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Ski-Ass Conny ­Hütter als Symbolfigur für modernes Sponsoring.
Ski-Ass Conny ­Hütter als Symbolfigur für modernes Sponsoring.
APA-Images / EXPA / Ski Austria

Zwischen Neuzeit und Eitelkeit

22.12.2025 um 00:00, David Pesendorfer
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Intensives Scouting, ausgefeilte Markenstrategien, Athleten, die Umsatz und Moral in der Wirtschaft pushen – das ist die moderne Seite des Mäzenatentums.

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Kleinere Brötchen backen – sagt man beim deutschen Nachbarn, wenn es karrieremäßig abwärtsgeht. Auch für Cornelia Hütter, landläufig „Conny“, geht es karrieremäßig abwärts. Und zwar schneller als bei den allermeisten. Und auch sie bäckt jetzt kleine Brötchen. Aber nicht die sprichwörtlichen mit der teutonischen Weißmehlmischung, sondern kross, dunkel, körnig und knister-knaster-knackig. Denn Conny Hütter, Fachfrau für Downhill und Speed, fährt jetzt auf Kornspitz ab: Willkommen in der Welt des Sport-Sponsorings! „Richtiges Sponsoring ist in Österreich eine ­relativ junge Disziplin, früher nannte man das schon so, wenn man ganz einfach nur das Logo seiner Firma auf das Trikot eines Vereins oder auf die Brust und den Helm eines Sportlers klebte“, sagt Wolfgang Mayer, Geschäftsführer und Marketing-Chef bei backaldrin ­International The Kornspitz Company, in seinem Meetingroom im Headquarter in Asten bei Linz, Kornspitzstraße 1. Nein, nein, der Straßennamen ist kein Sponsoring. Aber immerhin klebte und klebt Kornspitz total zentral am Trikot des LASK. Doch da streicht der Manager mit der flachen Hand über ein Papiersackerl, das neben ihm am Konferenztisch liegt – so, als wolle er es glatt bügeln –, und hebt es dann in die Höhe: „Wer jetzt in der Bäckerei seinen Kornspitz kauft, bekommt ihn im Sackerl, von dem die Conny in voller Montur strahlt. Aber das ist nur eine kleine Facette, denn Sport-Sponsoring hat sich in den vergangenen zehn Jahren komplett verändert“, sagt ­Mayer. Es ist heute ein emotionales, ­hochkomplexes Fundament ­ganzer Markenwelten. Sponsoring neu sorgt für Sympathieträger nach außen – und für Identifikationsfiguren, die auf die eigenen Mitarbeiter wirken. Mayer formuliert klipp und klar: „Sport-Spon­soring ist für uns kein mildtätiger Gnadenakt, sondern eine unverzichtbare, wenn nicht die wichtigste Form der Unternehmenskommunikation.“ Und das nicht nur für ­backaldrin. Auch andere rein Private mischen immer kräftiger mit: Steinbach (Black  Wings Linz), Oberbank (SV  Ried), Hofmann Personal (Namensgeber des Donauparks vom FC Blau-Weiß Linz) oder BWT (LASK-Leading-Partner). „Ich sehe das ganz klar als Teil des gesellschaftspolitischen Auftrags, den wir als Bank haben“, sagt etwa Oberbank-Vorstand Franz Gasselsberger. 
 

Die VKB unterstützt die Black Wings Linz: „Es muss nicht immer Fussball sein ...“

Geld nach Gutsherrenart

Das ist die eine, die fortschrittliche Facette des Sponsorings. Die andere: Örtlicher Fleischhauer ist gleich Bürgermeister ist gleich Präsident des örtlichen Fußballvereins ist gleich Gönner des örtlichen Fußballvereins ist gleich Spender der örtlichen Leberkässemmeln. Doch was früher eher improvisiertes Mäzenatentum nach Gutsherrenart war, hat heute politisches System: Intensivrecherchen des Fußball-Fachblatts „ballesterer“ ergaben, dass allein der LASK und Blau-Weiß Linz von Jänner 2024 bis Juni 2025 mehr als 12 Millionen Euro an öffentlichen Geldern bezogen – das ist einsamer Liga-Rekord! Unternehmen der öffentlichen Hand wie etwa die Energie  AG (Land Oberösterreich, ÖVP-nah – allein von Jänner 2024 bis Juni 2025 flossen an die 2,5 Millionen an den LASK) oder die Linz AG (SPÖ-nah, Hauptsponsor von Blau-Weiß – mit knapp drei Millionen Euro pro Jahr plus 910.000 Euro per anno an den LASK) füllen die Linzer Ehrentribüne der Eitelkeiten. Mehr als pikant: Sogar der akut absturzgefährdete Linzer Flughafen zahlt fett ein.
 

Wolfgang Mayer Geschäftsführer von backaldrin

Der Mehrwert der Flügel

Doch es geht auch ganz anders, sagt Almir Barucic, Marketing-Chef der VKB-Bank, der die Cracks der Black Wings Linz aufs Glatteis führt – und erklärt den strategischen Mehrwert für sein Geldinstitut: „Es muss nicht immer nur Fußball sein. Mit unserem Engagement im Eishockey haben wir uns als Bank ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen.“ Eines mit Breitenwirkung, denn die Wings sind in Linz fast so populär wie die beiden Fußball-Bundesligaklubs LASK und Blau-Weiß. Wobei das Team von Barucic bei seinen Fördermaßnahmen nicht nur den Puck im Auge hat, sondern auch … den Porsche! Und zwar jenen mit dem Linzer Thomas Preining am Gaspedal: „Etwa mit unserem DTM-Champ von 2023 und ausgewählten Kunden zum Testen nach Spielberg zu fahren, das ist schon was Besonderes“, sagt Barucic. Und auch das läuft unter Sponsoring. „Things money can’t buy“, nennt das Sportsfreund Wolfgang Mayer von backaldrin und bezieht sich dabei auch auf Kunden-Goodies wie Skifahren mit Conny Hütter oder Einladungen ins olympische Österreich-Haus. Auch Langlauf-Trainingskurse mit Christoph Sumann, Ex-Athlet und Biathlon-Sportdirektor im ÖSV, sind als Return-on-Sponsorship-Investments möglich: „Man darf nicht vergessen, dass Biathlon in Skandinavien und osteuropäischen Ländern Wintersport Nummer eins ist“, sagt Mayer. Und für den hierzulande massenwirksamen alpinen Skisport hat man – als langjähriger Sponsor des ÖSV durchaus glaubwürdig – eben nun ­Conny Hütter an Bord geholt. Und das kam so: Das Österreich-Haus für die Olympischen Winterspiele 2026 in Italien, wo Kornspitz die Körberl füllt, steht in Cortina d’Ampezzo, dort finden auch die Speed-Bewerbe statt. Da sei es nur logisch, dass man sich als Premium-Testimonial um eine Persönlichkeit wie Hütter bemüht habe. Das war zwar nicht der Hauptgrund für die Auswahl, wohl aber eine Voraussetzung. Denn auch wenn das keiner offiziell sagen möchte: Umsatzsteigerungen im zweistelligen Bereich in unmittelbarem Zusammenhang mit sportlichen Großveranstaltungen sind messbare Tatsachen.
 

Zentral platziert: LASK-Kapitän Sascha Horvath trägt „Kornspitz“ auf der Brust.

Inspiration als Hartwährung

Nicht umsonst stehen hinter den ­Kulissen des Sport-Sponsorings tiefschürfende Scouting-Prozesse. „Es ist ja nicht so, dass wir sagen: Das ist der größte Superstar im Sport, den nehmen wir  und fertig“, plaudert Mayer aus der Backstube. 60  Prozent des Kooperationserfolgs seien eingehende Bewertungen, seien Telefonate mit Trainern und Insidern, seien Persönlichkeitsanalysen der potenziellen ­Kandidaten, zumal das Zeitalter der Ski-Superstars wie Hermann Maier, Marcel Hirscher oder Anna Veith einfach vorbei sei. Was nach außen hin wie spontane neue Freundschaften wirkt, ist akribische Planung. In Zeiten wie diesen geht es nicht mehr um Halbgötter in Weiß, sondern um Menschen mit Persönlichkeit und Geschichte. Um Menschen, die auch fallen, um wieder aufzustehen. Um Geschichten, die inspirieren und Mut machen, nicht um blinde Anbetung. Und da passt das Comeback-Stakkato der Conny H. ideal: 2017 – Riss des vorderen Kreuzbandes; 2019 – Riss des Innen- und Außenmeniskus; 2019, kurz vor der WM – Innenbandriss; 2020 – Kreuzbandriss beim Training, fast zwei Jahre lang keine Rennen … und schließlich 2024, bei der letzten Saisonabfahrt in Saalbach, der Gesamtsieg im Abfahrtsweltcup samt symbolträchtiger Kristallkugel. Samt Kornspitz am Helm. Leistung, Durchhaltevermögen, das ist die Meta-Botschaft – mit breitester Streuung. „Dieser Drang nach Höchstleistung ist übertragbar“, ist VKB-Banker Barucic überzeugt. Sein Fokus beim Sport-Sponsoring richtet sich auch auf Employer Branding, also auf die Stärkung der Marke als Arbeitgeber. Wasserski-Ass Nici Kuhn etwa arbeitet auch staubtrocken in der Rechtsabteilung der Bank, Ried-Innenverteidiger Thomas Jungbauer, der als Kicker bereits eine U20-WM und Olympische Spiele absolvierte, läuft nach Schlusspfiff auch als Mitarbeiter im VKB-Vertriebsservice auf. „Solche Kolleginnen und Kollegen heben die Motivation“, ist Barucic überzeugt. Während Wolfgang Mayer den Mehrwert dieser Art des „Sponsorings nach innen“ sogar wissenschaftlich untersuchen ließ: „Als positive Wirkung ist eine Stärkung unternehmenskonformen Verhaltens nachzuzweisen“, sagt Katharina Hofer vom Institut für Handel, Absatz und Marketing an der Johannes Kepler Universität Linz, die im Auftrag von backaldrin die Zusammenhänge zwischen Sport-Sponsoring (Österreichs Biathlon-Team) und Mitarbeiterzufriedenheit auslotete. Ergebnis: Zehn Prozent der Motivation, 14  Prozent der Loyalität und fast 24  Prozent des ­Stolzes auf den Dienstgeber sind auf die Eingemeindung der lang­laufenden Schützen zurückzuführen. Und auf eines der wichtigsten Kommunikationsmittel in der modernen Wirtschaft: 
Sport-Sponsoring. 
 

Almir Barucic Marketing-Chef der VKB

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