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Florian Dorfbauer
Der ehemalige Entrepreneur Florian Dorfbauer vergleicht das Silivon Valley mit einem "Druckkochtopf".
Der ehemalige Entrepreneur Florian Dorfbauer vergleicht das Silivon Valley mit einem "Druckkochtopf".
Ines Thomesn

Florian Dorfbauer: „Besser als Silicon Valley“

19.01.2021 um 12:31, Klaus Schobesberger
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Florian Dorfbauer ist Startup-Gründer und leitet nun das Dynatrace-Lab in Wien. Zuvor lebte er mit Familie drei Jahre in San Francisco. Ein Gespräch über zwei Welten und die Chancen des Standorts Österreich.

Wir treffen Florian Dorfbauer (43) im sechsten Stock des neuen Dynatrace-Headquarters im Linzer Hafengebiet. Wie gemacht eigentlich für einen ehemaligen Entrepreneur und Silicon-Valley-Insider: Es ist gleichsam eine vertikale Stadt für mehr als 40 Nationen, die hier arbeiten. Ihnen steht eine Bibliothek zur Verfügung, ein Barista-Café und Sechs-Personen-Büros, speziell designt für Software-Entwickler. Doch Dorfbauer ist ein wandelndes Homeoffice. An normalen Tagen telefoniert er zwei Akkus leer – im Zug, zu Fuß oder in seiner neuen beruflichen Heimat als Standortleiter im Dynatrace-Lab in Wien.

CHEFINFO: Wie nehmen Sie die Entwicklung der Startup-Szene in Linz wahr?

Florian Dorfbauer: Die Entwicklung ist gesund. Vor zehn Jahren hat es das nicht gegeben, jedenfalls nicht in dieser Dichte. Was ich wahrnehme, ist ein größerer Mut, Dinge zu probieren. Was ich nicht wahrnehme, ist ein großes internationales Momentum.

CHEFINFO: Könnte die geplante Digital-Uni für Oberösterreich hier etwas verändern?

Dorfbauer: Eine Technische Univer­sität mit Digitalisierungsschwerpunkt ist die richtige Entscheidung für den Standort. Gerade die starke und diversifizierte Industrie in Oberösterreich kann davon profitieren. Wenn man sie mit genügend Kapital ausstattet, könnte das etwas richtig Gutes werden.

CHEFINFO: Sie kennen den Unterschied: Sie studierten unter anderem im australischen Melbourne.

Dorfbauer: Die Bildungssysteme kann man nicht unmittelbar vergleichen. Die Uni in Melbourne ist privat finanziert und ein Bildungsprodukt, das vom asiatischen Markt lebt.

CHEFINFO: Sie sind mit Ihrer Familie vor drei Jahren ins Silicon Valley gezogen. War das erwähnte internationale Momentum dafür ausschlaggebend?

Dorfbauer: Usersnap war von Beginn an weltweit tätig und erwirtschaftet rund 50  Prozent des Umsatzes in den USA. Im Februar 2017 hat der Software-Gigant Salesforce ein Accelerator-Programm gestartet, zu dem wir als einziges europäisches Startup eingeladen wurden. Ein Unternehmen wie Salesforce von innen kennenzulernen, war ein enorm wichtiger Lernprozess. Aus drei Monaten sind schließlich drei Jahre geworden.

Zitat Florian Dorfbauer

CHEFINFO: Hat das Silicon Valley an Reiz und Faszination verloren?

Dorfbauer: Dieser Druckkochtopf, wie ich es nenne, hat immer noch seinen Reiz, den man woanders einfach nicht bekommt. Jeder Tag im Silicon Valley hat eine Dringlichkeit – wegen der hohen Kosten und wegen der vielen Leute, die man treffen will. Dieser Drang nach vorne ist schon einzigartig. Alle wollen etwas weiterbringen, niemand macht auf gemütlich. Das war bis vor ­Corona jedenfalls so. Aktuell leert sich dieser Kochtopf: Apple und ­Google erlauben ihren Mitarbeitern Homeoffice bis 2021. Aus San Francisco ziehen viele Menschen weg.

CHEFINFO: Auch Sie sind nach Österreich zurückgekehrt …

Dorfbauer: San Francisco ist eine wunderbare Stadt, aber das Leben ist sehr teuer, die Mieten sind hoch, die Waldbrände machen das Leben zur Qual – und es gibt auch in Österreich sehr gute Schulen. Zeitgleich mit meiner Rückkehr trennte ich mich von Usersnap und startete bei Dynatrace: Für mich das Beste aus beiden Welten – man arbeitet in einer dynamischen Startup-Umgebung, ist in einem international tätigen und an der New York Stock Exchange notierten Unternehmen beschäftigt und treibt Technologie voran, die international führend ist. Dennoch ist Dynatrace die Antithese zu einem Konzern. Das gibt es in Österreich so nirgendwo anders.

CHEFINFO: Bei Dynatrace arbeiten 600 hochqualifizierte Entwickler allein in Österreich. Bekommt man die hier? Wie fällt hier der Vergleich zum Silicon Valley aus?

Dorfbauer: Qualitativ sind die Leute in Österreich top. Kalifornien hat deutlich mehr Software-Entwickler zur Auswahl, was aber auch Nachteile hat. Es gibt mehr Fluktuation in den USA. Loyalität ist aber enorm wichtig für uns. Man kann gewisse Komplexitäten nicht erreichen, wenn man alle 24 Monate ein völlig neues Team hat. So gesehen ist Österreich ein Idealstandort und besser als Silicon Valley: Soziale Sicherheit, minimalste Armut, hohe ­Lebensqualität und Wien als ­lebenswerteste Stadt der Welt – das sage ich als Exil-Oberösterreicher.

CHEFINFO: Wo bringen Sie Ihre Expertise als Startup-Gründer ein?

Dorfbauer: Der Schwerpunkt in Wien ist Extensibility. Das heißt: Wir sind jetzt eine Plattform, bewegen uns aber in Richtung Eco-System, wo wir und Partnerunternehmen Funktionalitäten, sogenannte Apps, zur Verfügung stellen können, um das Angebot zu verbreitern.

CHEFINFO: Was ist der Treiber der Entwicklung?

Dorfbauer: Digitalisierung ist der Treiber. Aber was bedeutet das? Es werden immer mehr Businessmodelle auf digitalen Technologien aufgebaut. Hier kommt Dynatrace ins Spiel, um diese Prozesse abzusichern und zu überwachen.

CHEFINFO: Geht es auch um neue Geschäftsmodelle?

Dorfbauer: Wir haben mehrere Themen am Radar. Daten unserer Kunden sind die Basis für Fehleranalyse und Interpretation, Überwachung und Selbstheilung des Gesamtsystems. Die Zukunft ist aber viel breiter, nämlich Mehrwerte zu schaffen und neue Businessmodelle zu entwickeln.

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