Wer von uns hat hier einen Vogel?
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Nein, nein, nach 44 Jahren an der Spitze des gleichnamigen Schwertberger Transportlogistik-Unternehmens hat Johannes Hödlmayr keinerlei Ambitionen, in die Politik zu wechseln. Obwohl er, genau genommen, eigentlich mittendrin steht: in der geballten Bürokratie und im behördlichen Schwerverkehr von gleich zwei Bundesländern. „Aber beide Seiten können sich sicher sein, dass ich das bis zum Schluss durchziehe“, sagt der 68-jährige Höchstaktiv-Pensionist, „denn aufgegeben wird bei mir maximal ein Brief.“ Hödlmayrs Mission: Die zweite große Verkehrsbrücke über die Donau in Mauthausen müsse raschest gebaut werden! „Denn wenn die Unternehmen der Region nicht mehr vernünftig transportieren können, werden immer mehr ihre Produktion ins Ausland verlegen.“
Die Angst der Jungen
Schon 5.300 Mitglieder hat Hödlmayr in seinem Verein „Doneubrücke“ um sich geschart, und während den klassischen Parteien die Menschen davonlaufen, werden es bei den zivilgesellschaftlichen Brückenbauern fast täglich mehr. „Insbesondere junge Menschen, die tagtäglich über die Donau zwischen Oberösterreich und Niederösterreich pendeln, fürchten um ihre berufliche Zukunft“, sagt Hödlmayr. Derzeit sind es an die 22.000 Personen pro Tag, welche die massiv baufällige alte Brücke passieren. Und wenn sie im Jahr 2028 – da werden die 1961 eigentlich nur provisorisch errichteten Tragwerke saniert – für mindestens drei Monate für den kompletten Straßenverkehr (nicht für die Bahn) gesperrt wird, dann droht Pendlern und Unternehmern der absolute Verkehrsinfarkt!
Das Piepmatz-Revier
So weit darf es aber gar nicht erst kommen“, poltert Hödlmayr. Das Grundproblem: Die zweite – neue – Brücke, die 700 Meter weiter flussabwärts gebaut werden soll(te), verzögert sich bereits seit 2013. Der Grund: Justament an jenen Uferpassagen, an denen die Verbindungsstraße zur Brücke geplant ist (siehe Grafik unten), nistet und brütet im Wasserwald der - Mittelspecht! Unter Altphilologen ist der bunt gefiederte Piepmatz als Leiopicus medius bekannt, bei deutschen Öko-Pragmatikern fällt er unter die Rubrik „Verantwortungsart“. Das heißt: In unserem Nachbarland, wo etwa 20 Prozent der gesamten Population brüten, sieht man eine besondere Verantwortung, den Mittelspecht zu erhalten. Gleichzeitig wird er aber als „nicht gefährdet“ eingestuft. Doch zurück nach Oberösterreich, ans Donauufer auf Höhe Mauthausen. Hier soll, nach langatmigen Naturschutzgutachten und Gegengutachten, eine vorweihnachtliche Grundsatzentscheidung fallen: Am 22. Dezember 2025 wird am Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen den Bescheid der Umweltverträglichkeitsprüfung verhandelt. Geht man ohne klares Ergebnis auseinander, so könnte sich der Baustart noch weiter nach hinten verschieben. Hödlmayr: „Und das, obwohl ja auch wir für den Vogelschutz sind.“
Aber wer von uns hat hier nun wirklich einen Vogel? Das ist die Frage, die sich Hödlmayr implizit stellt, denn: „Der Lebensraum des Mittelspechts muss selbstverständlich berücksichtigt werden.“ Das steht auch für den Brückenbauer der Herzen zweifelsfrei fest. Doch die Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen könnten, so argumentiert Hödlmayr, durchaus auch parallel zum Brückenbau realisiert werden. „Das sieht der Gesetzgeber ausdrücklich vor.“
Hämmern & Schaufeln
Zur Not will Hödlmayr mit seinen Mitstreitern sogar selbst zur Schaufel greifen. „Durch das Pflanzen von Eichen und Obstbäumen können neue Lebens- und Nahrungsräume für den Mittelspecht errichtet werden.“ Denn eines kann der Vereinsobmann von „Doneubrücke“ partout nicht mehr sehen hören: achselzuckende Politiker. „Ihr braucht‘s gar nicht mehr zu jammern“, habe er erst kürzlich „seinem“ Landeshauptmann gesagt. Doch im Hintegrund hämmert weiter monoton der Leiopicus medius ...