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Mike Sgundek
Mike Sgundek ist seit 1,5 Jahren General Manager in der Systemzentrale in Österreich. OBI zählt zu den größten Do-it-yourself-Marken Europas.
Mike Sgundek ist seit 1,5 Jahren General Manager in der Systemzentrale in Österreich. OBI zählt zu den größten Do-it-yourself-Marken Europas.
OBI GROUP HOLDING

Entwickeln uns besser als der Markt

12.12.2023 um 08:00, Melanie Aprin
min read
OBI-Österreich-Chef Mike Sgundek über die aktuell schwierige Lage im Handel, die Herausforderung im Marketing und junge Zielgruppen zum Heimwerken animieren.

Herr Sgundek, wie herausfordernd war es, ausgerechnet inmitten einer Baukrise und explodierender Preise zum Landesgeschäftsführer einer Baumarktkette aufzusteigen?
OBI ist seit seinem Start hier in Österreich 1995 und spätestens seit der Übernahme der Baumax-Märkte 2015 eine feste Größe in der hiesigen Baumarkt- und DIY-Landschaft. 2017 war sicherlich nicht das allereinfachste Jahr in dieser langen Zeit, aber mein Wechsel in die Rolle des Landesgeschäftsführers kam für mich weder völlig überraschend noch wäre ich unvorbereitet gewesen. Zuvor hatte ich den Markt bereits intensiv als Sales Director kennenlernen dürfen und die operative Steuerung lag auch schon in dieser Verantwortung bei mir. Außerdem konnten wir uns alle zusammen auf unsere Erfahrung und Expertise als eingespieltes Team verlassen. Oder kurz gesagt: Ja, das mag eine Herausforderung gewesen sein, aber eine, der wir gemeinsam gerne und erfolgreich begegnet sind.

Wie geht OBI hierzulande mit den enormen Kosten um, die stationäre Baumärkte generell bedeuten?
Die aktuelle wirtschaftliche Gesamtlage ist nicht speziell für OBI, sondern für alle Händler und letztlich jedes Unternehmen auch in Österreich eine große Herausforderung. Und unsere Aufgabe lautet: den steigenden Kosten mit cleveren und nachhaltigen Maßnahmen zu begegnen.

Was heißt das konkret?
Was das Thema Energie angeht, machen wir selbst nichts anderes als das, was wir im Rahmen unserer Beratungsleistungen und Produktvorschläge auch unseren Kundinnen und Kunden empfehlen: Wir ziehen alle energierelevanten Register, um unseren Verbrauch zu reduzieren und damit die gestiegenen Kosten zu kompensieren. So haben wir etwa damit begonnen, Photovoltaikanlagen auf die Dächer unserer Märkte zu bauen, wir haben die Marktbeleuchtung auf LED umgerüstet und setzen auf smarte Licht- beziehungsweise Energiesteuerung.

870 Millionen

Und was ist mit den Personalkosten?
Was unsere Personalplanung angeht, setzen wir unverändert auf eine starke Beratungskompetenz auf der Fläche, fokussieren aber ebenso unsere digitalen Beratungsangebote zur Vorbereitung und Begleitung eines jeden Einkaufs oder Projekts.

Schlechtes Wetter, Inflation & Co: In Deutschland verlief 2023 für Ihre Branche mau. Wird der Jahresrückblick für Österreich per Jahresultimo besser ausfallen?
Auch in Österreich hatten wir wettertechnisch kein tolles Frühjahr: Es war zu kalt und zu nass, sodass wir konsequenterweise in den saisonalen Sortimenten hinter Plan lagen. Insgesamt lief 2023 in Österreich aber zufriedenstellend, da wir hier eine weniger stark ausgeprägte Konsumzurückhaltung erleben. Somit wird 2023 kein großartiges Jahr, aber wir sind mit dem zu erwartenden Ergebnis im Plan. Vor allem, weil wir uns besser als der Markt entwickeln.

Wiener Donauinselfest
"Hammer"-Stimmung: Bei Sponsoringaktivitäten wie am Wiener Donauinselfest versucht OBI junge Zielgruppen anzusprechen.

Sie scheinen bei den Marketingaktivitäten wie beim Wiener Donauinselfest junge Kunden im Fokus zu haben. Vergessen Sie gerade die Älteren?
Der Eindruck, dass wir uns in Österreich betont stark auf junge Zielgruppen fokussieren, täuscht: OBI ist auch hierzulande eine Volks- und Familienmarke. Wir haben somit alle im Blick. Natürlich mit unterschiedlichen Botschaften und mit unterschiedlichen Erwartungshaltungen. Dem 70-jährigen Tischler müssen wir nichts mehr beibringen für seine Projekte. Da agieren wir als reiner Händler. Den jüngeren Zielgruppen wollen wir dagegen ganz bewusst DIY näherbringen und ihnen zurufen: Traut euch, macht, verschiebt eure Grenzen!

Klingt gut und heißt was?
Etwas selber zu planen und zu bauen macht stolz und ermutigt, auch in anderen Lebensbereichen Verantwortung zu übernehmen. Dazu
wollen wir gern motivieren. Deshalb war OBI beispielsweise bei den Kaiser Wiesn mit unserem Partner „Acker Österreich“, dem Verein für mehr Wertschätzung für Natur und Lebensmittel, vor Ort. Dort haben wir uns speziell den ganz Jungen zugewandt. Aber wir präsentieren OBI auch auf dem Woodstock der Blasmusik, wo die Zielgruppe logischerweise älter ist. Das Gleiche gilt auch für unsere Recruiting-Strategie: Da, wo es um Ausbildung und duales Studieren geht, präsentieren wir uns anders und in anderen Umfeldern als bei der Suche nach Talenten für unser Store Support Center oder unsere Märkte. Diese Positionen bewerben wir in der Kommunikation durchaus mit einem 60-jährigen Marktleiter oder einer 50-jährigen Kassakraft.

Wieso erprobt OBI eigentlich ausgerechnet in Österreich Konzepte, bevor sie in die anderen Länder ausgerollt werden?
OBI ist nicht das einzige Unternehmen, das Österreich als erfolgversprechenden Testmarkt erkannt hat: McDonalds, Aldi beziehungsweise Hofer und andere fahren dieses Konzept schon seit vielen Jahren. Das Konsumentenverhalten ist hier vor allem dem in Deutschland sehr ähnlich, das Land aber wesentlich kleiner. So lassen sich Konzepte schnell und agil ausprobieren und bei Erfolg perfekt skalieren.

 

650 Baumärkte

OBI ist nun schon seit vielen Jahren die Nummer eins der österreichischen Baumarkt- und Heimwerkerbranche. Wer oder was könnte an diesem Spitzenplatz rütteln?
Wir sind stolz darauf, in Österreich seit vielen Jahren mit Abstand die Nummer eins der stationären Baumärkte zu sein. Dafür arbeiten wir jeden Tag. Aber wie jeder andere Baumarkt und jede andere DIY-Marke
konkurrieren wir nicht nur mit dem stationären Angebot des Wettbewerbs, sondern auch mit dem Onlinebusiness. Hier die Nase vorn zu haben ist mit Blick auf reine Onlinehändler natürlich eine ganz andere Aufgabe. Aber wir haben eine ganz klare Strategie. OBI hat seit seinem ersten Tag sehr gute Erfahrung mit Partnerschaften gemacht, so ist das Unternehmen dank Franchising über die Jahre erfolgreich gewachsen. Aus dieser Überzeugung heraus setzen wir jetzt mit Solution Partnering darauf, Partner an unsere Seite zu holen, mit deren Expertise wir die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden noch besser und vollumfänglicher bedienen können, als wir das je allein könnten.

Was bedeutet das in der Praxis?
Schauen wir beispielsweise auf solch große Projekte wie Photovoltaik- anlagen oder energetische Sanierung mit Fensterdämmung etc. Das ist kein typisches Baumarktthema, aber als OBI können wir mit dem Vertrauen unserer Kundinnen und Kunden in unsere Marke die Brücke zu den Fachbetrieben schlagen und somit letztlich gemeinsam die an uns gestellten Anforderungen erfüllen. Damit erreichen wir ganz neue Zielgruppen außerhalb des klassischen DIY-Business, können die Realisierung größerer Projekte anbieten und somit unsere Marktführerschaft weiter ausbauen.

 

Mike Sgundek

Einene Wettbewerber zu übernehmen ist das eine, alle neuen Mitarbeitenden an die Kultur des eigenen Unternehmens heranzuführen das andere. Daran scheitern viele Übernahmen.

Mike Sgundek, OBI-Österreich-Chef

Den heutigen Spitzenplatz hat OBI Austria auch dank eines klugen Schachzugs vor acht Jahren, als OBI 49 Baumax-Märkte kaufte. Rund 2.000 neue Mitarbeiter wurden in die Unternehmenskultur integriert. Das war auch ein Kraftakt. Welche Bilanz ziehen Sie?
Heute kann ich zurückblickend sagen, dass wir das sehr erfolgreich gemeistert haben. Es geht letztlich um eine erfolgreiche Integration und darum, allen – den alten und den neuen Kolleginnen und Kollegen – das gute Gefühl zu vermitteln, dass sie zu einer Gemeinschaft zusammenwachsen. Das ist übrigens etwas, das OBI schon immer ausgezeichnet hat: Eben dieser Sinn für Gemeinschaft, übrigens heute einer der vier uns leitenden Unternehmenswerte neben Schaffensfreude, Eigenverantwortung und Entwicklung.

Stehen denn in Österreich weitere Übernahmen an?
Der Weg, über den OBI auch in Österreich weiterwachsen möchte, heißt Franchising. Damit fahren wir seit den ersten Unternehmenstagen sehr erfolgreich und setzen aktuell noch stärker auf die Kraft durch den Zusammenschluss mit Partnern. Potenziell interessierte Unternehmen heißen wir also jederzeit herzlich zu einem Gespräch willkommen.

Das Konsumentenverhalten ist hier vor allem dem in Deutschland sehr ähnlich, das Land aber wesentlich kleiner. So lassen sich Konzepte schnell und agil ausprobieren und bei Erfolg perfekt skalieren.

Mike Sgundek, OBI-Österreich-Chef

Wagen Sie schon eine Umsatz- und Gewinnprognose für 2024?
Wir gehen grundsätzlich von weiterhin schwierigen Rahmenbedingungen aus. Wenn wir den volkswirtschaftlichen Prognosen Glauben schenken, dann wird es 2024 kein großes Wachstum geben. Wir rechnen also mit einem weiteren herausfordernden Jahr, das wir aber nach meiner Einschätzung sorgfältig und richtig geplant haben.

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