Direkt zum Inhalt
Joachim Haindl-Grutsch
Für IV-OÖ-Geschäftsführer Joachim Haindl-Grutsch werden dem produzierenden Mittelstand immer mehr Prügel vor die Füße geworfen.
Für IV-OÖ-Geschäftsführer Joachim Haindl-Grutsch werden dem produzierenden Mittelstand immer mehr Prügel vor die Füße geworfen.
IV OÖ

Der Staat kassiert am meisten ab

26.10.2023 um 12:00, Jürgen Philipp
min read
Joachim Haindl-Grutsch, Geschäftsführer der IV OÖ, über fehlendes Marktvertrauen, positive Signale aus der EU und planwirtschaftliches Agieren des Staates.

Pauschal gefragt: Wie geht es den industriellen KMU in Oberösterreich?
Man kann nicht pauschal sagen, dass es allen schlecht geht, das wäre völlig überzogen. Viele Betriebe hatten auch zwei starke Jahre, sind gut durch die Krise gekommen und der Umsatz ist gewachsen. Die Wirtschaft ist ein Zyklus, und jetzt fällt man zurück. Vieles hängt von den Zinsen, den USA, China und anderen Faktoren ab, aber es wird wieder aufwärts gehen. Doch die Kosten steigen durch Zinsbelastung und hohe Lohn- und Gehaltsabschlüsse noch stärker. Das beschert dem Staat Rekordeinnahmen und er muss etwas zurückgeben. Ein erster Schritt war die Abschaffung der kalten Progression, denn wenn wir Löhne und Gehälter erhöhen, kassiert der Staat am meisten ab.

Die USA und China schotten sich mehr und mehr ab. Wie sollte die EU darauf reagieren?
Es waren naive Worte, als man in der Pandemie gesagt hat, dass sich Europa wieder unabhängiger machen soll. Die Wahrheit ist, das funktioniert so nicht. Europa soll und kann nicht autark werden, denn dann würden Produkte zu teuer, und das wäre kontraproduktiv. Man kann sich jedoch heterogener aufstellen, sodass man nicht mehr nur von einem Land abhängig ist. Seit dem Sommer – von der Leyen will schließlich wiedergewählt werden – hat man das Gefühl, die EU denkt wieder an Industrie. Vorher dachte ich, man wolle die Industrie überhaupt loswerden. Es gab keine Technologieoffenheit oder keinen gemeinsamen Klimaschutz, den wir ja alle wollen. Einen Klimaschutz, den man zu einem Geschäft machen kann.

 

Wir beschäftigen uns mit uns selber und nicht mit dem Markt und den Kunden. Die Asiaten und Amerikaner lachen sich ins Fäustchen.

Joachim Haindl-Grutsch, Geschäftsführer IV OÖ

Taxonomie-Verordnung, Lieferkettengesetz und Co. sind vor allem für kleinere Industriebetriebe mit hohem Aufwand verbunden. Könnte es dazu kommen, dass mehr und mehr aufgeben und an große Konzerne verkaufen?
Es betrifft die Kleinen insofern stärker, weil sie nicht die Strukturen haben bzw. für alles eine Spezialabteilung. Das kostet viel Geld, viel Zeit und ist nicht wertschöpfend. Wir beschäftigen uns mit uns selber und nicht mit dem Markt und den Kunden. Die Asiaten und Amerikaner lachen sich ins Fäustchen. Doch Familienbetriebe sind besonders stark verwurzelt. Sie geben nicht gleich auf oder verkaufen beim ersten Angebot. Sie wollen hier sein, bleiben und in der Regel an die nächste Generation übergeben. Das ist unser wirtschaftliches Rückgrat. Doch man haut ihnen immer mehr Prügel vor die Füße, anstatt sie bei dieser Transformationsprozessen zu unterstützen. Ein Energiekostenzuschuss etc. dauert ewig, bis er greift. Das ist komplett überbürokratisiert. Die Amerikaner haben viel mehr Vertrauen in den Markt. Bei uns muss alles der Staat regeln. Das ist auch eine Folge der Krisen, immer wird der Staat gerufen und der soll alles regulieren: Mietpreise, Zinsen usw. Es wird alles planwirtschaftlicher und das ist nicht gut.

more