienunternehmen Carinthia, das unter anderem hochwertige Jacken und Schlafsäcke herstellt, mit denen die Firma auch das Bundesheer und die Bundeswehr ausstattet. In dieser Saison nehmen wir zudem für uns designte Sonnenbrillen von Glorify ins Sortiment, die auch in Österreich hergestellt werden und besonders langlebig sowie von hervorragender Qualität sind.
Was haben Sie noch für Ziele?
Ich bin weiter auf der Suche nach Sponsoren für Rhein Fire. Das ist ein professionelles American-Football-Team mit Sitz in Düsseldorf. Letztes Jahr wurde das Team European Champion. Das begeistert mich nicht nur, weil ich als einer von sieben Gesellschaftern im Hintergrund mitmische, sondern auch wegen meiner eigenen Vergangenheit als American-Football-Player.
Woher haben Sie das Unternehmer-Gen?
Ich stamme nicht aus einer klassischen Unternehmerfamilie. Meine Mutter hatte eine Tierarztpraxis. Mein Vater, Olaf Karasch, ist CEO von TOR Minerals, einem Unternehmen aus Texas, das an der Nasdaq gelistet ist. Von ihm könnte ich Managementqualitäten geerbt haben.
Auch diesen Drang zum Erfolg?
Nennen wir es doch lieber den Mut, Dinge anzupacken. Mut allein genügt aber nicht. Es braucht auch Durchhaltevermögen und die Disziplin, die Dinge durchzuziehen. So etwas kann man aber auch erlernen.
Was kann man nicht erlernen?
Manchmal muss man zuerst bestimmte Erfahrungen gemacht haben, damit Veränderung möglich ist. Meine Erlebnisse in Afghanistan etwa bewirkten eine deutliche Veränderung. Meine Freude am Leben und die Liebe für das Leben sind seither noch größer geworden.