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Christina Haller, Unternehmensgruppe Haller
Christina Haller ist am 1. April 2023 in die Geschäftsführung des Familienunternehmens eingestiegen. Der Übergabeprozess ist noch im Laufen.
Christina Haller ist am 1. April 2023 in die Geschäftsführung des Familienunternehmens eingestiegen. Der Übergabeprozess ist noch im Laufen.
ULLI ENGLEDER

Christina Haller: "Das ist ein starkes Commitment"

17.06.2023 um 12:00, Klaus Schobesberger & Jürgen Philipp
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Christina Haller wuchs zwischen Baggern und Staplern auf und bekam die Baubranche quasi in die Wiege gelegt. Dennoch war ihre Karriere nicht vorgezeichnet.

CHEFINFO: Wie wächst man in ein Bauunternehmen hinein? Durften Sie schon als Kind mit Baggern mitfahren?
Christina Haller: Unser alter Standort in der Scharitzerstraße beherbergte die Firma im ersten und zweiten Stock und im dritten haben wir gewohnt. Da war es logisch, dass wir als Kinder Papa in der Firma besucht haben und bei der Sekretärin am Schoss sitzend auf der Schreibmaschine tippten. Ich bin natürlich als Kind auch auf Baggern oder Staplern mitgefahren. Man bekommt alles von klein auf mit und hat dadurch einen anderen Fokus. Im Teenageralter hat dann das ­Interesse am Baggermitfahren logischerweise nachgelassen.

Hatten Sie die Wahl, etwas anderes zu tun, oder war Ihnen immer klar, dass Sie im Betrieb bleiben wollen?
Haller: Es gab immer die freie Wahl und nie einen Zwang. Meine beiden Schwestern haben einen komplett anderen Lebensweg eingeschlagen. Sie gingen beide ins Ausland. Ich wollte nicht zuletzt wegen der Firma in Österreich bleiben. Als Teenie habe ich mich für die HTL interessiert. Meinen Eltern war es aber trotzdem wichtig, dass ich eine Allgemeinbildung be­komme und mich nicht gleich einschlägig ­festlege, damit mir alle Türen offenstehen. Es war daher eher so, dass sie mich gebremst haben. Mein Interesse an der Branche war jedenfalls relativ bald da. Ich habe mich für Architektur interessiert, mich aber dann für Wirtschaftswissenschaften entschieden. Wenn man in ein Familienunternehmen hineinwächst, gibt es schließlich gewisse Chancen, die man nutzen kann. 

Christina und Heinrich Haller
Christina Hallers Vater Heinrich übernahm nach einem Schicksalsschlag das Unternehmen als 25-Jähriger.

Welche Verantwortung trägt man, noch dazu – wie in Ihrem Fall – wenn das Unternehmen den gleichen Familiennamen trägt, wie man selbst?
Haller: Du hast nur diese eine ­Chance. Man kann nicht einfach sagen, wenn es schiefgeht, mache ich etwas anderes. Das ist ein starkes Commitment, eine große Verantwortung nicht nur für einen selbst, sondern für rund 180 Mitarbeiter und ihre Familien. Risiko ist mit Unternehmertum ohnehin stets verbunden, aber ich bin ein positiver Mensch. 

Stichwort Mitarbeiter: Ist die Loyalität in einem Familienbetrieb höher als etwa bei einem börsennotierten Konzern?
Haller: Ganz sicher. Wir haben sehr loyale Mitarbeiter. Wenn man sie fragt, verstehen sie sich selbst auch als Familie. Wir haben Mitarbeiter, die mit 14 bei uns angefangen haben und bis zur Pension geblieben sind. Es entstehen viele Freundschaften. Es ist sicher etwas anderes, wenn man weiß, da steht eine Familie im Hintergrund, als bei einem Konzern, der nur auf Profit aus ist. Es ist eine Familie, wo sich alle kennen und wo bereits die nächste Generation im Büro herumhüpft und damit aufwächst. Es ist etwas anderes, wenn es ein Gesicht zum Unternehmen gibt, statt nur einem Logo. 

Es ist etwas anderes, wenn es ein Gesicht zum Unternehmen gibt, statt nur einem Logo

Christina Haller

Wie lief bei Ihnen die Übergabe ab, welche Tipps haben Sie für andere?
Haller: Mein Vater ist ja noch im Unternehmen und die Übergabe ist noch nicht abgeschlossen. Er nimmt mich zu Terminen mit, hilft mir, mein Netzwerk aufzubauen und in die Branche einzutauchen. Natürlich habe ich nicht das technische Know-how unserer Bauleiter, sondern bin durch meine Ausbildung eher in den Bilanzthemen zu Hause, dennoch muss man ein gewisses Vokabular beherrschen und sollte eine Grundahnung von der Technik haben. Das braucht seine Zeit. Man kann aber auch gar nicht alles wissen und muss es auch nicht. Man muss wissen, wo man Hilfe bekommt, wenn man welche braucht.

Ist eine Übergabe nicht auch eine Gelegenheit, eine Art Kassensturz zu machen und die Unternehmensstrategie nachzuschärfen?
Haller: Das machen wir seit 70 Jahren so. Neue Personen bringen natürlich neue Ideen mit. Die grundlegenden Werte eines Familienunternehmens werden von Generation zu ­Generation weitergegeben. Wir schauen darauf, uns mehr in Richtung Nachhaltigkeit zu orientieren. Wir haben drei Sanierungsunternehmen. Da gibt es noch viel zu tun, viele Gebäude haben noch keinen Vollwärmeschutz, viele alte Heizsysteme. Und wir werden verstärkt auf Digitalisierung setzen. Auch das ist ein großes Feld. Wenn sich Pläne ändern, bekommt das der Polier auf sein Notebook oder Tablet auf die Baustelle, ohne, dass sie ausgeplottet werden müssen. Auf großen Bildschirmen kann man in die Teilplanungen reingehen.


Zum Unternehmen

Das Bauunternehmen Haller und Söhne wurde vor 70 Jahren von Heinrich Haller ­senior und seinen beiden Söhnen Heinrich junior und Peter Haller gegründet. Nach dem Tod seines Vaters Heinrich junior 1977 übernahm der Enkelsohn des Gründers und Vater von Christina Haller, ebenfalls Heinrich, mit 25 Jahren das Unternehmen. 1998 ­wurde die Sparte adapt, Spezialist für Sanierung, gegründet. 2008 übernahm man das Traditionsunternehmen „re Rudolf Edinger“. 2013 trat Christina Haller in den Familienbetrieb ein. Mit 1. April 2023 stieg die Urenkelin des Gründers in die Geschäftsführung ein und wird 2024 ihrem Vater nachfolgen.

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