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Lotto
Das Suchtpotenzial bei Glücksspiel ist hoch.
Das Suchtpotenzial bei Glücksspiel ist hoch.
Österreichische Lotterien

Glücksspiel: Der Traum vom schnellen Geld

01.06.2022 um 05:00, Verena Schwarzinger
min read
Viele setzen aufs Glückspiel, wenn sie Bares brauchen. Führen Rubbeln, Tippen oder Kreuzen wirklich zum Reichtum?

Eine Definition von Glücksspiel: (verbotenes) Spiel um Geld, bei dem Gewinn und Verlust vom Zufall abhängen. Spiele gibt es zahlreiche – von Toto, Lotto, Gewinnlotterien, Spielbanken, Pferdewetten, Sportwetten, Fernsehlotterien, Gewinnsparen, Poker- und Casinospiele bis zu Onlinespielen. Eines ist jedoch immer gleich: Es geht ums Geld. Im Jahr 2021 wurden laut den Österreichischen ­Lotterien rund 433 Millionen Tipps abgegeben. Dies führt laut Wahrscheinlichkeitsrechnern zu folgender Milchmädchenrechnung: 1:8.145.060 ergibt 53 Sechser, und die hat es auch tatsächlich im Vorjahr gegeben. „Der höchste Sechser im Vorjahr betrug knapp mehr als fünf Millionen Euro, und davon gab es gleich zwei. Und international gesehen gab es einen Rekordgewinn bei EuroMillionen: Ein Franzose gewann im Oktober den Maximalbetrag von 220 Millionen Euro“, so Erwin van Lambaart, Generaldirektor der Casinos Austria AG und Vorstandsvorsitzender der Österreichische Lotterien GmbH.

Eher trifft einen der Blitz

Erst zum zweiten Mal in der österreichischen Lotto-Geschichte wurde Ende April ein Siebenfachjackpot ausgespielt. Gesamtwert: zehn Millionen Euro. Die Wahrscheinlichkeit, die richtigen Zahlen zu tippen, ist aufgrund der wohl hohen Teilnahme dennoch gegeben. Statistiker Erich Neuwirth rechnet zu einer normalen Runde auf Twitter vor: „Wenn in einer ,jackpotfreien‘ Lottorunde 3,5 Millionen Tipps abgegeben werden, liegt die Wahrscheinlichkeit für lauter Nieten bei 0,651. In den Jahren 2016 und 2017 wurden 109 Lottorunden gespielt, davon 87 ohne Jackpot. In 52 Runden gab es keinen Sechser, das sind 60 Prozent, und dies passt mit der Wahrscheinlichkeit von 0,651 zusammen.“

Es ist möglich, dass Menschen nicht nur wegen des Geldes, das sie gewinnen wollen, spielen, sondern einfach, weil sie es nicht vermeiden können, es immer und immer wieder zu tun.

Die Lust aufs Spiel

Die Glücksspielindustrie in Österreich erwirtschaftete laut Statista im Jahr 2020 rund 1,7 Milliarden Euro. Experten schätzen jedoch aufgrund der Coronapandemie diesen Wert auf deutlich weniger als in den Vorjahren. Die Spielerstatistik zeigt mehr als 7,2 Millionen Spieler über 18 Jahren in Österreich, 60 Prozent davon sind gar Stammspieler, die zumindest einmal monatlich spielen. Zu zocken ist für viele ein Hobby und manche brauchen dringend Geld. „In der Neurowissenschaft definiert die Anreizsensibilisierungstheorie das Belohnungssystem des Gehirns. Das ist es, was wir normalerweise als Verlangen verstehen. Die Reaktion wird hauptsächlich durch das dopaminerge System im Gehirn reguliert, ein Schaltkreis, der motiviertes Handeln und Lernen im Allgemeinen unterstützt, der übersensibilisiert sein kann“, weiß Giorgia Silani, Professorin am Institut für Klinische und Gesundheitspsychologie in Wien, über den inneren Antrieb zu spielen. Das Gehirn ist dabei so verdrahtet, dass es schnell und automatisch auf bestimmte Arten von grundlegenden Belohnungen reagiert, sei es Essen, Sex oder eben Geld. Wird das Spiel jedoch übertrieben, ergeben sich Verhaltensabhängigkeiten, die mit einer Alkohol- oder ­Drogensucht gleichzusetzen sind.

Krankheitsbild: Spielsucht

Es wird in Expertenkreisen viel ­darüber diskutiert, ob eine Sucht, egal welcher Art, im Allgemeinen angeboren oder vererbbar ist oder nicht. „Wir wissen sicherlich, dass frühe unerwünschte ­Ereignisse eine wichtige Rolle bei der Erhöhung der individuellen Anfälligkeit für Sucht­erkrankungen spielen. Es ist auch möglich, dass (wie bei vielen psychiatrischen Erkrankungen) ein genetischer Faktor damit zusammenhängt, der auch das ­Risiko für bestimmte Personen im Vergleich zu anderen erhöht. Im Allgemeinen ist es ein sehr komplexes Zusammenspiel zwischen Gen­umgebung und persönlicher Geschichte, das dazu führt, dass manche Menschen überempfindlich gegenüber Glücksspielen oder anderen Suchtaktivitäten werden“, sagt die Dozentin. Beim Glücksspiel ist das Gefühl des Verlangens nicht bewusst, und das ist es, was das Verhalten antreibt. Es ist gleichzusetzen mit dem Verlangen nach einer ­Zigarette. Doch dies führt eben dazu, dass in einem Ausmaß gespielt wird, das störend, krankheitserregend und süchtig macht. „Sicherlich spielt die Freude am Gewinnen eine wichtige Rolle, aber meistens bleibt das störende Verhalten bestehen, auch wenn die Person die Belohnung nicht mehr genießt. Daher ist es möglich, dass Menschen nicht nur wegen des Geldes, das sie gewinnen wollen, spielen, sondern einfach, weil sie es nicht vermeiden können, es immer und immer wieder zu tun“, sagt Silani.

Und jetzt die Lottozahlen …

41 Prozent der Österreicher nehmen zumindest einmal jährlich an Glücksspielen teil, wobei die beliebteste Spielart das klassische Lotto 6 aus 45 ist. Bis Ende April 2022 wurden 14 Sechser ausgespielt, sieben Gewinne gingen davon nach Oberösterreich. Zuletzt erfreute sich eine Person aus Linz über einen Solosechser und zwar über den erst zweiten Siebenfachjackpot in der gesamten 35-jährigen Lotto-­Geschichte. Der Gewinn des Quick-Tipps betrug mehr als 9,8 Millionen Euro und dies ist der zweithöchste jemals erzielte Gewinn. Rund 11,9 Millionen Tipps haben die Österreicher für diese Spielrunde insgesamt abgegeben. Um mit dem „schnellen Geldsegen“ umzugehen, stehen den Gewinnern „Hochgewinnbetreuer“ der Österreichischen Lotterien zur Seite. Jene Millionäre in spe, die alle richtigen Zahlen auf seinem Lottoschein angekreuzt haben, werden von den anonymen Betreuern besucht, deren oberstes Prinzip die eigene und die Anonymität der Spieler ist.             

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