Ein bisschen wie im Fußball
CHEFINFO: Bereits Carl Richter sen. schien schon sehr innovationsgetrieben gewesen zu sein. Liegt Ihnen Innovation in den Genen bzw. kann man Innovation aus der Tradition schöpfen?
Roland Huemer: Ich behaupte schon, dass Kreativität und Innovation in den Genen der Eigentümerfamilie Fritsch liegen. Wir sind auch überzeugt, dass Tradition und Innovation kein Widerspruch sind. Wir bei Richter verstehen jedoch Innovation insbesondere als einen strukturierten und gesteuerten Prozess. Sonst bleibt es oft nur bei einer guten Idee, die aber nicht zur Umsetzung gelangt. Vergangene Erfahrungen, insbesondere jene, die aus Fehlern resultieren, sind enorm wertvoll. Es geht dabei keinesfalls um Schuldzuweisung oder Finger Pointing, sondern um unternehmerisches Lernen. Es ist ein bisschen wie im Fußball: Die Videoanalyse des letzten Spiels soll das Team beim nächsten Match noch besser machen. Und nach dem Spiel ist wieder vor dem Spiel.
Wie bleibt man da am Ball bzw. wie erkennt man Trends rechtzeitig, um so lange so erfolgreich zu bleiben?
Huemer: Es geht darum, Trends rechtzeitig zu erkennen und dann aktiv, mit dem Blick nach vorne, darauf zuzugehen. Wir haben vor 20 Jahren erkannt, dass pharmazeutische Hersteller keine eigene Logistik mehr betreiben. Pharmalogistik ist jedoch Teil unserer DNA. So ist unsere Tochterfirma „Pharma Logistik Austria“ entstanden, die heute für über 50 Pharmakonzerne die österreichweite Distribution von hochkomplexen Arzneimitteln übernimmt. Was unsere eigenen Produkte betrifft, konzentrieren wir uns auf die Weiterentwicklung von bewährten Wirkstoffen und optimieren ihre Anwendung oder Verabreichung. Unsere Tochterfirma „VetViva Richter“ hält heute knapp 800 eigene Arzneimittelzulassungen in über 50 Ländern – von Finnland bis Australien. Wir sind auf einem guten Weg, in der Schmerzbehandlung beim Tier eine führende Rolle einzunehmen.
Ein kurzer Blick in die Zukunft: Welche Projekte, Produktneuheiten etc. stehen aktuell an?
Huemer: Ich gebe Ihnen zwei Beispiele: Wir beschäftigen uns aktuell mit dem immer stärker werdenden Problem des Tierärztemangels bei gleichzeitig steigendem administrativem Aufwand. Unser Teil zur Entlastung sind digitale Lösungen. Die Praxisverwaltungssoftware elovet® schafft hier mehr Freiraum für die Tierbehandlung. Mit eltiga® haben wir zudem die digitale Gesundheitsakte, also ELGA fürs Tier geschaffen. Sie bietet Tierarzt und Tierbesitzer einen bequemen Zugang per Handy-App zu allen relevanten Gesundheitsdaten. Das Ganze ergänzt um einen Lieferservice für Futtermittel und mehr. So gestalten wir die Versorgung in der Tiergesundheit aktiv mit. Zum Zweiten bekennt sich Richter Pharma zum Pharmastandort Österreich. In Zeiten, wo es gilt, die Herstellung von Arzneimitteln in Europa wieder zu stärken, haben wir mit dem erwähnten „Mut und Gestaltungswillen“ rund 35 Millionen Euro in eine neue Produktion an unserem Firmensitz in Wels investiert. Damit setzen wir ein bewusstes Zeichen für Versorgungssicherheit und regionale Wertschöpfung. Das ist ein weiterer Meilenstein in unserer langjährigen Unternehmensgeschichte.
