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Franz Harnoncourt blickt direkt in die Kamera, aufgenommen vor seinem Rücktritt bei der OÖG
Franz Harnoncourt, Vorsitzender der oberösterreichischen Gesundheitsholding hat seinen Rücktritt erklärt.
Franz Harnoncourt, Vorsitzender der oberösterreichischen Gesundheitsholding hat seinen Rücktritt erklärt.
Dominik Derflinger / OÖG / 2022

Tote Patientin: Spitalschef Harnoncourt tritt zurück

17.11.2025 um 16:38, Stefanie Hermann
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Nach dem Tod einer Patientin im Krankenhaus Rohrbach zieht Spitalschef Franz Harnoncourt Konsequenzen. Er legt seine Funktionen in Oberösterreich zurück.

Nach dem Tod einer 54-jährigen Patientin im Krankenhaus Rohrbach hat der Vorsitzende der Oberösterreichischen Gesundheitsholding, Franz Harnoncourt, heute seinen Rücktritt erklärt. Die Frau war Mitte Oktober mit einem Aorteneinriss in die Notaufnahme gekommen und hätte sofort in eine Spezialklinik überstellt werden müssen. Mehrere Spitäler haben die Aufnahme abgelehnt, darunter auch das Kepler Uniklinikum in Linz. Als schließlich in Salzburg ein Bett bereitgestanden ist, war ein Transport nicht mehr möglich. Die Patientin ist noch in der Nacht verstorben.

Schweres Systemversagen

Der Aufsichtsrat der Gesundheitsholding hat nach einer außerordentlichen Sitzung heute, Montag, mitgeteilt, dass es keinen Hinweis auf medizinisches Fehlverhalten gegeben habe. Die Todesursache sei eine „seltene, schicksalhafte Erkrankung“ gewesen. Dennoch habe der Ablauf gravierende Schwächen im System offengelegt. Die Kommunikation zwischen den Häusern habe nicht funktioniert, Kapazitäten seien unkoordiniert gewesen. Als Reaktion hat die OÖG ein Maßnahmenpaket beschlossen – darunter ein 24-Stunden-Notfallhubschrauber, eine überarbeitete Checkliste für Notaufnahmen und eine engere Abstimmung mit anderen Bundesländern.

Harnoncourt hat Verantwortung übernommen

Bereits zu Beginn der Sondersitzung am Montag hat Franz Harnoncourt seinen Rücktritt angekündigt. „Wenn die Organisation und damit ihre Führung nunmehr in so heftiger Kritik stehen, wenn ein gedeihliches und produktives Handeln kaum mehr möglich ist, gilt es, die Verantwortung dafür zu übernehmen – was ich hiermit tue", so Harnoncourt in seiner persönlichen Stellungnahme.

Seine Entscheidung sei „nach reiflicher Überlegung“ gefallen. Führen heiße, zu entscheiden und Vorbild zu sein. Den Rücktritt versteht er als „personellen Neuanfang“ für die Organisation. „Wer Führung ernst nimmt, trifft Entscheidungen in dem Wissen, dass diese auch falsch sein können“, so Harnoncourt, der Fehler einräumt. Er entschuldige sich bei jenen, „die ich damit getroffen, gekränkt oder missachtet habe“.

„Wenn zudem Aufwand und Wirkung nicht mehr in einem ausgewogenen Verhältnis stehen und darüber hinaus persönliche Grenzen erreicht beziehungsweise überschritten werden, ist es Zeit, daraus Konsequenzen zu ziehen und die Möglichkeit für einen Neuanfang und eine Neustrukturierung zu geben.“

Zugleich appellierte er, mit Führungskräften im öffentlichen Gesundheitswesen „achtsam umzugehen“, wenn man dieses System erhalten wolle. Er habe Landeshauptmann-Stellvertreterin Christine Haberlander (ÖVP) ersucht, seinen Vertrag vorzeitig aufzulösen. Bis zur Bestellung einer Nachfolge werde er im Amt bleiben, um einen geordneten Übergang sicherzustellen.

Rückblick auf drei Jahrzehnte im Gesundheitswesen

Franz Harnoncourt war über drei Jahrzehnte im Gesundheitswesen tätig, davon 15 Jahre in leitender Funktion. Er stammt aus der Praxis, war Arzt, bevor er in das Spitalsmanagement wechselte. Seine Laufbahn war von dem Anspruch geprägt, medizinische Erfahrung in die Organisation und Führung einzubringen. Er hat die Zusammenführung des AKH Linz mit der gespag zum Kepler Universitätsklinikum maßgeblich mitgestaltet und die Entwicklung der Oberösterreichischen Gesundheitsholding entscheidend geprägt. Parteipolitisch war er unabhängig.

Reaktionen auf Harnoncourts Rücktritt

Gesundheitslandesrätin Christine Haberlander hat den Schritt mit Respekt zur Kenntnis genommen: „Ein solcher Schritt ist niemals leicht und erfordert persönliche Stärke ebenso wie Verantwortungsbewusstsein.“

Aus der Politik waren heute auch kritische Stimmen gekommen. SPÖ-Landeschef Martin Winkler bezeichnet Harnoncourt als „politisches Opfer“ und fordert einen Neustart im Gesundheitssystem. FPÖ-Gesundheitsstadtrat Michael Raml betont, dass sich die strukturellen Probleme nicht durch einen Personalwechsel lösen ließen. Die Grünen und NEOS verlangen ihrerseits eine grundlegende Reform der Abläufe.

Neuausrichtung in Oberösterreichs Spitälern

Harnoncourt, der seit über sieben Jahren in Oberösterreich tätig gewesen ist, zieht damit einen Schlussstrich unter eine Phase heftiger öffentlicher Kritik. „Wenn wir auch weiterhin ein öffentliches und solidarisches Gesundheitswesen wollen – und das sollten wir – dann braucht es dafür Führungskräfte, die diese Aufgabe mit Herz und Hirn erfüllen", so Harnoncourts Appell.

Die Landesholding hat angekündigt, die beiden Führungsfunktionen künftig zu trennen. Sowohl die Leitung der Gesundheitsholding als auch die des Kepler Uniklinikums sollen neu und getrennt besetzt werden, um das System breiter aufzustellen. Ein Personalberater wird die Ausschreibung begleiten.

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